DIE GELIEBTE DES MILLIARDAERS
fragte Carly schockiert. „Hältst du das wirklich für klug?“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass es unsere Kunden stört, einen Milliardär als zusätzlichen Gast zu haben“, verteidigte sich Lucy. „Wie dem auch sei, Nick hat bereits sein Okay gegeben. Und es wäre am besten, wenn du ihn begleitest, Carly.“
„ Ich?“
„Eine von uns muss ihn begleiten. Außerdem …“ Unsicher biss Lucy sich auf die Lippe. „Hör zu, fass das jetzt bitte nicht falsch auf, aber ich denke, du hast mehr mit ihm gemeinsam als Jules und ich. Mit dir wird er sich wohler fühlen.“
Es dauerte einen Moment, bis Carly begriff. Dann brannte ihr Gesicht. „Ich verstehe. Weil er ein Selfmademan ist. Er kommt nicht aus der Oberschicht und…“
„Ach, Quatsch! Ich wusste, du würdest es falsch auffassen.“ Lucy stöhnte. „Ja, es stimmt, er hat sich vom armen Schlucker zum Milliardär hochgearbeitet, Carly. Aber das habe ich nicht gemeint! Es hat nichts, aber auch gar nichts mit der Gesellschaftsschicht zu tun. Ich möchte, dass du ihn begleitest, weil du einen besseren Eindruck auf ihn machen wirst als Jules oder ich. Denn anscheinend mag er all die Sachen, die du gern magst: Bücher, Museen, Kunstgalerien. Und es ist schrecklich wichtig, dass wir einen guten Eindruck machen und den Auftrag bekommen.“ Sie zögerte einen Moment. „Ich wollte euch das eigentlich nicht erzählen … Aber es läuft nicht mehr so gut bei uns. Wir hatten Anfang des Jahres diesen Lagerhausbrand, bei dem viel zerstört worden ist, und…“
„Aber wir waren versichert!“ protestierte Carly.
Betreten schüttelte Lucy den Kopf. „Nein, waren wir nicht. Nick fand die Prämien zu hoch und hat mich gebeten, nicht mehr zu zahlen, bis er sich über andere Versicherer informiert hat. Ich dachte, er hätte uns längst bei einer neuen Gesellschaft versichert, aber das habe ich wohl falsch verstanden. Und weil ich die Prämien nicht mehr bezahlt habe, ist unser Versicherungsanspruch erloschen.“
Lucy sah angespannt und verlegen aus. Versuchte sie, Nick zu schützen, indem sie seine Nachlässigkeit auf sich nahm? Insgeheim sagte sich Carly, dass sie dem potenziellen neuen Kunden dankbar sein sollte. Zumindest würde er sie eine Zeit lang von ihren Sorgen wegen Nicks Umgang mit dem Firmenkonto ablenken. Da Lucy sehr deutlich gemacht hatte, dass ihr Mann unbeschränkte Vollmacht über ihr Konto hatte und Geld abheben konnte, wann immer er wollte, konnte Carly nichts machen. Erst vor ein paar Tagen hatte Nick seine immer höher werdenden Abbuchungen mit einem Schulterzucken abgetan und lässig erklärt, dass ein mögliches Defizit aus Lucys Treuhandvermögen gedeckt werden würde.
„Sie werden in wenigen Minuten hier sein. Ich hoffe wirklich, wir bekommen den Auftrag.“ Lucy gähnte. „Ich bin sooo müde, und heute Abend haben wir zu allem Überfluss auch noch ein Familienessen. Was ist mit euch? Habt ihr etwas vor?“
„Nur meinen Literaturkurs“, erwiderte Carly.
„Ich verstehe nicht, warum du da noch immer hingehst“, sagte Jules.
Dabei war sie es gewesen, die vorgeschlagen hatte, an dem Kurs teilzunehmen – wahrscheinlich weil sie damals gerade in einen aufstrebenden Romanschriftsteller verliebt gewesen war. Doch schon nach einigen Wochen war es wieder aus gewesen, und Jules hatte lange Urlaub genommen und ihre Schwester in Australien besucht. Seitdem ging Carly allein zu den wöchentlichen Treffen.
„Tja…“
„Worüber sollt ihr denn heute schreiben?“ Bei der Erinnerung an einen ihrer gemeinsamen Abende in dem Klub schüttelte sich Jules. „Nicht wieder über Abfall, oder?“
„Nein. Über Fantasiesex.“
„Du meinst, ihr sollt euch Sexszenen ausdenken?“ Lucy lachte. „Warum denn das?“
„Professor Elseworth will, dass wir unsere schöpferische Fantasie spielen lassen und in eine neue Dimension überführen.“
„Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass du über Sex schreibst, Carly“, sagte Jules. „Du tust es doch überhaupt nicht, stimmt’s?“
„Ich tue es nicht und werde es auch nicht tun, bis ich einen Mann finde, mit dem es sich lohnt!“
„Okay, damit habe ich kein Problem. Aber wie in aller Welt willst du über Sex schreiben, wenn …?“
Carly warf ihrer Freundin einen vernichtenden Blick zu. „Ich werde eben meine Fantasie spielen lassen. Darum geht es schließlich bei der Aufgabe.“
„Na klar!“
„Keine Gespräche über Sex während der Arbeitszeit“, mahnte Lucy
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