Die Geheimnisse Der Tinkerfarm
geschehen war, war geschehen. Es war gut ausgegangen. Sinnlos, sich im Nachhinein groß darüber aufzuregen.
Wow,
dachte sie.
Der Spruch hätte fast von Tyler sein können.
Plötzlich war sie froh, einen Bruder zu haben. »Ich hoffe sehr, dass alles gut wird. Und ich möchte wirklich bald wieder hinfahren – vielleicht zu Thanksgiving.«
|429| Tyler lachte abermals. »Das Mädchen, das den ganzen letzten Sommer über ständig gesagt hat: ›Ich will nach Hause!‹, warst du das nicht?«
»Genau, und der Junge, der immer gesagt hat: ›Oh je, Lucinda, tut mir leid, dass ich dich schon wieder in Schwierigkeiten gebracht habe‹, warst das nicht du? Nein, stimmt gar nicht, weil du so was nie sagst.«
Ein Jahr früher hätte Tyler sie angemotzt oder einfach seinen GameBoss wieder angestellt und sie ignoriert. »Na ja«, sagte er jetzt, »irgendjemand muss dafür sorgen, dass was passiert. Das ist mein Job.«
»Oh, und das kannst du wirklich gut, Tyler Jenkins«, entgegnete sie und musste wider Willen grinsen. »Viel zu gut.«
Nach einer Weile hörten sie auf zu reden, und Tyler machte damit weiter, seinen Hamster-Zauberer durch sein gefährliches Abenteuer zu lotsen, aber Lucinda konnte sich nicht auf ihr Buch konzentrieren, und aus dem Fenster zu schauen munterte sie auch nicht auf. Sie war immer noch unglücklich darüber, welches Ende ihre Beziehung zu den Drachen genommen hatte. All ihre Mühen im Laufe des Sommers, ihre ganzen freundlichen, langsamen, vorsichtigen Versuche, eine Verbindung zu den Drachen aufzubauen, vor allem zur kleinen Desta, waren auf einen Schlag zunichte gemacht worden.
Aber ich wollte es doch nicht tun! Ich wollte sie nicht quälen! Ich musste es tun, um die Farm zu retten … um Onkel Gideon zu retten und alle andern … auch die Drachen!
Es tat so schneidend weh, dass sie einen Moment lang beinahe fühlte, was sie in jener Nacht gefühlt hatte, den Aufruhr von Destas zornigen, erschrockenen Gedanken und die Härte, mit der sie sich gezwungen hatte, darüber hinwegzugehen. |430| Bei der Erinnerung war Lucinda zumute, als hätte sie einen Eisklotz in der Brust, dort wo ihr Herz sein sollte.
Es tut mir so leid,
dachte sie,
so furchtbar leid, Desta!
Möhrenmädchen traurig?
Es kam so plötzlich, dass sie nach Luft schnappte.
Desta? Bist du das?
Die Drachengedanken waren schwach, wie eine Stimme, die man nur hören konnte, wenn der Wind aus der richtigen Richtung kam, aber in dem Moment kam er genau aus dieser Richtung.
Desta?
Traurig warum?
Wie konnte sie so etwas einem Drachen erklären, zumal einem jungen Drachen? Zumal wenn sie vielleicht nur Sekunden Zeit hatte.
Möhrenmädchen ist traurig, weil … weil sie Desta traurig gemacht hat. Wollte sie nicht. Musste sie. Aber immer noch traurig. Tut dem Möhrenmädchen leid. Sehr, sehr leid!
Es gab eine lange Pause, und Lucinda war sich schon sicher, dass sie den flüchtigen Kontakt verloren hatte. Dann:
Möhrenmädchen macht wieder gut.
Was? Wie kann ich das wiedergutmachen? Ich bin jetzt viele Monate weg.
Lucinda bemühte sich, das Gefühl der verfließenden Zeit zu vermitteln: zu- und abnehmende Monde, einer nach dem anderen.
Lange weg. Was kann ich tun?
Komm bald wieder.
Ein Kitzeln drachenhafter Heiterkeit begleitete den Gedanken.
Nächstes Mal bring mehr Möhren mit. Millionen Möhren!
Der Gedanke stellte ein Haufen so hoch wie der Himmel dar.
Gelächter trieb durch sie hin wie ein Strom warmer, rauchiger Blasen. Dann war die Berührung vorbei, und Lucinda Jenkins war wieder allein in ihrem Kopf.
Informationen zum Buch
Tyler und Lucinda machen sich auf, einen weiteren Sommer auf der mysteriösen, wundervollen und schaurigen Tinkerfarm zu verbringen. Welch gefährliche Herausforderungen sie hier erwarten, ist nicht zu ahnen und übertrifft alles, was sie bisher erlebt haben.
Ein düsteres Geheimnis liegt über der Tinkerfarm. Das ist für Tyler und seine Schwester Lucinda unmittelbar zu spüren, als sie wieder das kleine abgeschiedene Tal weit im Hinterland besuchen.
Die Farm mit ihren einzigartigen Tieren, den Drachen, Einhörnern und Wasserschlangen wird bedroht. Nicht nur die allgegenwärtigen Sicherheitsmaßnahmen verraten es: Zäune, Überwachungskameras und sogar gefährliche neue Kreaturen sind im Einsatz.
Als dann auch noch Onkel Gideon spurlos verschwindet, sind Tyler und Lucinda ganz auf sich gestellt, die Farm mit all ihren Tieren zu schützen.
Was hat aber die zwielichtige Haushälterin Miss Needle im
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