Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)
Löffel. Diese waren besonders
begehrt unter den Teeliebhabern. Was Lin-Wu jedoch am allermeisten überraschte,
war die Tatsache, dass Mo-Ti sogar eine komplette Ausgabe des Buches „Cha
Ching“ besaß. Lin-Wu wusste nicht viel über den Inhalt, aber es stellte wohl
etwas wie ein Nachschlagewerk für Teeliebhaber dar, enthielt Informationen über
die Pflanzen an sich, das Sammeln der Blätter und ihre Behandlung. Mo-Ti musste
eine Menge Geld für dieses dreiteilige Nachschlagewerk von Lu Yu gezahlt haben.
Dieser chinesische Gelehrte galt bereits jetzt als großer Teemeister und hatte
sein Wissen vor mehr als zweihundert Jahren niedergeschrieben. Es gab nicht
viele Kopien und Lin-Wu erkannte, dass es eine noch größere Ehre für ihn
darstellte, gerade hier zum Tee geladen zu sein. Er spürte eine leise
Vorfreude, denn er hatte das Gefühl, sein Leben in eine neue Bahn lenken zu
können, wenn er sich geschickt anstellte.
Seng Mo-Ti hatte sich schließlich zu ihm gesellt
und nach einer angemessenen Verbeugung sofort mit der Teezeremonie begonnen:
Auf einem der dunkelglasierten Porzellanteller lagen mehrere Teekugeln. Lin-Wu
wusste, dass die Teeblätter nach dem Pflücken kurz gedämpft und noch warm zu
einer Kugel gepresst wurden, um schließlich zu trocknen; so blieb die grüne
Farbe erhalten. Eine solche Kugel nahm Mo-Ti nun und legte sie in einen kleinen
Mörser. Hochkonzentriert zerrieb er mit gleichmäßigen Bewegungen den kleinen
Teeball zu feinem Pulver; dieses ließ er in eine Schale rieseln. Dann griff er
zu einem kunstvoll gespleißten Stück Bambus und begann das Ganze, unter Zugabe
von heißem Wasser, schaumig zu schlagen. Das Ergebnis war eine jadefarbige,
intensiv grüne und undurchsichtige Flüssigkeit, die Mo-Ti schließlich in kleine
Tassen goss. Feierlich reichte er Lin-Wu einen der Porzellanbecher.
„Ich danke Euch für die Ehre, Euer Gast sein zu dürfen…“,
sagte Lin-Wu, während er den Becher mit einer kleinen Verbeugung entgegennahm,
„…und mit Euch diesen herrlichen Tee zu trinken.“ Er hob den Becher in Richtung
Mo-Ti und dieser verneigte sich zum Dank für das Kompliment. Dann schlürften
beide ihren Tee. Lin-Wu wusste, dass es zum guten Ton gehörte, den Tee geräuschvoll
durch die Zähne zu ziehen und er bemerkte, wie glücklich sein Gastgeber war,
dass er – der Gast – dem Tee alle Ehre zukommen ließ.
Als die Becher leer waren, stellten sie sie auf
das Tablett zwischen ihnen.
Mo-Ti betrachtete Lin-Wu kurz und faltete
schließlich seine Hände. „Jin Lin-Wu. Es freut mich, Euch mitzuteilen, dass
unser Kaiser Shenzong positiv auf Euch aufmerksam geworden ist. Er zeigt sich
erfreut über Euer Bestreben, in gerechter Weise zu walten und weiß Eure
Loyalität zu schätzen.“
Lin-Wu verstand diese Anspielung sehr wohl und freute
sich einmal mehr, ein rechtschaffener Beamter zu sein. Oft genug war es ein
beschwerlicher Weg, ehrlich und korrekt zu sein.
„Auf Euch wartet eine neue Aufgabe“, fuhr Mo-Ti
fort. „Qing braucht einen neuen Gouverneur und unser Kaiser ist so großzügig,
Euch diese Aufgabe zu übertragen.“
Lin-Wu bebte innerlich vor Aufregung. Das hatte er
sich schon immer gewünscht. Als Gouverneur würde er viel mehr ausrichten
können! „Ich danke dem Kaiser für dieses mir entgegengebrachte Vertrauen und
ich zeige mich dankbar, indem ich dieses Angebot sofort annehme.“ Lin-Wu
verbeugte sich.
Mo-Ti wies auf den Tee. „Wollt Ihr noch einen Schluck?“
Lin-Wu verbeugte sich erneut und nickte.
Mo-Ti nahm eine weitere Kugel und begann von neuem
mit der Zubereitung des Tees.
Nach dem zweiten Becher sah der Hofbeamte seinen
Gast prüfend an. „Ihr habt eine Tochter, nicht wahr?“
„Ja. Sie zählt allerdings noch nicht einmal
dreizehn Sommer.“
„Am Palast gibt es viele Töchter der Gouverneure.
Vielleicht würde es Eurer Tochter dort gefallen?“
Lin-Wu schluckte. Er konnte sich vorstellen, wie
wenig erbaut seine Frau darüber sein würde, ihre Tochter wegzugeben. Bislang
hatte sie eisern die Meinung vertreten, Min-Tao solle sich ihren Mann selbst
aussuchen und er hatte sie darin unterstützt; abgesehen davon war noch niemand
auf seine Tochter aufmerksam geworden… Doch er hatte die körperlichen
Veränderungen in Min-Tao gesehen und gewusst, dass es über kurz oder lang zur
Sprache kommen würde. Aber schon so bald – und dann von Seiten des kaiserlichen
Hofes?
Lin-Wu begann zu schwitzen. Wenn er jetzt seine
Tochter an den kaiserlichen Palast
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