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Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.

Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.

Titel: Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ronald Reuel Tolkien
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prächtige Erbschaft zufallen. Ohne das Böse im Norden wird er zu großem Reichtum gelangen und der mächtigste König der Menschen werden, den es je gegeben hat.«
    »Húrin Thalion«, sagte Morwen, »das ist der Unterschied zwischen uns beiden: Du hast den Blick in ferne Höhen gerichtet, während ich tief zu fallen fürchte.«
    »Das brauchst du nicht zu befürchten, selbst wenn es zum Schlimmsten kommt«, sagte Húrin.
    Als Túrin in der Nacht im Halbschlaf lag, kam es ihm vor, als stünden seine Eltern neben seinem Bett und blickten im Licht der Kerzen, die sie hielten, auf ihn herab; doch ihre Gesichter konnte er nicht erkennen.
    Am Morgen von Túrins Geburtstag überreichte Húrin seinem Sohn ein Geschenk, ein Elbenmesser, dessen Griff und Scheide silbern und schwarz waren, und er sagte: »Erbe des Hauses Hador, hier ist ein Geburtstagsgeschenk. Aber gib darauf Acht! Es ist eine scharfe Klinge, und Stahl ist nur denen von Nutzen, die damit umgehen können. Er ist ebenso imstande, die eigene Hand zu verletzen, wie irgendetwas anderes.« Damit setzte er Túrin auf einen Tisch, küsste ihn und sagte: »Du überragst mich schon, Sohn Morwens. Bald wirst du auf eigenen Füßen so groß sein wie ich. An dem Tag werden viele deine Klinge fürchten.«
    Darauf rannte Túrin aus dem Zimmer und lief allein fort, und er verspürte in seinem Herzen eine Glut gleich der Sonnenwärme, die in der kalten Erde alles zum Wachsen bringt. Er wiederholte in Gedanken die Worte seines Vaters: Erbe des Hauses Hador. Aber auch andere Worte kamen ihm inden Sinn: Sei stets freigiebig, doch verschenke nur, was dir gehört! Also lief er zu Labadal und rief: »Labadal, es ist mein Geburtstag, der Geburtstag des Erben des Hauses Hador! Ich habe dir ein Geschenk gebracht zur Erinnerung an diesen Tag. Hier ist ein Messer, gerade so eines, wie du es brauchst. Es schneidet alles, was du willst, haarfein.«
    Doch Sador runzelte die Stirn; denn er wusste, dass Túrin an diesem Tag das Messer selbst zum Geschenk bekommen hatte. Es galt aber unter Menschen als kränkend, ein aus freiem Willen gegebenes Geschenk zurückzuweisen, aus welcher Hand es auch kam. Deshalb sagte er ernst zu Túrin: »Du entstammst einer großherzigen Familie, Túrin, Sohn Húrins, und ich habe nichts getan, was dein Geschenk aufwiegen könnte. Ich kann auch nicht hoffen, es in den Tagen, die mir verbleiben, besser zu machen. Aber was in meiner Macht steht, werde ich tun.« Als Sador das Messer aus der Scheide zog, sagte er: »Das ist wahrlich ein Geschenk: ein Dolch aus Elbenstahl. Ich hatte schon fast vergessen, wie so etwas sich anfühlt.«
    Húrin bemerkte bald, dass Túrin das Messer nicht trug, und fragte ihn, ob seine Warnung ihm Angst gemacht hätte. Túrin antwortete darauf: »Nein. Aber ich habe es Sador, dem Holzschnitzer, gegeben.«
    »Schätzt du das Geschenk deines Vaters so gering?«, fragte Morwen, und Túrin sagte: »Nein, aber ich habe Sador gern, und er tut mir leid.«
    Darauf sagte Húrin: »Es gehörte alles dir, Túrin, was du verschenkt hast: Liebe und Mitleid, und das Messer ist dabei das wenigste.«
    »Allerdings bezweifle ich, ob Sador dieses Geschenk verdient«, sagte Morwen. »Er ist durch eigene Ungeschicklichkeit verkrüppelt, und er kommt seinen Pflichten nur schleppend nach, weil er viel Zeit auf überflüssige und nebensächliche Dinge verschwendet.«
    »Sei nachsichtig mit ihm«, entgegnete Húrin. »Eine ehrliche Hand und ein aufrichtiges Herz können irren, und eine solche Verletzung ist schwerer zu ertragen als eine Kampfeswunde.«
    »Aber jetzt musst du dich mit einer zweiten Klinge gedulden«, versetzte Morwen, »damit das Geschenk auch ein wahres Geschenk ist und einen Verlust für dich bedeutet.«
    Aber es entging Túrin nicht, dass Sador von da an freundlicher behandelt wurde und nun den Auftrag erhielt, einen großen Sessel anzufertigen, auf dem der Hausherr in seiner Halle sitzen sollte.
    Es war an einem strahlenden Morgen des Monats Lothron, als Túrin von plötzlichem Hörnerschall geweckt wurde. Als er zur Tür rannte, sah er im Hof ein großes Gedränge von Männern zu Fuß und zu Pferde und in voller Kriegsrüstung. Auch Húrin stand dort, und er sprach zu den Männern und erteilte Befehle; und Túrin erfuhr, dass sie heute nach Barad Eithel aufbrechen würden. Diese Männer waren Húrins Leibgarde und sein Gefolge, doch alle verfügbaren Männer des Landes waren aufgeboten. Einige waren bereits mit Huor, dem Bruder seines

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