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Die Geschichte des Chevalier des Grieux und der Manon Lescaut - Roman

Die Geschichte des Chevalier des Grieux und der Manon Lescaut - Roman

Titel: Die Geschichte des Chevalier des Grieux und der Manon Lescaut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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die die meinen beständig umklammert hielten, verrieten mir, dass das Ende ihres Elends nahte.
    Verlangen Sie nicht von mir, meine Empfindungen zu schildern und Ihnen ihre letzten Worte wiederzugeben. Sie lag im Sterben; noch in dem Augenblick, da sie ihr Leben aushauchte, empfing ich Zeichen ihrer Liebe. Das ist alles, was von diesem schicksalhaften und beklagenswerten Geschehen Ihnen zu berichten ich die Kraft habe.
    Meine Seele folgte der ihren nicht nach. Zweifellos befand der Himmel, ich sei noch nicht streng genug gestraft. Es war sein Wille, dass mein Leben sich seither kraftlos und elend dahinschleppt. Ich entsage aus freien Stücken und für immer einem glücklicheren Dasein.
    Ich harrte mehr als vierundzwanzig Stunden bei ihr aus, den Mund auf Antlitz und Hände meiner teuren Manon gepresst. Meine Absicht war, so zu sterben; doch als der zweite Tag anbrach, überkam mich der Gedanke, dass ihr Leib nach meinem Hinscheiden schutzlos den wilden Tieren zum Fraß ausgeliefert wäre. Ich fasste den Entschluss, sie zu bestatten und auf ihrem Grab den Tod zu erwarten. Ich war meinem eigenen Ende schon so nahe, war vor Hunger und Schmerz so geschwächt, dass es mir erhebliche Mühe bereitete, mich auf den Beinen zu halten. Ich musste zu dem Branntwein greifen, den ich mitgebracht hatte. Er gab mir die Kraft, die ich für das traurige Amt brauchte, dessen zu walten ich mich anschickte.
    An der Stelle, wo ich mich befand, fiel es mir nicht schwer, die Erde auszuheben. Es war ein von Sand bedeckter Landstrich. Ich zerbrach meinen Degen, um ihn zum Graben zu benutzen, doch leistete er mir schlechtere Dienste als meine Hände. Ich hob eine breite Grube aus. Dort hinein legte ich die Göttin meines Herzens, nicht ohne sie behutsam mit all meiner Bekleidung zu umhüllen, um zu vermeiden, dass der Sand sie berühre. Doch ehe ich sie so versorgte, küsste ich sie tausendfach mit der ganzen Glut lauterster Liebe. Ich ließ mich dicht bei ihr nieder. Ich betrachtete sie lange Zeit. Ich konnte mich nicht überwinden, das Grab zu schließen. Endlich, da meine Kräfte wieder zu schwinden begannen und ich fürchtete, sie könnten mich gänzlich verlassen, noch ehe ich mein Werk vollendet hätte, bestattete ich das vollkommenste und liebenswerteste Wesen, das je auf Erden wandelte, auf ewig im Schoß derselben. Sodann legte ich mich auf dem Grab nieder, das Gesicht dem Sand zugewandt, und als ich die Augen geschlossen hatte, um sie niemals wieder zu öffnen, flehte ich den Himmel um Hilfe an und erwartete ungeduldig meinen Tod.
    Es wird Ihnen schwerfallen zu glauben, dass, während ich meines trostlosen Amtes waltete, nicht eine Träne aus meinen Augen floss noch ein einziger Seufzer aus meinem Mund drang. Die tiefe Erschütterung, die ich verspürte, und meine feste Absicht zu sterben hatten jeglichem Ausdruck der Verzweiflung und des Schmerzes den Weg versperrt. Zudem verblieb ich nicht lange in dieser Lage auf dem Grab, ohne das wenige an Bewusstsein und Empfindung zu verlieren, das mir geblieben war.
    Nach allem, was Sie bislang vernommen haben, ist der Schluss meiner Geschichte von so geringer Bedeutung, dass es der Mühe nicht lohnt, die es Sie kostet, wollten Sie ihn sich noch anhören. Nachdem Synnelets Leib in die Stadt gebracht worden und seine Wunden sorgfältig untersucht worden waren, stellte sich heraus, dass er keineswegs tot war, ja, er hatte nicht einmal eine gefährliche Verwundung davongetragen. Er berichtete seinem Onkel, wie sich die Dinge zwischen ihm und mir zugetragen hatten, und noch auf der Stelle bewies er die Großmut, offen zu erklären, was er der meinen zu verdanken hatte. Man wollte mich holen lassen, doch aus meiner und Manons Abwesenheit schloss man, dass wir die Flucht ergriffen hatten. Es war zu spät, um jemanden auf unsere Spur zu setzen; doch den nächsten und den übernächsten Tag wandte man auf meine Verfolgung. Man fand mich ohne Lebenszeichen auf Manons Grab, und da die Leute, die mich in diesem Zustand entdeckten, sahen, dass ich beinahe nackt war und aus meiner Wunde blutete, hatten sie keinen Zweifel, dass ich einem Raub- und Mordanschlag zum Opfer gefallen sei. Sie trugen mich in die Stadt. Die Bewegungen dabei ließen mich wieder erwachen. Aus den Seufzern, die ich von mir gab, als ich die Augen öffnete und beklagte, dass ich noch immer unter den Lebenden weilte, schloss man, dass mir noch geholfen werden konnte. Das geschah denn auch, mit allzu gutem Erfolg. Es verhinderte nicht,

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