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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sein müsse. Welcher Nationalität er angehöre, war bis jetzt freilich schwer zu sagen.
    »Doch flattert eine Flagge an der Mastspitze, erklärte der Seemann, nur bin ich nicht im Stande, deren Farben zu unterscheiden.
    – Vor Ablauf einer Stunde werden wir darüber Gewißheit haben, sagte der Reporter. Uebrigens deutet Alles darauf hin, daß der Kapitän an’s Land zu gehen beabsichtigt, und folglich machen wir, wenn nicht heute, so doch spätestens morgen seine nähere Bekanntschaft.
    – Zugegeben, entgegnete Pencroff Besser ist’s aber doch, zu wissen, mit wem man zu thun hat, und ich wünschte recht sehr, die Farben des Unbekannten dort zu erkennen.«
    Des Seemanns Auge verließ das Fernrohr keinen Augenblick.
    Schon begann der Tag zu sinken, und allmälig legte sich die Brise. Die Flagge der Brigg hing schlaffer herab, und ihre Faltung machte ein Erkennen noch schwieriger.
     

    »Eine schwarze Flagge ist es!« (S. 498.)
     
    »Die amerikanische Flagge ist das nicht, murmelte Pencroff in kurz abgebrochenen Sätzen, die englische, deren Roth zu gut in die Augen fällt, auch nicht, weder sind es die deutschen Farben, noch die französischen, weder die weiße Flagge Rußlands, noch die gelbe Spaniens … Man könnte jene für ganz einfarbig halten … Nun … welcher begegnet man hier wohl am meisten? … Der Flagge Chiles? … diese ist dreifarbig … Der Brasiliens? … diese sieht aber grün aus … Der japanischen? … Sie ist schwarz und gelb … aber diese hier …«
    Eben jetzt entfaltete ein kräftigerer Windstoß das unerkennbare Flaggentuch. Ayrton ergriff das Fernglas, welches der Seemann aus der Hand gelegt hatte, stellte es scharf für sein Auge ein und sagte erschrocken:
    »Eine schwarze Flagge ist es!«
    Wirklich flatterte außer dieser auch ein schwarzer Wimpel an der Mastspitze und verstärkte die Annahme der Colonisten, ein verdächtiges Fahrzeug vor sich zu haben.
    Sollten des Ingenieurs Ahnungen jetzt wirklich in Erfüllung gehen? War jene Brigg ein Piratenschiff? Machte es diese Gegenden des Stillen Oceanes im Wettstreit mit den gefürchteten Malayen unsicher? Was konnte es an der Küste der Insel Lincoln suchen? Sah es in ihr ein unbekanntes Stück Erde, das zur Bergung gestohlenen Gutes wie geschaffen sein mußte? Wollte es für die schlechte Jahreszeit hier nur eine Zuflucht finden? War das Gebiet der Colonisten bestimmt, sich in ein Versteck ehrloser Verbrecher umzuwandeln, – in eine Art Piratenhauptpunkt des Pacifischen Oceans?
    Alle diese Gedanken drängten sich den Ansiedlern auf. Ueber die Bedeutung der aufgepflanzten Fahne konnte ja kein Zweifel obwalten – dieses Seeräuberzeichen, das auch der Duncan tragen sollte, wenn die Sträflinge ihre Absicht hätten ausführen können.
    Man verlor jetzt keine Zeit im langen Hin-und Herreden.
    »Meine Freunde, sagte Cyrus Smith, vielleicht beabsichtigt jenes Schiff zuletzt doch nur, die Küsten der Insel näher zu untersuchen, und geht die Besatzung gar nicht an’s Land. Das wäre der erwünschteste Fall. Doch, wie dem auch sei, wir müssen Alles thun, unsere Anwesenheit hier zu verbergen. Die Windmühle auf dem Plateau ist ein zu leicht erkennbares Zeichen, darum mögen Ayrton und Nab schnell die Flügel derselben abnehmen. Auch die Fenster unseres Granithauses wollen wir dichter unter Zweigen verbergen und jedes Feuer löschen, damit nichts das Vorhandensein von Menschen auf der Insel verrathe.
    – Und unser Kutter? fragte Harbert.
    – O, der liegt im Ballonhafen geborgen, antwortete Pencroff; ich glaube niemals, daß ihn jene Schurken finden!«
    Des Ingenieurs Anordnungen wurden sogleich vollzogen. Nab und Ayrton begaben sich nach dem Plateau und trafen Anstalt, jedes das Bewohntsein der Insel verrathende Zeichen zu entfernen oder zu verbergen. Während sie hiermit beschäftigt waren, holten ihre Genossen aus dem nahen Jacamarwalde eine große Menge Zweige und Schlingpflanzen, welche die Oeffnungen in der Mauer des Granithauses durch natürliches Grün verstecken sollten. Gleichzeitig legte man sich aber Waffen und Munition zurecht, um im Fall eines unerwarteten Angriffs Alles bei der Hand zu haben.
    Nach Vollendung aller Vorsichtsmaßregeln sagte Cyrus Smith mit tief bewegter Stimme:
    »Meine Freunde, wenn jene Elenden sich der Insel Lincoln sollten bemächtigen wollen, so vertheidigen wir sie, nicht wahr?
    – Ja, Cyrus, erwiderte der Reporter, und wenn es sein muß, sterben wir dafür!«
    Der Ingenieur streckte seinen Genossen

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