Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.
Verbindung mit der Geschichte Túrins liegt hierbei in den Brüdern Húrin, dem Vater Túrins, und Huor, dem Vater Tuors. Húrin und Huor gelangten in ihrer Jugend in die Elbenstadt Gondolin, die in einem Ring von hohen Bergen verborgen lag, wie in Die Kinder Húrins (S. 37–40) berichtet wird; und später, in der Schlacht der Ungezählten Tränen, begegneten sie Turgon, dem König von Gondolin, erneut, und er sagte zu ihnen (S. 61): »Nicht lange nun kann Gondolin verborgen bleiben; und ist es einmal entdeckt, so muss es fallen.« Und Huor antwortete: »Doch wenn es nur noch eine kurze Weile steht, dann wird aus deinem Hause die Hoffnung der Elben und der Menschen kommen. Dies sag ich dir, Herr, mit dem Weitblick des Todgeweihten: Auch wenn wir hier für immer scheiden und ich deine weißen Mauern nicht mehr schauen werde, so soll doch aus dir und aus mir ein neuer Stern aufgehen.«
Diese Prophezeiung erfüllte sich, als Tuor, Túrins Vetter, nach Gondolin kam und Idril, Turgons Tochter, zur Frau nahm; denn ihr Sohn war Earendil: der »neue Stern«, die »Hoffnung der Elben und der Menschen«, der den Untergang Gondolins überlebte. In der Prosa-Fassung von The Fall of Gondolin , mit der mein Vater wahrscheinlich 1951 begann, wird geschildert, wie Tuor zusammen mit dem Elben Voronwe, der ihn geleitete, nach Gondolin zog. Unterwegs, allein in der Wildnis, hörten sie einen Schrei in den Wäldern:
Während sie warteten, kam jemand durch die Bäume näher, und sie sahen, dass es ein großer Mann war. Er war bewaffnet, schwarz gekleidet, hatte ein langes Schwert gezogen, und sie wunderten sich, dass dessen Blatt schwarz war, die Kanten aber hell und kalt funkelten.
Dies war Túrin, der von der Plünderung Nargothronds forteilte (S. 194). Tuor und Voronwe sprachen ihn aber nicht an, als er vorüberzog, und »sie wussten nicht, dass Nargothrond gefallen und dass sie Túrin, den Sohn Húrins, gesehen hatten, den Träger des Schwarzen Schwertes. Auf diese Weise kreuzten sich für einen Augenblick und niemals wieder die Wege der Blutsverwandten Túrin und Tuor.«
In der neuen Geschichte von Gondolin brachte mein Vater Tuor an die hohe Stätte in den Umzingelnden Bergen, von wo das Auge weit über die Ebene zur Verborgenen Stadt blicken konnte. Dort hielt er leider inne und schrieb nie weiter. So erreichte mein Vater mit dem Fall von Gondolin wieder nicht sein Ziel, und wir kennen weder Nargothrond noch Gondolin aus seiner späteren Sicht.
An anderer Stelle habe ich geschrieben: »Mit der Vollendung des großen ›Zwischenspiels‹ und dem Ende des Herrn der Ringe kehrte er, so scheint es, zu den Ältesten Tagen zurück, mit dem Wunsch, das in einem größeren Maßstab wieder aufzunehmen, was lange zuvor im Buch der Verschollenen Geschichten seinen Anfang genommen hatte. Die Vollendung der Quenta Silmarillion blieb ein Ziel; doch die Weiterentwicklung der ›großen Geschichten‹ von ihren ursprünglichen Formen, woraus deren spätere Kapitel abgeleitet werden sollten , kam nie zustande.« Diese Bemerkungen treffen auch auf die »große Geschichte« Die Kinder Húrins zu. Doch in diesem Fall erreichte mein Vater viel mehr, auch wenn es ihm nie gelang, einen wesentlichen Teil der späteren und erheblich erweiterten Fassung in eine endgültige und abgerundete Form zu bringen.
Zur gleichen Zeit, als er sich wieder dem Lay of Leithian und dem Fall von Gondolin zuwandte, nahm er auch die Arbeit an Die Kinder Húrins wieder auf, und zwar nicht mit Túrins Kindheit, sondern mit dem späteren Teil der Geschichte, dem Höhepunkt seiner tragischen Geschichte nach der Zerstörung von Nargothrond. Dies ist der Text in diesem Buch vom Kapitel Die Rückkehr Túrins nach Dor-lómin bis zu Túrins Tod. Warum mein Vater so vorgegangen ist, im Gegensatz zu seiner üblichen Arbeitsweise, wieder beim Anfang zu beginnen, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber in diesem Fall hinterließ er unter seinen Manuskripten auch eine Fülle von späteren, undatierten Texten, die sich mit der Geschichte von Túrins Geburt bis zur Plünderung von Nargothrond befassten, mit einer stärkeren Ausarbeitung der alten Fassungen und Erweiterungen gegenüber der bislang bekannten Erzählung.
Der überwiegende Teil der Entstehung dieses Werks, wenn nicht alles davon, gehört in die Zeit nach der Veröffentlichung des Herrn der Ringe . In diesen Jahren wurde Die Kinder Húrins für meinen Vater die vorrangige Geschichte aus den Ältesten Tagen, und über eine
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