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Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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der Tür klopfte und Audrey eintrat.
    »Die Frühlingsrollen sind fertig und das Hauptgericht muss sowieso bis zur letzten Minute warten.« Audrey trug ihr glänzendes kastanienbraunes, beinah kupferfarbenes Haar wie üblich hochgesteckt. Ihre Augen waren haselnussbraun – und momentan zu schmalen, kritischen Schlitzen zusammengezogen. »Ein neuer Rock«, stellte sie fest. »Ein langer .«
    Jenny zuckte zusammen. Tom mochte sie in langen Röcken, vor allem in solchen weichen, fließenden. Audrey wusste das genau, und Jenny wusste, dass ihre Freundin es wusste. »Na und?«, fragte sie bissig.
    Audrey seufzte. »Verstehst du denn nicht? Du lässt tatsächlich zu, dass er sich deiner viel zu sicher wird.«
    »Audrey, bitte …«
    »Hör mir zu, ich kenne mich da aus. Männer sind in dieser Hinsicht nun mal komisch, n’est-ce pas? Und es ist einfach nicht gut, wenn sie sich zu sicher sind.«

    »Mach dich nicht lächerlich«, begann Jenny, dann brach sie ab. Aus irgendeinem Grund schlich sich für eine Sekunde der Junge aus dem Spieleladen in ihren Kopf. Augen so blau wie das Herz einer Flamme.
    »Ich meine es ernst«, sagte Audrey jetzt und legte den Kopf in den Nacken, um Jenny durch ihre stachligen pechschwarzen Wimpern anzusehen, die ihre ebenso stachligen kupferfarbenen Ponyfransen berührten. »Wenn ein Mann sich zu sicher fühlt, verlierst du seine Aufmerksamkeit. Er nimmt dich für selbstverständlich. Fängt an, andere Mädchen anzusehen. Du musst immer unberechenbar bleiben, damit er nie weiß, was du als Nächstes tun wirst.«
    »So wie du es mit Michael machst«, erwiderte Jenny geistesabwesend.
    »Oh, Michael.« Audrey machte eine abschätzige Geste und ihre perfekt lackierten Fingernägel blitzten auf. »Er ist nur der Platzhalter, bis ich mich entschieden habe, wer als Nächster dran ist. Ein – Lesezeichen. Aber merkst du, worauf ich hinauswill? Selbst Dee ist der Meinung, dass du Tom zu sehr nachgibst.«
    »Dee?« Jenny zog ironisch die Augenbrauen hoch. »Dee denkt, dass alle Männer verlogene Hunde sind. Zumindest als feste Freunde.«
    »Stimmt«, erwiderte Audrey. »Seltsam«, fügte sie nachdenklich hinzu, »dass sie in diesem Punkt so recht haben kann und in allen anderen so was von danebenliegt.«
    Jenny schnitt eine Grimasse. Dann sagte sie: »Weißt
du, Audrey, wenn du vielleicht versuchen würdest, als Erste …«
    »Hmm … vielleicht wenn der Teufel Schlittschuh läuft«, unterbrach Audrey sie.
    Jenny seufzte. Audrey war die Neue in ihrer Clique; sie war erst im vergangenen Jahr an die Vista-Grande-Highschool gekommen. Alle anderen kannten einander seit der Grundschule, Dee und Jenny am längsten von allen. Als Audrey auf der Bildfläche erschienen war, war Dee – nun ja, eifersüchtig geworden. Seitdem lagen die beiden im Dauerclinch.
    »Versucht wenigstens einfach, euch nicht gerade während der Party an die Gurgel zu gehen«, sagte Jenny. Sie nahm ihr Haar sorgfältig zurück – so wie Tom es mochte – und bändigte die seidige Fülle mit einem Gummiband.
    Dann lächelte sie Audrey an und fügte hinzu: »Komm, gehen wir wieder in die Küche.«
    Inzwischen waren Michael und Zach eingetroffen – zwei wie Nacht und Tag.
    Michael Cohen sah wie eine Art Teddybär aus, in seinen grauen, abgewetzten Jogginghosen und mit dem dunklen zerrauften Haar und dem treuen Hundeblick. Zach Taylor hatte helles Haar, das er zu einem lässigen Pferdeschwanz zusammengebunden trug, ein ausdrucksstarkes Gesicht mit einer gebogenen Nase und Augen so grau wie der Winterhimmel.
    »Was macht die Grippe?«, fragte Jenny und küsste Zachary auf die Wange. Da sie schon die ganze Woche über
seinen Viren ausgesetzt gewesen war, konnte sie das völlig gefahrlos tun. Abgesehen davon, dass er ihr Cousin war. Für einen kurzen Moment trat ein weicher Ausdruck in Zachs graue Augen, dann wurden sie wieder kühl. Jenny war sich nie ganz sicher, ob Zach sie mochte oder ob er sie – wie alle anderen – lediglich ertrug.
    »Hallo, Michael«, begrüßte sie den anderen Jungen mit einem Klaps anstelle eines Kusses. Er schenkte ihr einen Blick aus seinen feuchten Spanielaugen.
    »Weißt du«, bemerkte Michael, »manchmal mache ich mir echt Sorgen um uns, um unsere ganze ichbezogene Generation. Was tun wir denn eigentlich? Worauf können wir uns freuen, außer darauf, bessere Autos zu fahren als unsere Eltern? Ich meine, was ist denn der Sinn des Ganzen?«
    »Hallo, Mike«, sagte Audrey.
    »Hallo, du Licht meines

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