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Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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Sie kommen!
    Dienstag, 7.8.1386
    Zum wiederholten Mal lugte Maria vorsichtig aus dem Fenster ihrer kleinen Dachwohnung, die sie nach der Hochzeit vor wenigen Monaten mit ihrem Mann Kunibert bezogen hatte. Eine bescheidene und schlichte Einrichtung, wie sie sich ein einfacher Holzfäller eben leisten konnte. Sie waren anspruchslos und ein sparsames Leben gewohnt. Luxus war nur unnötige Verschwendung von Zeit und Geld.
    Seit dem Einsetzen der Dämmerung lief Maria aufgeregt zwischen Stube und Kammer hin und her. In den herannahenden Wolken sah man immer wieder Wetterleuchten, und man hörte das ferne Grollen des Gewitters, das sehr schnell näher kam. Eigentlich war es noch nicht besonders spät am Abend, aber mehr und mehr zog sich der Himmel ein schwarzes Gewand über. Bald sollte das Unwetter Rinteln erreicht haben, auf Möllenbeck prasselte der Regen bestimmt schon kräftig nieder.
    Maria wurde zunehmend nervöser, unruhiger. Schon wieder blickte sie auf die Straße hinunter. Sie näherte sich ganz behutsam dem Fenster, damit niemand sie von unten sehen konnte. So weit wie möglich schweifte ihr Blick die Bäckerstraße entlang.
    Dort, irgendwo in den Schatten der gegenüberliegenden Häuser, hatten sie sich verborgen. Wann immer eine dunkle Wolke den Vollmond verfinsterte, kamen sie hervor und schlichen sich ein Stück näher heran. Aber gleich sollte auch das letzte Licht am Himmel verdeckt sein. Dann würden sie sich ganz herantrauen.
    Wer konnte ihr jetzt bloß helfen? Wem konnte sie überhaupt trauen? Sie wagte es nicht, die Tür zur Treppe ins untere Stockwerk zu öffnen. Vielleicht lauerten sie schon dahinter und warteten nur darauf, dass Maria bei den Nachbarn Hilfe holen würde.
    Am ganzen Leib zitternd kniete sie sich vor dem schneeweißen Kruzifix nieder, dem einzigen Schmuck in der Wohnung. Nur hier konnte sie noch Hilfe erwarten, nur hier konnte sie sich ein wenig beruhigen. Maria schloss die Augen und murmelte ein Vaterunser nach dem anderen. Ihr Oberkörper schwang rhythmisch vor und zurück. Sie konzentrierte sich auf ihre Gebete, nur so konnte sie noch genug Kraft bekommen, um diesen Abend zu überstehen.
    Mit einem heiseren Schrei sprang sie plötzlich auf. Ein Blitz musste in einem der Nachbargärten einen Baum getroffen haben. Ein ohrenbetäubender Knall erschütterte das Haus. Selbst der Topf an der Kette über dem Feuer klapperte. Aber ... da war noch ein anderes Geräusch. Ein ganz verstecktes, eines, das nur aus Versehen an ihr Ohr gedrungen war. Die Panik ließ Marias Herz bis in den Hals schlagen. Sie atmete nur noch stoßweise.
    Als sie ihr eigenes Stöhnen bemerkte, drückte sie sich hastig die Hand auf den Mund. Hatte man sie gehört? Hatte sie sich nun selbst verraten? Gebannt starrte sie auf die Tür. Wartete darauf, dass sich der Riegel ganz langsam bewegte. So langsam, dass kein Geräusch zu hören war. Ihr Blick hing scheinbar Ewigkeiten an der Tür. Aber nichts passierte. Noch nicht.
    Wieder schlich sie geduckt zum Fenster. Inzwischen war der Himmel völlig zugezogen. Ängstlich wartete sie. Da! Die Schatten dort drüben! Sie bewegten sich! Man konnte es kaum erkennen, denn die Büsche und Bäume wurden durch den aufkommenden Wind wild durchgeschüttelt. Aber dazwischen war noch etwas anderes!
    Wieder ein Blitz. Hinter der Mauer des gegenüberliegenden Hauses, zwischen Bäumen, im gleißenden Licht hatte sie die Männer ganz deutlich gesehen. Dort warteten sie, lauerten auf den richtigen Augenblick. Sie machten sich bereit. Noch ein Blitz erhellte die gespenstische Szenerie. Jetzt waren die Schattenmänner auch auf der Straße zu sehen – wie sie ihre Messer und Schwerter zückten, um Maria zu holen. Und nun öffneten sich auch die Schleusen des Himmels. Laut prasselte der Regen nieder.
    Stöhnend kniete sie sich wieder zum Beten vor das Christusbild und wiederholte endlos das Ave Maria. Sie brauchte Hilfe, sie brauchte ein Wunder. Menschen konnten ihr nicht mehr helfen. Es war schon zu spät.
    Plötzlich knirschte die Treppe, ganz leise, kaum hörbar bei dem auf das Dach trommelnden Regen. Irgendwer versuchte, ganz leise zur Wohnung heraufzusteigen. Maria hatte Angst, übermächtige Angst. Sie wagte nicht zu atmen. Panisch blickte sie sich um. Wohin konnte sie fliehen? Der Weg durch die Tür war nun unmöglich. Aus dem Fenster springen? Ihnen genau in die Arme? Gerade jenen, denen sie doch entfliehen wollte?
    Mit glasigen Augen blickte sie zum Kruzifix und flehte mit

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