Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheime Treppe

Die geheime Treppe

Titel: Die geheime Treppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Sonnleitner
Vom Netzwerk:
ihn auf und erzählte sogar Witze. Aber schneller als im Schneckentempo ging es nicht vorwärts. Fast blind tastete sich Davy voran, zog sich immer mal wieder zurück und blieb bisweilen auch wie erstarrt auf der Stelle stehen. Oder liegen. Er litt wirklich unter schlimmer Höhenangst, und Peter wusste genau, dass es ihn enorme Überwindung kosten musste, sich auch nur einen Zentimeter weiter vorzuwagen. Aber wenn sie so weitermachten, würden sie morgen noch in der Wand hängen. Und Justus und Bob konnten die Ganoven auch nicht ewig ablenken. Wenigstens hatte der Regen fast aufgehört, und auch der Wind blies nicht mehr so stark.
    Endlich stand Davy jenseits der Mauer. Zitternd klammerte er sich an der Krone fest und presste die Augen zu. Peter war schon zum nächsten Punkt weitergeklettert.
    »Gut, Davy. Und jetzt sieh her.«
    Unendlich langsam drehte Davy den Kopf und öffnete ein Auge.
    »Du fasst mit der linken Hand hierhin, ziehst dich rüber und stellst dich mit dem linken Fuß auf diesen Felsen.« Peter zeigte auf seinen Standort. »Dann ziehst du das rechte Bein nach und greifst mit der rechten Hand in diese Spalte. Klar?«
    Davy sah wieder weg und nickte hektisch. »Klar.«
    Peter hangelte sich ein Stück nach unten zu seiner nächsten Position und sah dann zu Davy hinauf. »Gut. Du kannst kommen.«
    Wieder nickte Davy. Aber er kam nicht nach. Wie festgenagelt hing er an der Außenseite der Mauer.
    »Davy?«
    »Hm?«
    »Du kannst jetzt weiterklettern. Komm schon.«
    »Gleich. Ich muss nur noch ... durchatmen.« Davys Stimme war dünn und brüchig wie altes Laub. Schweiß stand ihm auf der Stirn, und sein Gesicht war knallrot.
    Peters Zuversicht sank immer mehr. »Lass dir Zeit. Wir haben keine Eile«, sagte er beruhigend. Doch in Wahrheit wusste er, dass genau das Gegenteil der Fall war. Irgendwann würden die Ganoven nach Davy sehen und sofort nach ihm suchen, wenn sie das Haus leer vorfanden. Und wenn sie dann noch in der Wand waren ... Peter spürte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte.
    »Ich ... ich komm dann jetzt. Oder?« Davy hatte sich keinen Millimeter bewegt.
    ›Ja, mach endlich!‹, hätte ihm Peter gern zugerufen. Stattdessen sagte er: »Ist gut. Ganz langsam.«
    »Also dann komm ich jetzt. Den linken Arm –«
    »Hey!« Ein wütende Stimme. Hinter der Mauer!
    Peter zuckte zusammen und drückte sich flach gegen die Wand. Die Entführer!
    »Hier ist die Ratte! Hierher, Jake! Ich hab ihn!«
    Dem Zweiten Detektiv jagte ein kalter Schauder über den Rücken. Die Ganoven hatten Davys Flucht offenbar längst bemerkt! Und da seine roten Haare immer noch über die Mauerkrone ragten, hatten sie ihn sofort entdeckt.
    »Na, wo wollen wir denn hin?«
    Peter sah nach oben, wo zwei Arme über die Mauer gestreckt wurden. Wie Krallen packten die Hände Davy am Kragen und zogen ihn hoch.
    »Bitte! Bitte!«, wimmerte Davy und strampelte verzweifelt mit den Beinen.
    Peter hielt den Atem an. Was sollte er tun? Was konnte er tun? Nichts. Gar nichts! Er konnte nur hoffen, dass sich Davy nicht verplapperte. Und dass die Schurken nicht über die Mauer sahen.
    »Wolltest du uns verlassen?«, höhnte die Stimme, während Davy von den Armen über die Mauer geschleift wurde. »Gefällt es dir bei uns nicht mehr, Philippe?«
    »Bitte, ich heiße nicht Philippe«, wimmerte Davy. »Ich bin es nicht, bitte. Lassen Sie mich doch gehen!«
    Davys Füße verschwanden jenseits der Mauer. Peter klebte immer noch am Felsen und wagte nicht, sich zu bewegen.
    »Gehen? Pass mal auf!« Jetzt erst erkannte Peter die Stimme wieder. Sie war die gleiche, die ihnen aus der Gegensprechanlage geantwortet hatte. Aber ganz sicher war er sich nicht. »Ich sage es dir nur einmal, also hör gut zu. Solltest du noch mal versuchen abzuhauen, werden wir jemanden aus deiner Familie dafür bluten lassen. Hast du das kapiert?«
    »Aber ich habe doch gar keine –«
    »Schnauze! Warst du im Haus? Hast du die Bullen angerufen?«
    ›So viel zu dem kaputten Telefon.‹ Peter verzog verächtlich die Mundwinkel.
    »Nein«, schluchzte Davy, »ich bin nur mit Pe–«
    Dem Zweiten Detektiv blieb das Herz stehen. Aber glücklicherweise fuhr der Ganove Davy abermals über den Mund.
    »Gut. Falls doch, solltest du eines wissen: Sobald es hier auch nur nach Bulle riecht, kommen wir alle wieder hierher zurück. Und dann, mein lieber Philippe, lernst du fliegen!«

Déjà vu
    Peter pulsierte das Blut in den Schläfen. Erst jetzt wurde ihm klar, mit welchen Typen sie

Weitere Kostenlose Bücher