Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)
schickte, kam dies nicht einer Bestechung
gleich? Auf der anderen Seite war für seine Tochter gesorgt…
Mo-Ti beobachtete seinen Gast und erkannte dessen
inneren Konflikt. Er hatte schon viel von Lin-Wu und seinem Hang zur
Unbestechlichkeit gehört und war gespannt auf dessen Reaktion.
Das Schweigen wurde langsam peinlich und Lin-Wu
wusste, dass er eine Antwort geben musste. Als Gouverneur kann ich viel mehr
bewirken, dachte er und war sich zudem sicher, dass man ihm das Amt angeboten
hatte, weil er gut war und nicht, weil er eine schöne Tochter hatte. Er spürte
den Blick seines Gastgebers, entschied spontan und stellte schließlich laut
fest: „Ich freue mich, dass die Zukunft meiner Tochter gesichert ist.“ Letzte
Zweifel schluckte er hinunter.
Mo-Ti nickte zufrieden. „Es wird Eurer Tochter
gefallen. Bringt sie im Sommer nach Dongjing.“
Lin-Wu verneigte sich zum Dank.
Min-Tao würde heiraten müssen – so oder so. Das
konnte er nicht verhindern. Aber er konnte es ihr so angenehm wie möglich
machen. Er wollte, wie seine Frau, das Beste für die einzige Tochter, das
einzige Kind, das sie beide hatten. Was konnte es besseres geben als ein Leben
am kaiserlichen Hof?
Doch Zhousheng hatte anders reagiert und ihm
seither keine Ruhe mehr gelassen.
Weit entfernt hörte er ihre Stimme…
„Also?“
„Also, was?“
Zhousheng presste die Lippen aufeinander. „Du hast
überhaupt nicht zugehört!“
Lin-Wu wandte ihr sein Gesicht zu. „Morgen sage
ich es ihr. Versprochen.“
***
Gestern hatte ich die beiden erneut heftig
streiten gehört und fragte mich, welche Sorgen die beiden wohl hatten. Meine
Eltern kannte ich nur als liebevolles Paar, das in trauter Zweisamkeit lebte.
Ich war, was unüblich war, das einzige Kind und deshalb auch ihr Ein und Alles.
Aber seit Vaters Beförderung im Herbst zum Gouverneur, war die Stimmung
zwischen meinen Eltern nicht mehr die liebevolle, die ich gewohnt war.
Zweifellos war etwas Gravierendes geschehen. Ich spürte, dass Vater etwas mit
sich herumtrug und spürte ebenfalls, dass es etwas sein musste, mit dem Mutter
nicht einverstanden war.
Nachdem ich an der Seite des Tisches Platz
genommen hatte, sah ich meine Eltern an. In unserer kleinen Runde herrschte
Schweigen. Ich sah, wie Mutter sich die Handkante rieb und verstohlen zu Vater
hinüber blickte. Dieser wiederum blickte nicht von seiner Schale auf und blieb
stumm.
Als das Schweigen unerträglich zu werden schien,
gab ich mir einen Ruck.
„Verehrter Vater“, ergriff ich ungefragt das Wort.
„Ich sehe Euch an, dass Ihr Sorgen habt. Vielleicht wollt Ihr mir sagen, was
Euch bedrückt.“ Ich hatte all meinen Mut zusammen genommen, diese Frage zu
stellen, aber nach all den Nächten, die die beiden nun schon stritten, konnte
ich es nicht mehr ertragen.
Vater sah mich lange an, ließ den Blick zu Mutter
schweifen, die ihn mit angespannten Mundwinkeln anstarrte, wandte sich wieder
mir zu und seufzte.
Dann erfuhr ich von meinem Schicksal.
„Mein liebes Kind“, sagte er, während er
krampfhaft ein Lächeln auflegte. „Du wirst dich sicherlich gefreut haben, dass
ich in meiner Beamtenlaufbahn aufgestiegen bin.“
Ich nickte.
„Auf diese Weise kann ich viel mehr bewirken und habe
schon vieles zum Wohle meines Bezirks geändert“, erklärte er weiter. „Die
Schlichter sind gerechter, es gibt mehr Arbeit und viele haben ein richtiges
Dach über dem Kopf.“ Dann zeigte er in einer ausladenden Geste auf den Raum.
„Sieh her, wir wohnen auch in einem größeren Haus... Und deine Mutter hat einen
größeren Haushalt“, fügte er, wie zur Erklärung, hinzu.
Sie sieht seitdem nicht unbedingt glücklicher aus,
dachte ich, schwieg aber.
„Für dich wird sich bald etwas Neues, etwas
Großartiges ergeben.“ Seine Augen wurden ganz groß, als erzählte er mir ein
Märchen.
Neugierig machte er mich alle Mal…
„Der Kaiser unterstützt meine Visionen“, sagte er
und richtete sich schließlich zu voller Größe auf. „Und zum Dank für meine
treuen Dienste hat er sich bereit erklärt, dich am kaiserlichen Hof in Dongjing
aufzunehmen...“
Ab diesem Zeitpunkt hörte ich nicht mehr zu.
Das war es also gewesen! Ich würde in einen Palast
ziehen, weit weg von meinem Elternhaus. Und niemand hatte mir etwas gesagt,
geschweige denn mich vorher gefragt. Widerworte hätten nichts gebracht, das
wusste ich; also schwieg ich und sah zu Boden.
Irgendwann drangen Vaters Worte wieder zu mir
durch; er war
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