Die geheimnisvollen Zimmer
die unerschrockene Kaltblütigkeit dieses Menschen bewundern.
Gleichgültig ging der Fremde an dem niedergerissenen Pavillon vorüber, bog nach links ab und schlug einen der engsten Parkwege ein. Krag war nun ganz dicht hinter ihm.
Plötzlich blieb der andere vor einem baufälligen, alten Lusthaus stehen und spähte ringsum. Es gelang dem Detektiv, sich im letzten Augenblick hinter einem Baum zu verbergen. Der Mann öffnete eine Tür, die in ihren verrosteten Angeln heiser knirschte und trat in das Haus.
Krag wartete etwa fünf Minuten; aber der andere kam nicht wieder heraus. Da murmelte der Detektiv vor sich hin:
»Aha, Jim Charter, nun ist der Augenblick bald da, wo wir miteinander reden werden.«
Er verließ seinen Ausguck und eilte auf demselben Weg zurück, auf dem er gekommen war.
Aber er kehrte nicht wieder in das Haus ein, sondern ging quer über den Hof und bog dann in die kleine Allee ab. Er begegnete unterwegs keiner Menschenseele.
Aus einem der Fenster von Frau Hjelms Villa kam Licht. Krag ging auf den Haupteingang zu und klopfte.
Frau Hjelm öffnete selbst.
»Er war noch nicht hier«, flüsterte sie.
»Ich weiß es«, antwortete Krag. »Aber er folgt mir sicher auf den Fersen. Beeilen Sie sich, schließen Sie die Tür.«
Als Krag eingetreten war und Frau Hjelms Gesicht gesehen hatte, sagte er:
»Sie müssen sich bemühen, ruhiger zu scheinen, er ist sicher sehr mißtrauisch.«
»Ich will mich so sehr wie irgend möglich beherrschen«, sagte sie. »Aber bedenken Sie doch, welche peinliche, entsetzliche Szene meiner wartet. Übrigens habe ich hier ein sehr gutes Versteck für Sie ausgefunden.«
Sie wies auf eine der Türen. Da konnte Krag, hinter einer schweren Portiere verborgen, alles beobachten, was im Zimmer vorging, ohne selbst gesehen zu werden.
»Haben Sie auch eine Waffe bei sich?« fragte Frau Hjelm nervös.
Krag zeigte ihr seinen Revolver.
»Aber er ist sicher ein guter Schütze.«
Krag lachte.
»Er wird keine Gelegenheit finden, seine Geschicklichkeit zu beweisen«, sagte er.
Sie hatten kaum fünf Minuten gewartet, als sie auf der Treppe Schritte vernahmen.
Der Detektiv eilte in sein Versteck. Er hielt den Revolver in der Hand.
Frau Hjelm öffnete die Tür. Durch ein kleines Loch in der Portiere erkannte Krag den Mann im Jagdrock. Er hatte ein rotbäckiges, brutales Gesicht.
»Bist du es, Jimmi?« hörte er Frau Hjelm sagen. »Ich erwartete dich nicht so zeitig. Du
schriebst, daß du um zwölf Uhr kommen würdest.«
Der Rotbart murmelte ein paar unverständliche Worte und schleuderte die Jagdtasche auf den Tisch.
»Ich komme, um mir endlich eine entscheidende Antwort von dir zu holen«, sagte er. »Gehst du mit mir oder nicht?«
»Aber wann willst du denn abreisen?«
»Sobald wie möglich. Meine Arbeit hier ist vollbracht.«
»Deine Arbeit?«
»Ja, meine Arbeit. Das ist übrigens eine Angelegenheit, die dich absolut nichts angeht. Nun, wie lautet also deine Antwort?«
»Und wenn ich nun nein sage?«
»Das tust du nicht. Du wagst es nicht.«
»Wenn ich es aber dennoch täte?«
»Sei doch nicht so dumm. Du weißt, daß ich dann einen Skandal herbeiführen würde. Ich wecke das ganze Haus und erzähle jedem, der es hören will, wie wir zueinander standen. Du erinnerst dich doch wohl noch eines schönen Julitages in Monte Carlo?«
»Ich will aber doch nicht.«
Der Rotbart packte sie hart um das Handgelenk, so daß sie einen leisen Schrei ausstieß.
In diesem Augenblick trat Asbjörn Krag hervor. Mit einem Fluch ließ Jim ihren Arm los.
»Verdammter Spion!« schrie er und suchte in seinen Taschen.
»Hallo!« rief Krag in scherzhaftem Ton und trat dicht auf ihn zu. »Wie Sie sehen, habe ich das kleine Ding rascher bei der Hand als Sie. Ich kann Ihnen versichern, daß alle Laufe geladen sind.«
»Was, zum Donnerwetter, soll das bedeuten?«
»Es soll bedeuten, daß Sie sich vollkommen ruhig zu verhalten haben, sonst schieße ich.«
»Sie schießen?«
»Ja. Ebenso ruhig und kaltblütig, wie Sie den armen Aakerholm erschossen haben. Mörder!«
Der Rotbart sank in einen Stuhl, sein Gesicht überzog sich mit einer fahlen Blässe.
»Was wollen Sie von mir?« fragte er.
»Das werden Sie bald erfahren. Seien Sie so freundlich und verschließen Sie die Tür, Frau Hjelm. Ich möchte nicht gestört werden, während ich mit dem Manne hier abrechne.«
XI
Ein gutgezielter Schlag.
Jim war sich nun darüber klar geworden, daß es dem anderen bitter ernst war, und er
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