Die geheimnißvolle Insel
und eine mächtige Dampfwolke schoß aus der Seite der Brigg hervor; eine Kugel schlug gegen die Felsen, welche Ayrton und Pencroff deckten, und sprengte einige Stücke los, von denen die beiden Schützen indessen nicht verletzt wurden.
Aus dem Canot hörte man die schrecklichsten Flüche; es nahm jedoch sofort seine Fahrt wieder auf. An die Stelle des Steuermannes trat ein Anderer, und in raschen Schlägen peitschten die Ruder das Wasser.
Statt aber, wie man hätte erwarten sollen, geraden Wegs nach der Brigg zurückzukehren, fuhr es längs des Ufers am Eilande hin, um dessen Südspitze zu umkreisen. Dabei ruderten die Piraten mit aller Macht, um außer Schußweite zu kommen.
So gelangten sie bis auf fünf Kabellängen nach dem etwas einspringenden Theile der Küste, welche weiter südlich in der Seetriftspitze auslief, verfolgten diese immer unter dem Schutze der Kanonen der Brigg in halbkreisförmiger Linie und wandten sich nach der Mündung der Mercy.
Sie hatten offenbar die Absicht, in den Canal selbst einzufahren und die auf dem Eilande befindlichen Colonisten im Rücken zu fassen, dieselben zwischen das Feuer des Bootes und der Brigg zu nehmen und Jene in eine höchst gefährliche Lage zu versetzen.
So verfloß eine Viertelstunde, während der das Canot dieselbe Richtung einhielt. Rings vollkommenes Schweigen; tiefe Ruhe in der Luft und auf dem Wasser.
Im Anfang des Kampfes. (S. 518.)
Noch hatten Pencroff und Ayrton, obwohl sie einsahen, daß ihnen eine Umgehung drohe, ihre Posten nicht verlassen, entweder weil sie sich noch nicht zeigen und dem groben Geschütz des Schiffes aussetzen wollten, oder weil sie auf das Eingreifen Nab’s und Gedeon Spilett’s zählten, die an der Flußmündung wachten, und auf Cyrus Smith und Harbert, welche in den Kaminen versteckt lagen.
Zwanzig Minuten nach dem ersten Kugelwechsel befand sich das Canot kaum zwei Kabellängen weit der Mercy gegenüber. Da die Fluth mit gewohnter Heftigkeit – eine Folge der Enge dieser Wasserstraße – zu steigen begann, wurden die Sträflinge heftig nach dem Flusse hingetrieben und konnten sich nur durch angestrengtes Rudern in der Mitte des Canales halten. Als sie jedoch in Schußweite an der Mercy-Mündung vorüber kamen, begrüßten sie zwei Kugeln, welche wiederum zwei Mann in das Boot niederstreckten. Nab und Spilett hatten ihr Ziel nicht verfehlt.
Sofort sandte die Brigg eine zweite Kugel nach der Stelle, welche der Pulverdampf bezeichnete, doch ohne weiteren Erfolg, als die Zertrümmerung einiger Felsstücke.
Jetzt trug das Boot nur noch drei kampffähige Männer. Von der Strömung erfaßt, schoß es pfeilgeschwind durch den Canal und an Cyrus Smith und Harbert vorüber, welche jedoch der zu großen Entfernung wegen nicht Feuer gaben. Dann glitt es, nur noch von zwei Rudern getrieben, um die Nordspitze und suchte die Brigg wieder zu erreichen.
Bis hierher hatten die Colonisten sich nicht eben zu beklagen. Der Kampf nahm für ihre Gegner einen ungünstigen Anfang. Jene zählten schon vier Schwerverwundete oder gar Todte, sie selbst waren unverletzt und hatten keine Kugel verschwendet. Wenn die Piraten ihren Angriff in derselben Weise fortsetzten und nur mittels des Canots einen erneuten Landungsversuch wagten, so konnten sie bequem einzeln abgethan werden.
Der Speedy feuert in größerer Nähe. (S. 526.)
Der Vortheil der ersten Maßnahmen des Ingenieurs lag jetzt auf der Hand. Die Piraten konnten wohl glauben, mit zahlreichen Gegnern zu thun zu haben, die nicht so leicht zu überwältigen sein würden.
Eine halbe Stunde verging, bis das Canot, das gegen die Meeresströmung anzukämpfen hatte, sich neben den Speedy legte. Ein wüstes Geschrei erhob sich, als es mit den vier Verwundeten ankam, und drei bis vier Kanonenschüsse wurden, freilich ganz erfolglos, abgegeben.
Da stürzten, vor Wuth und vielleicht noch vom Gelage der Nacht her trunken, wohl ein Dutzend Sträflinge in das Boot. Ein zweites Fahrzeug, in dem acht Mann Platz nahmen, wurde herabgelassen, und während das erste sich direct nach dem Eilande wandte, um die Colonisten von diesem zu vertreiben, suchte das zweite die Einfahrt in die Mercy zu erzwingen.
Für Ayrton und Pencroff gestaltete sich die Lage jetzt sehr bedenklich, und sie dachten daran, das Land der Insel wieder zu gewinnen.
Dennoch warteten sie so lange, bis das erste Canot in Schußweite kam, und zwei sichere Kugeln richteten unter der Besatzung desselben eine merkliche
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