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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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enttäuscht. »Ihr Vater, der Reverend, wußte darüber gut Bescheid, natürlich nur inoffiziell. Vielleicht hat er Ihnen nichts davon erzählt, weil er es nicht ganz ernst nahm.«
    Roger kratzte sich am Kopf. »Nein, daran kann ich mich nicht erinnern. Wahrscheinlich haben Sie recht, und er hat es nicht ernst genommen.«
    »Nun, ich weiß nicht, was ich davon halten soll.« Sie schlug die Beine übereinander, und ein Sonnenstrahl, der das seidige Gewebe ihrer Strümpfe aufschimmern ließ, betonte ihre schlanken Glieder.
    »Als ich damals mit Frank hier war - und das ist jetzt dreiundzwanzig Jahre her -, hat der Reverend von einer Gruppe neuzeitlicher Druidinnen erzählt, wie Sie sie wohl nennen würden. Natürlich habe ich keine Ahnung, ob sie echt waren; wohl eher nicht.« Brianna beugte sich interessiert vor.
    »Offiziell durfte sie der Reverend nicht zur Kenntnis nehmen - heidnische Bräuche, Sie wissen ja -, doch da seine Haushälterin, Mrs. Graham, zu der Gruppe gehörte, bekam er immer wieder Wind von ihren Aktivitäten. Und einmal gab er Frank den Hinweis, daß sie zu Beltene - dem Maifest - im Morgengrauen eine Zeremonie abhalten wollten.«
    Nur mit Mühe konnte sich Roger an die Vorstellung gewöhnen, daß die ehrwürdige Mrs. Graham bei Morgengrauen um einen Steinkreis tanzte.
    »Auf einer Bergkuppe in der Nähe gibt es einen Steinkreis. Wir sind noch vor Morgengrauen dorthin gegangen und haben sie heimlich beobachtet«, erklärte Claire und zuckte entschuldigend die Achseln. »Sie wissen ja selbst, wie Wissenschaftler sind; wenn es um ihr Thema geht, kennen sie keine Skrupel, geschweige denn gesellschaftliches Feingefühl.« Roger zuckte leicht zusammen, doch er mußte ihr recht geben.
    »Da haben wir sie dann gesehen«, fuhr Claire fort, »und Mrs. Graham mitten unter ihnen. Sie waren in weiße Bettücher gehüllt,
sangen magische Formeln und tanzten im Steinkreis einen Reigen. Frank war fasziniert«, ergänzte sie mit einem Lächeln. »Aber es war auch wirklich eindrucksvoll, selbst für mich.«
    Sie hielt inne und blickte Roger forschend an.
    »Wie ich gehört habe, ist Mrs. Graham vor ein paar Jahren gestorben. Wissen Sie, ob sie Angehörige hat? Angeblich wird die Zugehörigkeit zu solch einer Gruppe oft vererbt. Hat sie eine Tochter oder eine Enkeltochter, die mir etwas darüber erzählen könnte?«
    »Tja...« Roger zögerte. »Da ist Fiona, ihre Enkelin. Fiona Graham. Nach dem Tod ihrer Großmutter ist sie hier beim Reverend als Haushälterin eingesprungen. Er war zu alt, um den Haushalt allein bewältigen zu können.«
    Wenn die Vorstellung von Mrs. Graham im Bettuch von etwas übertroffen werden konnte, dann von dem Gedanken, daß die neunzehnjährige Fiona als Hüterin uralten mystischen Wissens fungierte.
    »Im Augenblick ist sie nicht hier. Aber ich könnte für Sie Erkundigungen einziehen.«
    Claire hob abwinkend die schlanke Hand. »Bemühen Sie sich nicht. Das können wir später immer noch tun. Wir haben Ihnen schon zuviel von ihrer Zeit geraubt.«
    Zu Rogers Leidwesen setzte sie ihr leeres Glas auf dem Couchtisch ab, und Brianna stellte ihr volles mit, wie ihm schien, großer Eilfertigkeit daneben. Roger sah, daß sie an den Nägeln kaute, und dieser kleine Hinweis auf Unvollkommenheit gab ihm den Mut, den nächsten Vorstoß zu wagen. Sie faszinierte ihn, und ohne die Gewißheit, daß er sie wiedersehen würde, wollte er sie nicht gehen lassen.
    »Apropos Steinkreise«, sagte er rasch. »Ich glaube, ich weiß, welchen Sie meinen. Er ist recht malerisch und nicht weit von der Stadt entfernt.« Er lächelte Brianna Randall an und registrierte dabei die drei kleinen Sommersprossen auf ihrer Wange. »Vielleicht sollte ich die Recherche mit einem Ausflug nach Broch Tuarach beginnen. Da es in derselben Richtung liegt wie der Steinkreis, könnte ich... o je!«
    Mit einem heftigen Schwung ihrer Handtasche hatte Claire Randall die beiden Whiskygläser vom Tisch gefegt, und nun waren Rogers Hosenbeine mit Malt Whisky und einer beträchtlichen Menge Soda getränkt.

    »Tut mir schrecklich leid«, entschuldigte sie sich verlegen. Trotz Rogers Protest begann sie, die Glasscherben vom Boden zu sammeln.
    Brianna eilte ihr mit einer Handvoll Leinenservietten, die sie rasch von der Anrichte genommen hatte, zu Hilfe. »Ich verstehe nicht, warum sie dich Operationen durchführen lassen, Mutter«, schimpfte sie. »Sieh mal, seine Schuhe sind ganz naß.« Sie kniete sich auf den Boden und wischte Whisky und

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