Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing
Tom... Bestimmt!"
"Okay."
"Tom?"
"Ja?"
"Ich liebe dich."
"Ich dich auch, Patti!"
Einige Minuten später erreichte ich die Ladbroke Grove Road. Tom wartete bereits am Straßenrand auf mich. Ich hielt an, er stieg ein.
Seine meergrünen Augen sahen mich an, während ich den 190er wieder losfahren ließ.
"Das klang ja sehr dringend, Patti!"
"Das ist es auch."
"Eine Frühstückspause hast du nicht zufällig eingeplant, oder?"
"Tom, es geht um das Leben dieses Jason Matthews..."
"Du kennst seinen Namen?"
"Ja."
Tom seufzte. "Du kannst dir schon mal überlegen, was wir Mr. Swann erzählen... Schließlich werden wir kaum pünktlich in der Redaktion sein können, wenn wir jetzt nach Folkstone fahren."
"Swann rufen wir von unterwegs aus an." Ich blickte kurz auf die Uhr. "Noch ist es dafür allerdings zu früh... Jetzt ist noch nicht einmal er in der Redaktion..."
Ich hoffte nur, dass wir nicht zu spät kamen...
"Das, was du in deiner Vision gesehen hast - ist das etwas, was noch geschieht oder etwas, das bereits geschehen ist?", fragte Tom irgendwann in die Stille hinein.
"Ich weiß es nicht", sagte ich. "Ich weiß es wirklich nicht..."
*
Jason Matthews stand an der Reling und blickte zu der grauen Nebelbank hinüber, die vor der englischen Ärmelkanalküste lag.
Eine halbe Stunde noch, dachte er. Dann bin ich in Folkstone.
Matthews war allen anderen Passagiere aus dem Weg gegangen und hatte sich meistens an Deck aufgehalten. Er traute niemandem, nicht einmal dem Schiffspersonal.
Sie waren überall...
Das wusste er inzwischen nur zu gut.
Und das war auch der Grund dafür, dass er nicht die Tunnelverbindung nutzte, durch die man inzwischen den Ärmelkanal noch wesentlich schneller als mit der Fähre überqueren konnte. Aber damit würden sie sicherlich rechnen und dann bestand die Gefahr, dass seine Verfolger ihn irgendwo abpassten und...
Ihn fröstelte allein bei dem Gedanken daran, was mit ihm geschehen konnte.
Ein eisiger Schauder überlief seinen Rücken.
Mattthews hatte weder den Tunnel, noch die geläufigere Schiffsverbindung Calais-Dover benutzt, sondern war gewissermaßen auf eine 'Nebenstrecke' ausgewichen. In Boulogne-sur-Mer, einem kleinen, verschlafenen Hafenstädtchen in der Normandie, hatte er die erste Fähre genommen, die in See stach.
Sein Plan schien aufgegangen zu sein.
Matthews ging ans Heck, nahm die Zigarette mit zittrigen Händen aus dem Mund und schleuderte sie hinaus in die See.
Der scharfe Wind pfiff ihm kalt um die Ohren.
Die Nebelbänke rückten näher.
Wie wird es weitergehen?, fragte Matthews sich. SIE sind überall... Sie werden mich finden. Früher oder später. Ich habe keine Chance...
Matthews versuchte ruhig durchzuatmen.
Er schloss die Augen.
Der Mann war völlig übernächtigt und doch hätte er jetzt keinen Schlaf finden können.
Erinnerungen stiegen in ihm auf. Bilder, die so absurd und gleichzeitig so grauenhaft waren, dass man über ihnen den Verstand verlieren konnte...
Du wirst zu niemandem darüber sprechen können, Jason Matthews!, wurde ihm plötzlich klar. Zu niemandem! Es sei denn, du legst Wert darauf, dich im Handumdrehen in einer geschlossenen Abteilung wiederzufinden!
Schwere Schritte ließen Matthews zusammenzucken.
Er drehte sich ruckartig herum.
Ein großer, breitschultriger Mann war an Deck gekommen.
Eine Tür öffnete sich, ein zweiter Mann kam ins Freie.
Die beiden kamen auf Matthews zu, dessen Hände sich um die Reling krampften, bis die Knöchel weiß wurden.
Die beiden Männer warfen sich einen kurzen Blick zu. Wie auf ein geheimes Zeichen hin, holten sie etwas metallisch Glänzendes unter ihren Jacken hervor.
Masken!
Sie hoben die Masken und setzten sie an ihre Gesichter.
Mit einem Zischlaut verschmolzen sie auf gespenstische Weise mit ihrer Haut und bildeten innerhalb eines einzigen Augenblicks die Konturen ihrer Gesichter naturgetreu nach.
"Lasst mich!", rief Mathews. "Ich werde nichts sagen... Ich werde..."
Ein dritter und ein vierter Mann stiegen in diesem Moment die Treppen vom Oberdeck herab. Auch sie trugen metallisch glänzende Masken...
Ihre Gesichter verzogen sich auf grauenhafte Weise.
Monströse Mäuler mit riesigen Zähnen bildeten sich. Das Metall machte jetzt einen weichen, geschmeidigen Eindruck.
Auf geheimnisvolle Weise war es ähnlich beweglich, wie organisches Gewebe...
Fauchende und knurrende Laute drangen dumpf unter den Masken hervor, während die vier ihr Opfer eingekreist
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