Die geheimnißvolle Insel
vielleicht mehrere Stunden in demselben auszuhalten.
Pencroff und Nab hatten inzwischen die Pirogue herzugeholt, welche einige hundert Schritte weiter oben, am Ufer der Mercy, angebunden lag, und als sie mit ihr anlangten, war Ayrton bereit abzufahren.
Ayrton erklettert die Brigg der Seeräuber. (S. 506.)
Um Ayrtons Schultern warf man eine Decke, und die Colonisten drückten ihm glückwünschend die Hand.
Pencroff und Ayrton schifften sich auf dem Boote ein
Es war zehn und einhalb Uhr Abends, als Beide in der Dunkelheit verschwanden; ihre Genossen wollten deren Rückkehr in den Kaminen erwarten.
Der Lauscher am Bordrand. (S. 506.)
Leicht überschifften Jene den Canal und landeten an dem gegenüberliegenden Ufer des Eilandes. Auch hierbei gingen sie schon mit aller Vorsicht zu Werke, im Fall sich die Piraten in der Nähe umhertrieben. Dem Anscheine nach erwies sich das Eiland aber verlassen. Ayrton überschritt es, von Pencroff gefolgt, eiligst, wobei ganze Mengen der in Felsenlöchern nistenden Vögel aufgescheucht wurden; dann stürzte er sich ins Meer und schwamm geräuschlos auf das Schiff zu, zu dem einige kurz vorher angezündete Lichter ihm den Weg wiesen.
Pencroff verbarg sich in einer Höhle am Ufer und erwartete die Rückkehr seines Gefährten.
Inzwischen theilten Ayrton’s kräftige Arme die Wellen und glitt er über die Wasserfläche, fast ohne eine Bewegung in derselben zu veranlassen. Kaum ragte sein Kopf daraus hervor, während seine Augen scharf nach der dunkeln Masse der Brigg gerichtet waren, deren Feuer sich auf dem Meere spiegelten. Nur an die Pflicht, welche zu erfüllen er auf sich genommen hatte, dachte er, nicht an die Gefahren, die ihm nicht allein an Bord des Schiffes, sondern auch durch die in dieser Gegend häufig vorkommenden Haifische drohten. Die Strömung unterstützte ihn, und schnell entfernte er sich von der Küste.
Eine halbe Stunde später erreichte Ayrton, ohne gesehen oder gehört worden zu sein, das Schiff, und schwang sich an den Kniebalken unter dem Bugspriet hinaus. Er schöpfte ein wenig Athem, klomm an den Ketten in die Höhe und gelangte so nach der vordersten Spitze des Schiffes. Dort hingen einige Matrosenkleider zum Trocknen. Er schlüpfte in ein Paar Beinkleider. Dann horchte er gespannt.
Am Bord der Brigg schlief man noch nicht. Im Gegentheil, man sprach, sang und lachte laut. Ayrton vernahm folgende von den gewohnten Flüchen begleitete Worte:
»Ein guter Fang, unser Schiff da!
– Er segelt gut, der
Speedy
1 ; er verdient seinen Namen.
– Die ganze Flotte aus Norfolk mag hinter ihm her sein, sie holt ihn nicht ein!
– Hurrah, seinem Commandanten!
– Hurrah, Bob Harvey!«
Die Gefühle Ayrton’s, als dieses Gespräch an sein Ohr drang, wird man verstehen, wenn man erfährt, daß er in diesem Bob Harvey einen seiner alten Raubgenossen aus Australien wieder erkannte, einen kühnen Seemann, der seine eigenen räuberischen Absichten aufgenommen und weiter geführt hatte. Bob Harvey hatte sich bei der Insel Norfolk dieser Brigg, als sie, mit Waffen, Munition, Geräthen und Werkzeugen aller Art beladen, zur Abfahrt nach einer der Sandwichs-Inseln bereit lag, bemächtigt. Seine ganze Bande hatte das Schiff überrumpelt, und jetzt als Piraten, wie früher als Verbrecher auf dem Lande, kreuzten diese Elenden durch den Pacifischen Ocean, zerstörten die Schiffe, massacrirten die Besatzungen und übertrafen noch die Malayen an Wildheit.
Die Schurken sprachen ganz laut, rühmten sich ihrer Heldenthaten und tranken im Uebermaß. Ayrton vermochte im weiteren Verlaufe noch Folgendes zu verstehen:
Die Besatzung des Speedy bestand durchweg nur aus englischen Gefangenen, welche aus Norfolk entflohen waren.
Unter 29°2’ südlicher Breite und 165°42’ östlicher Länge liegt im Osten Australiens eine kleine Insel von sechs Meilen Umfang, die der Mont-Pitt in einer Höhe von 1100 Fuß über dem Meere beherrscht. Das ist die Insel Norfolk, welche ein Etablissement enthält, in dem die unverbesserlichsten der englischen Sträflinge detinirt sind. Dort befinden sich unter eiserner Disciplin, von den härtesten Strafen bedroht und von fünfhundert Soldaten und gegen hundertundfünfzig Beamten unter einem Gouverneur bewacht, etwa fünfhundert solcher Bösewichte. Unmöglich kann man eine schlimmere Gesellschaft von Verbrechern zusammenfinden. Manchmal – wenn auch nur sehr selten – gelingt es trotz der scharfen Wache einigen derselben
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