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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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schloss sich die Tür und wir standen im
Dunkeln.
     
    Nach einigen Augenblicken hatten sich meine Augen
an den geschlossenen Raum gewöhnt und ich sah einen riesigen Saal, an dessen
Ende sich ein auf drei Stufen stehender Thron befand.
    Darauf saß ein alter Mann.
    Das war doch nicht etwa Kaiser Shenzong? Ich hatte
ihn mir viel jünger vorgestellt! Das Bild des liebevollen jungen Mannes in
meiner Phantasie platzte mit all meinen Träumen, die ich in den letzten Wochen
aufgebaut hatte.
    Der Mann hatte einen Spitz- und einen Schnurrbart,
das Gesicht war rund, so als hätte er jahrelang zu viel gegessen. Er war in
einen roten Umhang gekleidet, der bis zum Boden reichte, allerdings blitzten
unter dem Überrock schwarze Schuhe wie Schiffchen hervor. Der Ärmelsaum war
golden, das Unterkleid strahlend weiß. Shenzong verbarg seine Hände. Auf dem
Kopf trug er einen schwarzen Hut mit zwei gestärkten Stoffstangen am Hutrand,
die waagrecht jeweils etwa drei Handbreit nach rechts und links vom Kopf
abstanden. Ob der Kaiser damit seine Untertanen auf Abstand halten wollte? Ich
musste bei diesem Gedanken kichern, spürte allerdings sofort einen Stoß in
meinem Rücken. Vater fand den Anblick des Kaisers wohl nicht so witzig wie ich.
Also riss ich mich zusammen und ging weiter auf den Kaiser zu. Als ich mich in
relativer Nähe befand – relativ, da sich keiner auf weniger als fünfzig
Schritte nähern durfte – sah ich, dass Shenzong doch noch sehr jung war, wenn
auch wesentlich älter als ich. Er blickte mich interessiert an und ich kam mir
mittlerweile ziemlich lächerlich vor, mir Sorgen um meine Füße gemacht
zu haben!
     
    Vater verneigte sich tief.
    Der Kaiser lächelte und hob die rechte Hand.
    Da richtete sich Vater wieder auf und wir
lauschten den Worten Shenzongs.
    „Ich freue mich, dass Ihr wohlerhalten in meinem Palast
angekommen seid und heiße Euch herzlich willkommen.“
    Mit einer Handbewegung erteilte der Kaiser Vater
das Wort, der einen Schritt vor trat und zu einer kleinen Ansprache ansetzte.
    „Von allen geehrter Kaiser aus langer Tradition.
Zuallererst lasst mich noch einmal meine herzlichsten Glückwünsche zu Eurem
Geburtstag vor einem Vollmond überbringen. Ich, Jin Lin-Wu, Gouverneur vom
fernen Qing, fühle mich zutiefst geehrt, Euch die Aufwartung machen zu
dürfen...“
     
    Hier würde Vater mich also alleine zurücklassen.
Interessiert sah ich mich um. Seitlich des Thronpodestes standen viele Männer
in schwarzen Umhängen, die ebenso dunkle Hüte trugen wie der Kaiser, allerdings
ohne das „kaiserliche Gestänge“; das mussten die Minister des Kaisers sein.
    Alles wirkte sehr düster; nur wenig Licht fiel in
den Saal. Lediglich über dem Thron befand sich eine Öffnung nach draußen, so
dass Shenzong in einen Lichtkegel getaucht war, was ihm den Anschein gab,
golden zu leuchten. Durch diese Lichtsäule verstärkte sich die Dunkelheit um
den Kaiser nur noch mehr, aber ich glaubte, eine Gruppe von Frauen hinter dem
Thronpodest zu erkennen.
     
    Wie aus der Ferne nahm ich wahr, dass Shenzong etwas
sagte, denn aus der Gruppe, die ich gerade beobachtete, trat eine Frau heraus
und ging auf mich zu.
    „Das ist Cheng-Si, die Hausmutter meiner Frauen.“
    Shenzong wies mit einer großzügigen Geste auf die
Frau, die sich nun vor mir verbeugte. Ich verbeugte mich ebenfalls und
konzentrierte mich wieder auf das eigentliche Geschehen. Aus dem Hintergrund
kamen zwei Diener: Der eine trug einen Teller mit dampfendem Reis, der andere
eine leere goldene Schale. Shenzong nickte mit dem Kopf und der eine Diener gab
von seinem Teller ein paar Löffel Reis in die Schale. Der zweite Diener hielt
die Schale anschließend in Richtung des Kaisers und verbeugte sich dreimal
tief, die Schale weit von sich gestreckt. Als er sich wieder aufgerichtet
hatte, nickte Shenzong ihm erneut zu. Der Diener mit der Schale wandte sich
daraufhin mir zu und überreichte mir das goldene Gefäß.
    Was sollte ich jetzt damit machen?
    Ich wollte gerade ansetzen, mit den Fingern ein
wenig Reis zu nehmen, als die Frau neben mir ein kleines Räuspern von sich gab.
    Also nicht essen?
    Cheng-Si zog ihre Augenbrauen etwas in die Höhe
und deutete mit den Augen auf Vater.
    Der hatte sich mir schon zugewandt und streckte
mir die Hände entgegen.
    Da begriff ich: Ich sollte ihm offenbar die Schale
geben. Also legte ich die goldene Schale in Vaters Hände; der sah hinein, roch
daran, aß etwas davon und hielt die Schale schließlich in Richtung

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