DIE GELIEBTE DES MILLIARDAERS
guten Zucht bist. Dass deine Eltern wohlhabend sind und gute Beziehungen haben, du selbst jedoch finanziell nicht unabhängig bist. Zweifellos bist du auf einem der Topinternate des Landes gewesen. Kurzum, du glaubst, einen Anspruch auf das Allerbeste von allem zu haben. Und du bist überzeugt, jenen Menschen überlegen zu sein, die nicht so privilegiert sind wie du. Du erwartest eine Reise erster Klasse durchs Leben, die am besten jemand anders bezahlt. Du bist eine Frau, die nur nimmt, andere beständig ausnutzt und hinter dem Geld der Männer her ist.“
„Und du bist ein voreingenommener, schlecht informierter Frauenfeind“, schleuderte Carly ihm entgegen, bevor sie wegging.
Allein in ihrem Zimmer, konnte Carly das Zittern nicht mehr unterdrücken, und sie musste sich an einer Stuhllehne festhalten, um nicht zu stürzen. Eines Tages würde sie vielleicht ironisch oder sogar belustigt auf diese Szene zurückblicken können, auf Ricardo und das, was er ihr gerade alles an den Kopf geworfen hatte. Weil er sich so atemberaubend in ihr irrte.
Fürs Erste durfte sie ihm immerhin dankbar sein, dass er jedes zaghafte Gefühl in ihr gründlich zerstört hatte. Noch vor einer Stunde hätte sie in Gefahr geraten können, sich in ihn zu verlieben. Zumindest war sie davor jetzt sicher.
Am liebsten würde sie die Villa sofort verlassen. Aber sie musste an Lucy und die Agentur denken. Was immer auch passiert sein mochte: Ricardo war ein potenzieller Kunde und musste höflich behandelt werden.
Trotzdem würde Carly lieber nackt herumlaufen, als ihn um irgendeinen Fetzen zum Anziehen zu bitten. Und sie würde eher sterben, als ihm zu zeigen, wie sehr er sie verletzt hatte.
Ständig hatte er behauptet, er wisse, was sie sei. Doch in Wirklichkeit kannte er sie überhaupt nicht.
5. KAPITEL
Von der Reling aus beobachtete Carly, wie die Köche auf dem Kai die angelieferten Waren durchzählten. Es war elf Uhr vormittags, und sie war seit halb sechs auf den Beinen. Zum Glück hatte sie einen Taxifahrer überreden können, sie trotz der frühen Stunde von der Villa abzuholen. Zuerst war sie mit dem Floristen Jeff und seinem Team zum Blumenmarkt gefahren, um die schönsten und frischesten Blumen für die Party zu kaufen, danach hatte sie die beiden Köche begleitet, um mit ihnen die frischen Produkte zu besorgen, die sie für das Büfett benötigten.
Sie gab sich große Mühe, nicht ständig auf den hellen Streifen Haut an ihrem Handgelenk zu sehen. Wie sehr sie die Armbanduhr von Cartier geliebt hatte! Nicht wegen ihres Geldwerts, sondern weil sie ihr so viel bedeutet und für sie so viel repräsentiert hatte. Der Besitzer der kleinen Pfandleihe hatte weder Neugier noch Überraschung gezeigt, als Carly ihm für ein Bündel Banknoten und einen Pfandschein ihre Uhr überreicht hatte. Sobald sie wieder zu Hause war, wollte sie einen Kredit aufnehmen, damit sie die Uhr zurückkaufen und eine kleine Bargeldreserve anlegen konnte. Mochte ihr der Gedanke, Schulden zu haben, auch noch so verhasst sein, es war die einzige Möglichkeit.
Nun hoffte sie inständig, sich eine Stunde freimachen zu können, um die gestohlenen Sachen zu ersetzen. Was nicht einfach sein würde. Für die Events brauchte sie Designeroutfits, für die vermutlich nicht einmal das Geld reichen würde, das sie für ihre Armbanduhr bekommen hatte.
Zum Glück hatte sie auf dem Rückweg vom Blumenmarkt einen Laden für Urlaubskleidung entdeckt und sich eine Caprihose und zwei T-Shirts gekauft. Einen BH und mehrere schlichte Slips hatte sie in einem kleinen Wäschegeschäft besorgt.
Der Hafen war voller großer, weißer Luxusyachten, aber diejenige, auf der die Prêt a Party stattfinden sollte, war zweifellos die teuerste und eleganteste.
Mariella D’ Argents persönliche Assistentin Sarah hatte Carly überall herumgeführt und ihr angeboten, sich in ihrer Kabine umzuziehen. Und sie hatte Carlys getragene Sachen in die Wäscherei der Yacht gebracht und versprochen, dass Carly sie vor dem Abend zurückbekommen würde.
„Schade, dass wir nicht dieselbe Größe haben, sonst hätte ich Ihnen für die Party etwas leihen können“, sagte Sarah mitleidig, als Carly ihr erzählte, was mit ihrem Koffer passiert war. „Aber Mariella ist nur ein bisschen größer als Sie…“
„Und sehr viel dünner“, warf Carly lachend ein.
Vor ihrer Heirat mit einem Finanzier war ihre Kundin Mariella D’ Argent eines der bekanntesten und bestbezahlten Models der Welt gewesen.
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