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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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jedoch bald werden.
    Davids Ruf wurde besser und besser. Ungeachtet ei-
    niger Bedenken führte er eine Art >Kundendienst< ein.
    Systematisch informierte er die nahen Verwandten des
    >Operierten< über den Verwendungszweck von dessen
    Organen und gab ihnen damit gewissermaßen das Ge-
    fühl, es sei ihm gelungen, ihre Tochter oder ihren Ehe-
    mann zu neuem Leben zu erwecken und den Tod in
    gewisser Hinsicht zu umgehen. David verstand es, Nie-
    derlagen in Siege und Trauer in Hoffnung zu verwan-
    deln.
    Dieser wachsende Erfolg brachte Steve Odds ganz of-
    fensichtlich in Zorn. Der Krieg der Sammler war ange-
    sagt. Es wurde für David immer schwieriger, die fälligen
    Raten zu zahlen, die ihn gehörig schröpften.
    Zum ersten Mal seit dem Beginn ihrer Zusammenar-
    beit waren Toland und Roussel mit einer unglaublichen
    Situation konfrontiert: Es gelang ihnen nicht mehr, die
    entnommenen Organe zu verkaufen. Der Cherokee ra-
    ste von einer Klinik zur anderen, doch überall bekam
    David die gleiche abschlägige Antwort zu hören: »Tut
    uns leid, wir brauchen nichts.« Oder noch hinterlistiger:
    »Sie bieten uns nicht das an, was wir brauchen.« Da-
    vid mußte sich mit einigen Notfällen und seltenen Fäl-
    len von Übereinstimmung zufriedengeben. Ihr Team
    war von nun an dem Zufall ausgeliefert.
    Seltsamerweise hörte Odds genau zu dieser Zeit auf,
    David zu bedrängen. Das bittere Ende nahte, und das
    wußte er. Bald würde der Tag kommen, an dem David
    den Entschluß fassen müßte, einen Teil seiner Ausrü-
    stung zu verkaufen, um seine Schulden bezahlen zu
    können. Und da er dann noch weniger konkurrenzfähig
    wäre, würden seine finanziellen Probleme noch größer
    werden. Schon jetzt genoß Odds den Augenblick, wo
    der völlig ruinierte David Toland in sein Büro gekrochen
    käme und um einen Job in seiner Organisation betteln
    würde.
    Nach einer kurzen Unterbrechung fing es erneut an zu
    regnen. David öffnete das über zwei Aluminiumschie-
    nen gleitende große Fenster. Der Spalt war nicht einmal
    breit genug, um einen Menschen hindurchzulassen. In
    diesem Haus - wie in allen anderen neu errichteten
    Wohntürmen der Hauptstadt - befürchtete man
    Selbstmorde. Aber David hatte keineswegs die Absicht,
    seinem Leben ein Ende zu setzen. Er haßte ganz einfach
    nur die frische trockene Luft, die die Klimaanlage ins
    Zimmer blies. Er näherte sich dem Fenster, legte beide
    Hände auf die Scheibe und hielt das Gesicht unter die
    Regentropfen, die vom Metallbeschlag abprallten.
    In drei Tagen war die nächste Rate fällig. Er hatte kei-
    nen einzigen Pfennig mehr, und der Scanner meldete
    keinen einzigen Verkehrsunfall.
    Erneut schloß David das Fenster. Weiter unten brei-
    tete sich die graue verregnete Stadt aus. David kannte
    diese erstaunlichen Momente dumpfer Stille, diese paar
    Stunden vorübergehender Aufhellung, in denen sich
    die Menschheit gegen ihn zu verschwören schien, um
    nicht in seiner Reichweite sterben zu müssen.
    Überall warteten die Sammler, belauerten die Stadt
    wie Geier ...

    Erstes Kapitel
    Die Verbindung der westlichen Umgehungsstraße mit
    den Schnellstraßen entlang des Flusses stellte die Ver-
    antwortlichen dieses Straßensektors vor unlösbare Pro-
    bleme. Die Lösungen, die sie in Betracht zogen, stießen
    bei den Gemeindepolitikern stets auf heftigen Wider-
    stand. Die Umgehungsstraße müßte ihren Benutzern
    unbedingt einen direkten Zugang zu den Straßen ent-
    lang des Flusses, dem Verkehrskreuz, der Autobahn
    und sogar zu den Außenbezirken ermöglichen. Ein äu-
    ßerst gewagtes Projekt, das einer der Ingenieure schlicht
    als >psychotische Verbindung< bezeichnete. Von einigen Wortgefechten abgesehen, kam es allerdings nicht zum
    offenen Kampf zwischen den Spezialisten und Politi-
    kern. Die Umgehungsstraße sollte in der Nähe des Ver-
    kehrskreuzes enden. Über alles andere machte man sich
    keine großen Gedanken.
    Das Prinzip eines Engpasses wurde einstimmig ak-
    zeptiert. Ein Engpaß ermöglichte gleichzeitig eine Um-
    gehung des stark abschüssigen letzten Teilstücks und
    der überlasteten bereits vorhandenen Fahrbahnen. Eine
    Art Drehkreuz sollte alle verrückten Raser, denen die
    Geschwindigkeit zu Kopf stieg, daran hindern, wie ein
    Pfeil auf die ständig verstopfte Kreuzung zuzurennen.
    Um Platz zu gewinnen, konnte man weder die Seine
    zubetonieren noch die Wohntürme abreißen, die von
    nun an auf der anderen Seite der Fahrbahn emporrag-
    ten, sondern man mußte das

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