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Die Geheimnisse der Fürstin von Cadignan (German Edition)

Die Geheimnisse der Fürstin von Cadignan (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse der Fürstin von Cadignan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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arbeiten. Aber wir haben Berta von Cinq-Cygne; sie haßt ihn nicht.« »Kinder«, sagte Frau d'Espard, »haben nicht die gleichen Verpflichtungen wie ihre Väter ...« »Darüber lassen sie uns lieber nicht reden,« unterbrach die Fürstin sie. »Wenn ich die Marquise von Cinq-Cygne nicht fangen kann, so wird sich mein Sohn mit der Tochter irgendeines Hüttenbesitzers verheiraten müssen, wie der kleine d'Esgrignon es gemacht hat.« »Haben Sie den geliebt?« fragte die Marquise. »Nein,« erwiderte die Fürstin ernst; »d'Esgrignons Naivität war eine Art kleinstädtischer Dummheit, die ich ein wenig zu spät – oder wenn Sie wollen, zu früh – bemerkt habe.« »Und de Marsay?« »De Marsay hat mit mir gespielt wie mit einer Puppe. Ich war ja noch so jung: die Männer, die sich zu unsern Schulmeistern machen, lieben wir niemals; sie verletzen unsere kleinen Eitelkeiten zu sehr.« »Und der arme Kleine, der sich erhängt hat?« »Lucien? Der war ein Antinous und ein großer Dichter; ich habe ihn zwar gewissenhaft angebetet, und ich hätte glücklich werden können. Aber er liebte eine Dirne, und ich habe ihn Frau von Sérizy abgetreten ... Wenn er mich hätte lieben wollen, hätte ich ihn da hergegeben?« »Was für eine Grille, daß Sie an einer Esther Anstoß nehmen!« »Sie war schöner als ich,« sagte die Fürstin. »Jetzt lebe ich bald drei Jahre in vollkommener Einsamkeit,« fuhr sie nach einer Pause fort; »nun, diese Ruhe hat nichts Schmerzliches für mich gehabt. Ihnen allein will ich es sagen, daß ich mich hier glücklich gefühlt habe. Ich war abgestumpft gegen die Anbetung; ich ermüdete, ohne zu genießen; ich fühlte einen oberflächlichen Kitzel, ohne daß die Empfindung mir das Herz durchdrang ... Ich habe alle Männer, die ich kennen lernte, als klein, verkrüppelt und oberflächlich erkennen müssen; keiner von ihnen hat mir die geringste Überraschung bereitet; sie hatten keine Unschuld, keine Größe und kein Feingefühl. Ich wäre gern einmal einem begegnet, der mir imponiert hätte.« »Ist es Ihnen denn gegangen wie mir, meine Liebe?« fragte die Marquise. »Sind Sie, als Sie zu lieben suchten, niemals der Liebe begegnet?« »Niemals,« erwiderte die Fürstin, indem sie die Marquise unterbrach und ihr die Hand auf den Arm legte.
    Sie setzten sich auf eine Gartenbank, die unter einem blühenden Jasminbusch stand. Beide hatten eines jener Worte ausgesprochen, die im Munde von Frauen ihres Alters so feierlich klingen.
    »Gleich Ihnen«, fuhr die Fürstin fort, »bin ich vielleicht mehr geliebt worden als die meisten andern Frauen; aber ich fühle, daß ich trotz all meiner Abenteuer das Glück nicht kennen gelernt habe. Ich habe viele Torheiten begangen, aber sie hatten ein Ziel, und das Ziel wich um so weiter zurück, je weiter ich ging! Ich fühle in meinem gealterten Herzen eine Unschuld, die nicht verletzt worden ist. Ja, unter all diesen Erfahrungen ruht eine erste Liebe, die man noch mißbrauchen könnte; genau wie ich mich trotz all meiner Ermattung und meines Welkens jung und schön fühle. Wir können lieben, ohne glücklich zu sein; wir können glücklich sein, ohne zu lieben; aber lieben und glücklich sein – diese beiden so großen menschlichen Genüsse verbinden, dazu brauchts ein Wunder. Dieses Wunder ist für mich nicht geschehen.« »Und ebensowenig für mich,« sagte Frau d'Espard. »Mich verfolgt in meiner Zurückgezogenheit ein grauenhafter Kummer: ich habe mich amüsiert, aber ich habe nicht geliebt.« »Wie unglaublich! Was für ein Geheimnis!« rief die Marquise aus. »Ach, meine Liebe,« erwiderte die Fürstin, »dergleichen Geheimnisse können wir nur uns selber anvertrauen; in ganz Paris würde uns niemand glauben.« »Und«, fuhr die Marquise fort, »wenn wir nicht beide über unser sechsunddreißigstes Jahr hinaus wären, so würden wir dieses Geständnis vielleicht nicht einmal uns selber machen ...« »Ja, wenn wir jung sind, haben wir eine geradezu bornierte Eitelkeit!« sagte die Fürstin. »Wir gleichen da bisweilen jenen armen jungen Leuten, die mit einem Zahnstocher spielen, um den Glauben zu erwecken, als hätten sie gut gespeist.« »Nun,« erwiderte Frau d'Espard mit koketter Anmut, indem sie eine reizende Geste aufgeklärter Unschuld machte, »wir sind ja immer noch da, und mir scheint, wir sind noch lebendig genug, um unsere Revanche zu nehmen.« »Als Sie mir neulich sagten, Beatrix sei mit Conti davongegangen, habe ich die ganze Nacht daran denken

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