Die Geschichte der Deutschen
Freyjas Sohn Balder.
Die Germanen, davon spricht nicht nur Tacitus, trinken heftig, berauschen sich an ihrem Honigwein, genannt Met, und schrecken im Kampf vor nichts zurück. Ihre Frauen feuern hinter den Schlachtlinien die Krieger lauthals an, den Feind ohne Gnade niederzumetzeln. Für die arroganten Römer sind die aggressiven Germanen Barbaren, also rohe, ungesittete Menschen. Sie beziehen sich dabei auf einen Begriff, mit dem die Griechen einst alle nicht-griechischen Völker belegt haben. Sicher, wenn die germanischen Krieger die Siedlungen ihrer Nachbarstämme erobern, verschleppen sie die besiegten Männer als Sklaven, die Frauen werden vergewaltigt, Kinder und Alte erschlagen. Aber viel anders verhalten sich die römischen Eroberer auf ihren Feldzügen auch nicht. Überlegen sind sie den »barbarischen« Völkern und Stämmen allerdings in ihren zivilisatorischen Errungenschaften. Städtebau, Wohn- und Lebenskultur, die Künste – da geht es in Rom anders zu als in den germanischen Wäldern. Doch trotz dieser Unterschiede gilt für die gesamte Antike: Wer überleben will, muss stark und wehrhaft sein. Was die Deutschen (und nicht nur sie) noch 2 000 Jahre später zeitweise die primitive Schlussfolgerung ziehen lassen wird, auch in zivilisierten, von der Natur längst nicht mehr so bedrohten modernen Gesellschaften gelte dieses Gesetz.
Vieles aus der kultischen und begrifflichen Welt der Germanen hat sich bis |20| heute gehalten. Die Sonnenwendfeiern der Skandinavier oder die Erntefeste der Bauern, auch einige Namen unserer Wochentage leiten sich aus der germanischen Götterwelt her. So steckt im Freitag der Name der Fruchtbarkeitsgöttin Freyja, Donnerstag weist auf den Wettergott Thor oder Donar hin und Sonntag erinnert an den Tag, den die Germanen der Sonne geweiht haben.
Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. dringen germanische Stämme bis an die Weichsel, die obere Elbe, die Donau und den Rhein vor. Sie erreichen damit auch keltische Siedlungsgebiete. Die römischen Legionäre, kriegserfahren und gut gerüstet, beschleicht Schrecken und Furcht, wenn die wilden, ihre Streitäxte mit Gebrüll schwingenden germanischen Krieger aus den Wäldern hervorbrechen und über sie herfallen. Schon 113 v. Chr. ziehen die Volksstämme der Kimbern und Teutonen über die Grenzen des Römischen Reiches und schlagen dessen Heere in mehreren Schlachten. Erst zwölf Jahre nach dem Beginn ihres Kriegszuges werden sie in Oberitalien vernichtend besiegt. Dieser lange und zeitweise erfolgreiche Feldzug germanischer Stämme auf römischem Territorium bleibt ein unvergessener Schrecken für Roms Eliten.
Völlig erobert haben die Römer Germanien nie. Cäsar kann in einem achtjährigen Krieg die benachbarten keltischen Gallier (sie leben im heutigen Frankreich und Belgien und feiern als Asterix und Obelix in unseren Tagen ihre ruhmvolle Wiederauferstehung) unterwerfen. Sein Adoptivsohn, Kaiser Augustus, stärkt die römische Position an der Rheingrenze, um den Beutezügen germanischer Stämme nach Gallien entgegenzutreten. 74 n. Chr. beginnen die römischen Besatzer den Limes zu bauen, einen 6 Meter breiten Grenzgraben, hinter dem ein Palisadenwall errichtet wird. Noch heute kann der Wanderer in den Taunuswäldern die Überreste dieser Verteidigungslinie entdecken, die das Römische Reich vom »freien« (unbesetzten) Germanien trennt. Die beiden germanischen Provinzen (mit den Hauptorten Mainz und Köln), die die Römer hinter dem Limeswall gründen, können sie über Jahrhunderte halten. Trier wird im 3. Jahrhundert sogar zum römischen Kaisersitz und damit zur Metropole des Weströmischen Reiches.
Armin der Cherusker (16 v. Chr. – 21 n. Chr.)
Er ist der erste große Held der Deutschen gewesen, jubeln die Nationalisten, als sie im 19. Jahrhundert die politische Einheit ihres Volkes fordern. Mit seinem Sieg über die Legionen des römischen Statthalters Varus beim Teutoburger Wald, im fernen Norden Germaniens, habe dieser Recke in frühester Zeit den Selbstbehauptungswillen |21| der Deutschen bewiesen, und dieses Ereignis zeige, dass die Geschichte der Deutschen so alt sei wie die Geschichte der Römer. Eine hübsche Legende ist dies, mehr nicht.
Armin (Arminius) ist Stammesführer der germanischen Cherusker und gehört zu einem der vornehmen Adelsgeschlechter seines Volkes. Die Cherusker sind Verbündete der Römer und Armin besitzt das römische Bürgerrecht. Er dient als Offizier im römischen Heer. Sein Bruder Flavus
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