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Die Gesellschaft des Abendsterns

Die Gesellschaft des Abendsterns

Titel: Die Gesellschaft des Abendsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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KAPITEL 1
Der neue Schüler
    K endra drängte sich zusammen mit den anderen Achtklässlern ins Klassenzimmer und ging zu ihrem Pult. Gleich würde das Klingeln den Anfang der letzten Schulwoche einläuten. Eine letzte Woche noch, dann würde sie die Mittelschule für immer hinter sich lassen und als Erstklässlerin auf der Highschool anfangen, zusammen mit Kindern von den beiden anderen Junior Highs.
    Vor einem Jahr hatte das viel aufregender geklungen, als es das jetzt tat. Seit der vierten Klasse hatte Kendra das Etikett »Streberin« angehaftet, und den Neuanfang auf der Highschool hatte sie als ihre Chance gesehen, das Image der ruhigen, fleißigen Schülerin loszuwerden. Aber das letzte Jahr war wie eine Wiedergeburt für sie gewesen. Erstaunlich, wie schnell ein wenig Selbstbewusstsein und eine größere Offenheit ihr Ansehen und ihren Status verbessert hatten. Kendra sehnte sich nicht mehr so verzweifelt nach einem Neuanfang, wie sie das zuvor getan hatte.
    Alyssa Carter setzte sich an das Pult neben ihrem. »Ich habe gehört, dass wir heute die Jahrbücher bekommen«, sagte sie. Sie war schlank und trug ihr blondes Haar kurz geschnitten. Sie beide hatten sich erst wirklich kennengelernt, nachdem Kendra im September in die Fußballmannschaft aufgenommen worden war.
    »Toll, auf meinem Foto sehe ich aus, als hätte jemand mich hypnotisiert«, stöhnte Kendra.

    »Dein Foto ist super. Erinnerst du dich an meins? Meine Zahnspange ist darauf so groß wie ein Gartenzaun.«
    »Wie bitte? Sie ist kaum zu erkennen.«
    Es klingelte. Die meisten Kinder saßen auf ihren Plätzen. Mrs. Price betrat den Raum in Begleitung des entstelltesten Schülers, den Kendra je gesehen hatte. Der Junge hatte einen kahlen, schuppigen Schädel und ein Gesicht wie eine aufgeplatzte Kartoffel. Seine Augen waren runzelige Schlitze, seine Nase eine verformte Höhle, sein Mund lippenlos und schorfig. Mit knorrigen Fingern, an denen ganze Knoten von Warzen wucherten, kratzte er sich am Arm.
    Seine Kleidung allerdings ging voll in Ordnung: schwarzrotes Hemd, Jeans und modische Tennisschuhe. Der hässliche Junge stand neben Mrs. Price vor der Klasse, während sie ihn vorstellte.
    »Ich möchte euch mit Casey Hancock bekannt machen. Seine Familie ist gerade von Kalifornien hierhergezogen. Es ist nicht einfach, so spät im Jahr auf einer neuen Schule anzufangen, also heißt ihn bitte herzlich willkommen.«
    »Nennt mich einfach Case«, sagte der Junge heiser. Seine Stimme klang, als wäre er dem Ersticken nahe.
    »Na, sieh mal einer an!«, murmelte Alyssa.
    »Ja, wirklich«, flüsterte Kendra zurück. Der arme Junge konnte kaum als Mensch durchgehen. Mrs. Price führte ihn zu einem Pult vorn in der Klasse. Cremefarbener Eiter sickerte aus zahlreichen offenen Stellen an seinem verschorften Hinterkopf.
    »Ich glaube, ich bin verliebt«, meinte Alyssa.
    »Sei nicht so gemein«, murmelte Kendra.
    »Was? Ich meine es ernst. Findest du ihn nicht süß?«
    Alyssa wirkte so aufrichtig, dass Kendra ein Lächeln unterdrücken musste. »Das ist einfach grausam.«

    »Bist du blind? Er ist umwerfend!« Alyssa klang ehrlich gekränkt, dass Kendra ihr nicht zustimmte.
    »Wenn du es sagst«, erwiderte Kendra beschwichtigend. »Er ist einfach nicht mein Typ.«
    Alyssa schüttelte den Kopf, als wäre Kendra verrückt. »Du musst das wählerischste Mädchen auf dem Planeten sein.«
    Die morgendliche Ansage dröhnte aus dem Lautsprecher. Case unterhielt sich mit Jonathon White. Jonathon lächelte, er lachte sogar. Das war seltsam  – Jonathon war ein Mistkerl, nicht der Typ Junge, der sich mit einem Zirkusfreak anfreundete. Kendra bemerkte, dass Jenna Chamberlain und Karen Summers Blicke tauschten und miteinander tuschelten, als fänden auch sie Case attraktiv. Sie und Alyssa schienen es ernst zu meinen. Als Kendra ihren Blick durch den Raum wandern ließ, sah sie keinen einzigen Schüler, den Caseys Äußeres abzustoßen schien.
    Was war hier los? Niemand, der so unheimlich aussah, konnte ein Klassenzimmer betreten, ohne dass die Schüler sich zumindest wunderten.
    Und plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
    Casey Hancock sah auf so unmenschliche Weise missgebildet und grauenvoll aus, weil er kein Mensch war. Er musste ein Goblin-Kobold sein, der für alle anderen wie ein normales Kind aussah. Einzig Kendra war in der Lage, seine wahre Gestalt zu sehen  – eine Fähigkeit, die sie den magischen Küssen von Hunderten von menschengroßen Feen

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