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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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zögerte, desto unbehaglicher wurde Iris zumute, denn diese Zurückhaltung konnte nur bedeuten, dass die Information von großer Tragweite war. Sonst wäre Bérengère sofort damit herausgerückt und hätte dabei über diesen vollkommen absurden Klatsch gelacht. Doch sie ließ sich Zeit.
    »Es heißt, Philippe hätte eine ernsthafte Affäre, eine … spezielle Affäre. Das hat mir Agnès heute Morgen erzählt.«
    »Diese falsche Schlange! Triffst du dich immer noch mit ihr?«
    »Sie ruft mich hin und wieder an …«
    Sie telefonierten jeden Morgen miteinander.
    »Aber du weißt ja … auf ihr Geschwätz darf man nichts geben.«
    »Wenn jemand gut informiert ist, dann sie.«
    »Und dürfte ich erfahren, mit wem sich Philippe vergnügt?«
    »Das ist ja das Problem …«
    »Es ist also schlimm?«
    Bérengères Gesicht zog sich zusammen wie das eines angewiderten Pekinesen.
    »So schlimm, dass …«
    Bérengère nickte.
    »Und deshalb bist du so nett, mich zu warnen …«
    »Früher oder später hättest du sowieso davon erfahren, und ich finde, es ist besser, wenn du darauf vorbereitet bist …«
    Iris verschränkte die Arme vor der Brust und wartete.
    »Die Rechnung, bitte«, wies sie den Kellner an, der gerade an ihrem Tisch vorbeikam.
    Sie würde sie einladen, hoheitsvoll und großmütig. Sie liebte die
eisige Eleganz André Chéniers, der die Stufen zum Schafott hinaufstieg und dabei die Seite des Buchs umknickte, das er gerade las.
    Sie bezahlte und wartete.
    Bérengère wand sich vor Verlegenheit. Am liebsten hätte sie ihre Worte wieder zurückgenommen. Sie ärgerte sich über sich selbst, weil sie sich zum Tratschen hatte hinreißen lassen. Ihr Vergnügen war von kurzer Dauer gewesen, und sie ahnte bereits, dass es lange dauern würde, den Schaden, den sie mit ihrer Enthüllung anrichtete, wiedergutzumachen. Es war stärker als sie: Sie musste einfach ihr Gift versprühen. Anderen Schmerz zuzufügen tat ihr gut. Manchmal nahm sie sich vor, zu widerstehen, nicht mehr zu lästern und ihre Zunge im Zaum zu halten. Doch ihr Widerstand hielt nie lange an. Sie war wie ein Taucher ohne Sauerstoffflasche. Sie hielt nie lange durch.
    »Oh, Iris, es tut mir so leid … Ich hätte nichts sagen sollen … Ich mache mir solche Vorwürfe.«
    »Glaubst du nicht, dass es dafür jetzt ein bisschen spät ist?«, erwiderte Iris eisig und sah auf ihre Uhr. »Es tut mir leid, aber wenn du noch lange um den heißen Brei herumredest, verpasse ich die Pointe. Ich muss gleich los.«
    »Also gut … Es heißt, er hat eine Affäre mit … einem … einem …«
    Verzweifelt starrte Bérengère sie an.
    »Einem … einem …«
    »Bérengère, hör auf zu stottern! Einem was?«
    »Einem jungen Anwalt, der bei ihm arbeitet…«, stieß Bérengère hastig hervor.
    Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann sah Iris Bérengère verächtlich an.
    »Das ist wirklich originell«, sagte sie betont unbeeindruckt. »Damit hatte ich nicht gerechnet … Danke, dass du mich nicht länger ahnungslos herumlaufen lässt.«
    Sie stand auf, nahm ihre Handtasche und zog ihre hauchdünnen rosa Handschuhe an. Sie schob jeden Finger einzeln hinein, als entspräche jede Bewegung einem Gedankenschritt, doch als ihr plötzlich einfiel, wer ihr die Handschuhe geschenkt hatte, zog sie sie wieder aus und legte sie vor Bérengère auf den Tisch.
    Und ging.
    Sie hatte weder den Buchstaben der Reihe noch die Nummer ihres Parkplatzes vergessen und glitt hinter das Steuer ihres Wagens. Dort blieb sie einen Moment sitzen. Mit geradem Rücken dank ihrer guten Erziehung, starr aus Stolz und reglos, weil sie wie gelähmt war von einem Schmerz, den sie noch nicht spürte, aber von dem sie ahnte, dass er bald über sie hereinbrechen würde. Sie litt nicht, sie war verstört. In tausend kleine Stücke zersplittert, als sei in ihrem Inneren eine Bombe explodiert. Zehn Minuten blieb sie sitzen, ohne sich zu rühren. Ohne nachzudenken. Ohne etwas zu fühlen. Sie fragte sich, was sie tatsächlich von dem Gerücht halten sollte, was sie tatsächlich empfand. Nach zehn Minuten bemerkte sie erstaunt, dass ihre Nase zitterte, ihre Lippen bebten und zwei große Tränen in den Winkeln ihrer großen blauen Augen perlten. Energisch wischte sie sie fort, schniefte einmal und drehte den Zündschlüssel.
     
    Marcel Grobz streckte den Arm quer übers Bett, um den Körper seiner Geliebten, die sich mit einem kräftigen Hüftschwung von ihm weggerollt hatte und ihm nun

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