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Die Gezeiten von Kregen

Die Gezeiten von Kregen

Titel: Die Gezeiten von Kregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burt Akers
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bekannten schwarzen Umriß vor der mondschimmernden See. Jubel stieg in mir auf. Bald, sehr bald schon würde ich Delia wieder in den Armen halten, und sie würde mich an sich drücken ...
    Ich steuerte den Voller geradewegs auf das riesige Felstor zu, das die Zufahrt zum inneren Hafen bildete. Wo früher viele Lichter gebrannt hatten, das Leuchtfeuer an der Einfahrt und viele Lichterketten entlang der Felsbögen, schimmerte nur da und dort eine Lampe.
    Es ist eine durchaus übliche Reaktion, daß ein Mensch bei der Rückkehr an einen altvertrauten Ort den Eindruck hat, die Gebäude seien irgendwie viel kleiner als in der Erinnerung, die er jahrelang mit sich herumgetragen hatte. In Valka war mir das nicht aufgefallen und auch nicht in Felteraz, das ohnehin eine sehr kleine Festung war. Hier aber erneuerte sich mein Erstaunen über die gewaltigen Dimensionen der Anlage. Unter mir bewegte sich leicht das Wasser, pechschwarz, durchzogen von den Spiegelungen der Laternen. Auf dem Dock eine Fackelgruppe. Ich landete sanft, stand auf, streckte mich und hob ein Bein über die Bordwand.
    »Keine Bewegung! Erkläre dich, oder du wirst von Pfeilen durchbohrt!«
    »Ich bin Dray Prescot, Krozair von Zy!«
    Diese Worte hier sagen zu können, hier im Herzen aller Dinge, die den Orden von Zy so großartig machten, erfüllte mich mit einem angenehmen, schwindelerregenden Gefühl der Heimkehr.
    »Steig aus deiner Flugmaschine, Dray Prescot. Laß die Hände von den Waffen, wenn dir dein Leben lieb ist.«
    Das hieß die Vorsicht etwas weit treiben. Dennoch gehorchte ich. Immerhin war Wachsamkeit ein Teil der Krozair-Maximen. Ich verließ den Voller und wandte mich zu der Gruppe der Männer um, die sich über das Dock näherte.
    Sie trugen weiße Mäntel über Kettenhemden. Auf den Mänteln schimmerte das mir bekannte Symbol, der rote Kreis um das nabenlose Speichenrad. Ich sah die Gesichter, mahagonibraun von der Sonne und vom Wind des Meeres, unterstrichen durch arrogant gezwirbelte Schnurrbärte. Ja, das waren meine Krozairbrüder.
    In meiner vornehmen vallianischen Lederkleidung kam ich mir irgendwie seltsam vor, wie ein Fremder. Gewiß, ich trug ein Langschwert, aber keine echte Krozairwaffe, von einem Meisterschmied auf Zy hergestellt. Aus Gewohnheit schwangen an meiner Hüfte außerdem Rapier und Main-Gauche. Ich trat einen Schritt vor, und prompt wurde ein Dutzend Langschwerter gezogen und auf meine Brust gerichtet.
    »Lahal, meine Brüder!« rief ich besänftigend. »Lahal und Lahal, im Namen Zairs!«
    »Für dich gibt es hier kein Lahal, Dray Prescot«, sagte ein Krozairbruder, ein Abt. »Du bist ausgestoßen! Du bist nicht mehr Pur Dray, Krozair von Zy.«
    Ich starrte ihn an. Seine Worte ergaben keinen Sinn.
    »Du bist ausgestoßen, Dray Prescot. Du bist weniger als nichts. Apushniad, Geächteter, Verräter, Leemkopf! Du bist kein Krozair von Zy mehr!«

11
     
     
    Apushniad!
    Das war ein fürchterliches Wort für einen Krozair. Verräter! Verstoßener!
    Aus dem Orden ausgeschlossen.
    Ein Mann, dem die Freundschaft verwehrt wurde, ein Mann, verachtet von allen, die einmal seine Kameraden gewesen waren.
    Ich, Dray Prescot, war zum Apushniad erklärt worden!
    Ich stand im Saal des Urteils. Es war nur ein kleiner Raum für etwa zweihundert Krozairs, die in mehreren Bankreihen vor den Mauern saßen, darüber zahlreiche Banner im Lampenschein, eine schimmernde Masse aus Gold und Rot. Klein war der Saal des Urteils, aus dem Gestein Zys herausgehauen. Klein, weil er so selten gebraucht wurde. Vor langer Zeit hatte ich einmal der rituellen Verbannung eines Krozairbruders beigewohnt. Der Mann war eines Verbrechens angeklagt, das kein Krozair begehen konnte, ohne seine Zugehörigkeit zum Orden zu verlieren. Die Zeremonie hatte damals einen tiefen Eindruck auf mich gemacht. Ich wußte also, was mich erwartete.
    Man hatte mir einen weißen Mantel umgehängt, und auf meiner Brust schimmerte das große Symbol des Ordens. An meiner Hüfte hing ein Langschwert in seiner Scheide. Es war kein echtes Krozair-Langschwert, sondern meine Waffe, die Naghan die Mücke mit meiner Hilfe in Valka hergestellt hatte. Ich stand vor meinen Richtern und erinnerte mich nicht mehr, wie ich hierhergekommen war, wie man mich angekleidet hatte, was geschehen war, seit ich die schrecklichen Worte zum erstenmal gehört hatte.
    Wenn ich sage, daß ich mich nicht erinnere, was in den Tagen und Nächten geschah, so scheint mir das kein Wunder zu sein. Das Entsetzen

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