Die Geliebte des Rebellen
gegenüber, um seinen Reichtum ständig zu vermehren.
“Die Königin schätzt meine Meinung”, erklärte er überheblich. “Tatsächlich halte ich mich auf ausdrücklichen Wunsch Ihrer Majestät in Irland auf. Ich soll herausfinden, ob es hier wirklich ein Problem gibt.”
“Oh, ich kann Euch versichern, dass das Problem existiert.” Lord Davis, der neben der Gastgeberin saß, sprach mit gedämpfter Stimme. “Und es wird täglich bedrohlicher. Hat jemand etwas von dem verwundeten irischen Kämpfer gehört, den sie den ‘Blackhearted O’Neil’ nennen?” Er warf einen fragenden Blick in die Runde.
Wie erstarrt saß AnnaClaire da und wagte kaum zu atmen.
Lord Dunstan schnaubte verächtlich. “Kämpfer? Ich würde ihn eher einen Wirrkopf nennen. Soweit ich es beurteilen kann, ist er nicht mehr als ein ungehobelter Bauer, der eine kleine Bande von Strolchen anführt in der Hoffnung, dadurch für die Einheimischen so etwas wie ein Held zu werden.”
“Nun, ich habe diesen Bauern, wie Ihr ihn nennt, und einige seiner Mitstreiter mit eigenen Augen kämpfen sehen”, erklärte Lord Davis. “Es gelang ihnen, eine Übermacht englischer Soldaten in die Flucht zu schlagen.” Der betagte Gentleman hielt seinen Weinkelch einem Diener hin, den dieser beflissen füllte.
“Denkt an meine Worte, Dunstan”, fuhr er dann fort. “Dieser Mann ist in der Lage, einen Kessel voll unterschwellig brodelnder Gefühle zum Überkochen zu bringen. Ein Eiferer ist gefährlich, denn er spricht die Massen an. Ich befürchte, dass Ihre Majestät sich schon bald mit der Notwendigkeit konfrontiert sehen wird, einen Krieg zu führen, der den englischen Goldsäckel empfindlich treffen wird.”
“Krieg?” wiederholte Dunstan ungläubig. “Nie im Leben. Königin Elizabeth hat geschworen, dass es dazu nie kommen wird. Schon gar nicht gegen diese Barbaren.” Er warf den Kopf zurück und lachte verächtlich auf. Nach und nach stimmten seine Zuhörer ein.
“Ihre Majestät ist keine Närrin”, erklärte er schließlich, nachdem er einen Schluck Wein getrunken hatte. “Sollte dieser ungebildete Kerl es tatsächlich wagen, unsere englischen Landsleute hier ernsthaft herauszufordern, wird unsere Königin einfach ein Regiment unserer besten Soldaten nach Irland schicken. Glaubt mir, Lord Davis, unsere Männer würden jede Rebellion dieses Packs in kürzester Zeit niederkämpfen.”
In dem Schweigen, das seinen Worten folgte, wandte sich Lord Dunstan wieder AnnaClaire zu. “Mylady, Ihr seid sehr still geworden. Hat dieses Gerede über Krieg Eure empfindsame Natur verletzt?”
“Gewissermaßen.” Sie fühlte sich äußerst unbehaglich, als sie so unvermutet Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit war.
“AnnaClaire, meine Liebe, verzeih mir.” Lord Davis schob seinen Stuhl zurück und stellte sich neben sie. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. “Wie rücksichtslos von mir, dieses Thema zur Sprache zu bringen, nachdem du doch gestern an den Docks Augenzeugin des blutigen Kampfes werden musstest, von dem heute ganz Dublin spricht. Möchtest du vielleicht jetzt lieber nach Hause fahren?” An die Tafelrunde gerichtet, fügte er hinzu: “Ich bin sicher, dass dieses Erlebnis für AnnaClaire grauenvoll war.”
Diese war froh, einen Vorwand für ihren vorzeitigen Aufbruch zu haben. “Ja, danke. Ich würde mich in der Tat am liebsten zurückziehen.”
“Du liebe Güte”, ließ sich Lady Thornly vernehmen. “Das tut mir sehr leid. Ich hatte gehofft, dass du uns etwas länger mit deiner Anwesenheit erfreuen würdest. Lord Dunstan hat so schrecklich wenig Zeit, bevor er zurück nach London reisen muss.”
“Es wäre mir eine Ehre und ein Vergnügen dazu, Charles und AnnaClaire nach Hause zu begleiten”, versicherte Lord Dunstan galant.
AnnaClaire lag eine Ablehnung auf der Zunge, doch sie wusste nicht, wie sie sich dem Angebot des Engländers widersetzen sollte, ohne unhöflich zu erscheinen.
Und so kam es, dass sich AnnaClaire kurze Zeit später in Gesellschaft von Lord Davis, dem langjährigen Freund ihrer Familie, und dem jungen Lord Dunstan, dessen Arroganz ihr ebenso zuwider war wie seine zweideutigen Bemerkungen, in der zweispännigen Kutsche fand.
“Könnt Ihr schon absehen, wie lange Ihr in Irland bleiben werdet?” erkundigte sich Lord Davis.
“Ursprünglich hatte ich gehofft, meine Anwesenheit hier auf wenige Tage beschränken zu können”, erwiderte Lord Dunstan und wandte sich lächelnd an AnnaClaire,
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