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Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing

Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing

Titel: Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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ausgerechnet jetzt in seine Gedanken stahl. Ich muss es tun, Catherine, auch wenn du es verdammen wirst!
    Er hob das LIBRUM HEXAVIRATUM an.
    Die Hand des Namenlosen Abts fiel wie tot zur Seite. Die langen, krallenartigen Nägel, die weit über die Fingerkuppen hinausragten, kratzten hörbar über das Leder.
    Brent richtete sich auf.
    Das Buch presste er an sich.
    Der Kraftstrom, der von diesem Exemplar ausging, versiegte nicht.
    Brents Pulsschlag raste in diesen Augenblicken. Es gibt kein Zurück mehr!, wurde dem jungen Mann klar. Nie mehr...
    Rückwärts entfernte er sich von dem totengleich daliegenden Körper des Namenlosen Abts.
    Er stolperte beinahe.
    Und eisiger Schrecken packte ihn, als er sah, wie einer der knorrigen Finger sich bewegte und eigentümlich zu zittern begann.
    Brent packte das Buch fest mit beiden Händen. Kalter Angstschweiß stand ihm auf der Stirn.
    Er taumelte etwas, dann rannte er davon, als ob der Leibhaftige selbst ihm auf den Fersen gewesen wäre. Augenblicke später hatte die Finsternis ihn verschluckt, während die dürre Hand des Namenlosen Abts sich zitternd zur Faust ballte. Die aschgraue Substanz des Untergrundes rieselten zwischen den Fingern hindurch, während ein stöhnender Laut sich mit dem Klagen des Windes vermischte.
     
    *
     
    Ich schlief schlecht in dieser Nacht. Alptraumvisionen plagten mich. Ich wälzte mich unruhig im Bett hin und her und schreckte immer wieder schweißgebadet aus dem Schlaf empor. Kerzengerade saß ich dann im Bett, zitternd und mit kaltem Angstschweiß auf der Stirn. Das Licht des Mondes schien von draußen durch die Fenster meines Schlafzimmers. Ein leichter Wind bewegte die Kronen der hohen Bäume in Tante Lizzys Garten. Sie sahen aus wie gewaltige, mit langfingerigen Händen endende Arme, die aus der Tiefe der Erde emporragten.
    Einmal schlug ich die Decke zur Seite, ging barfuß zum Fernster und sah hinaus, nur um mir wieder sicher zu sein, mich wirklich in meiner Etage in Tante Lizzys Villa zu befinden.
    Ich lehnte die Stirn gegen die angenehm kühle Fensterscheibe und atmete tief durch.
    Dann schloss ich die Augen.
    Unsagbar bleierne Müdigkeit erfüllte mich und doch war mir klar, dass ich kaum Ruhe finden würde, sobald ich - wie erschöpft auch immer! - zurück in die Kissen sank. Ich sah das Gesicht jenes rothaarigen jungen Mannes vor mir, der am nächsten Morgen als Phantombild auf den Seiten der LONDON EXPRESS NEWS zu finden sein würde. Jenen Mann, von dem ich glaubte - nein, wusste! - , dass er mitangesehen hatte, wie die Gruppe von Okkultisten ums Leben gekommen war. Immer wieder blickten mich die angstgeweiteten, fassungslosen Augen dieses Zeugen an... Sein Bild wechselte kaleidoskopartig mit anderen, schlaglichtartigen Bildern und Szenen. Nicht alle konnte ich zweifelsfrei erkennen. Aber etwas brannte sich in mein Bewusstsein ein. Der Umriss des LIBRUM HEXAVIRATUM.
    Schauder überkamen mich.
    Und das Gefühl der Bedrohung wurde nahezu unerträglich. Jetzt, in diesen Augenblicken geschieht etwas!, durchzuckte es mich. An einem anderen Ort, vielleicht bei den Steinen von SixStones - denn auch sie glaubte ich immer wieder für Sekundenbruchteile vor meinem inneren Auge erkennen zu können.
    Ich versuchte ruhiger zu atmen und öffnete wieder die Augen.
    Den Blick konzentrierte ich auf den Mond, der als großes Oval zu sehen war. Die Nacht war klar. Die Sterne funkelten wie Diamanten.
    Was geschieht jetzt? , fragte ich mich.
    Ich sah einen bärtigen Mann in einer Mönchskutte. Er lag regungslos am Boden. Mir war, als ob sich eine kalte, glitschige Hand auf meine Schulter legte. Ich fröstelte plötzlich.
    Wer ist das?, fragte ich mich und versuchte verzweifelt, mich auch an dieses Gesicht wieder erinnern zu können. Es gelang ihr nicht. Die Erinnerung hatte sich buchstäblich verflüchtigt. Nur dieses beklemmende Angstgefühl blieb. Angst, für die es im Moment eigentlich keinen fassbaren Grund gab.
    Ich ging zurück zum Bett, setzte mich und warf einen kurzen Blick zur Uhr.
    Noch anderthalb Stunden, dann musst du wieder aufstehen, Patti!, durchfuhr es mich.
    Am nächsten Morgen war ich wie gerädert. Ich erzählte Tante Lizzy von meinen nächtlichen Visionen, als ich sie in der Küche traf. Sie hatte bereits Frühstück gemacht, aber ich hatte wenig Appetit.
    "Du musst auf diese Bilder in dir genau achten", riet mir Tante Lizzy.
    "Ja, das Gefühl habe ich auch", murmelte ich. Und dann nach einer kurzen Pause fügte ich noch hinzu: "Ich

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