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Die Gezeiten von Kregen

Die Gezeiten von Kregen

Titel: Die Gezeiten von Kregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burt Akers
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benehmen. Kannst du mir verzeihen?« Ich hätte mir am liebsten auf die Zunge gebissen, weil ich »meine« Delia gesagt hatte. Offenbar konnte ich diesem Mädchen nur Kummer bereiten – und sie wirkte tatsächlich noch sehr mädchenhaft, obwohl sie schon lange als Witwe lebte. Zum Glück verkniff ich Onker mir im letzten Augenblick die Frage, warum sie nicht wieder geheiratet hatte.
    Wir traten ins Freie und näherten uns dem Flugboot. Mayfwy sagte, Delia habe ihr angekündigt, sie wolle direkt zur Festung von Zy fliegen. Sie hatte Mayfwy nicht anvertraut, warum sie nach zwanzig Jahren zum Auge der Welt zurückgekehrt war. Aber Mayfwy bestätigte Panshis Geschichte, indem sie sagte, daß Delia sehr traurig gewirkt hätte.
    Ich konnte meine Ungeduld nicht länger zügeln.
    »Delia ritt einen Sectrix«, fuhr Mayfwy fort. Zögernd berührte sie die Leder- und Leinenbespannung des Vollers. »Du benutzt dieses großartige Ding?«
    »Wenn Delia vor einem Jahr hier durchgekommen ist und mit dem Schiff nach Zy gefahren ist, hole ich sie mit einem Voller um so schneller ein.«
    »Voller? Ach, das fliegende Boot.«
    »Ja.«
    »Gibt es in der Welt draußen viele von diesen – Vollern? In der Welt von Vallia und Valka, von Djanduin und Strombor?«
    »Ja.«
    »Es muß dort herrlich sein!«
    »Ja – aber in vieler Hinsicht ist es nicht so schön wie am Auge der Welt.«
    »Aber wir haben durchaus unsere Sorgen. Ich mache mir Sorgen um Zorg und Zarga. Die schrecklichen Grünen bestürmen uns immer mehr. Wir sind ziemlich in Bedrängnis, mein Lord von Strombor.«
    Sie berichtete mit leiser Stimme, daß die Zairer in letzter Zeit so manche Schlacht verloren hatten; zwar ließen sich die Ruderer der Grodnim noch in Schach halten, aber dafür stürmten die Armeen der Grünen unaufhaltsam von Sieg zu Sieg. Mayfwys Sohn Zorg befuhr die Meere und war mit seinem Boot ein erfolgreicher Schiffs-Einzelkämpfer – der Gedanke daran brachte mein Blut in Wallung! –, das Heilige Sanurkazz aber schien in Apathie versunken zu sein und erwartete sein Ende. Das konnte ich kaum glauben. Als ich diese Gegend verließ, waren die Zairer unter dem Kommando meines Freundes Pur Zenkiren aus Sanurkazz im Begriff gewesen, entlang der Ostküste siegreich vorzurücken, verbündet mit den Proconiern, einem Volk, das von den Roten und den Grünen unabhängig war.
    »Und Proconia?« fragte ich.
    Mayfwy spitzte die Lippen. »Diese Leute legen sich nicht fest. Sie wehren jeden Angriff auf ihr Territorium ab, wollen sich aber nicht mehr mit uns verbünden.«
    »Dann wird Zair dafür sorgen, daß sie sich auch nicht mit den verdammten Grodnim zusammentun.«
    »Darum beten wir alle.«
    Ich erzählte ihr nicht, daß das Schlimmste zu befürchten war sollten die Grodnim die Oberhand gewinnen – sobald sich das abzeichnete, würden die Proconier und alle anderen bisher neutralen Völker sich dem Siegreichen anschließen. Das war wie ein Erdrutsch – einmal begonnen, konnte niemand ihn aufhalten.
    »Vielleicht mache ich Station in Sanurkazz«, sagte ich und stieg in den Voller, nicht ohne die Regeln des Fantamyrrh zu beachten. »Aber erst auf dem Rückweg. Es muß für diese Entwicklung doch eine Erklärung geben.«
    »König Zo herrscht noch immer, Dray. Er wird sich über deinen Besuch freuen.«
    Ich legte die Hand auf die Kontrollen. Die Zwillingsmonde bewegten sich am sternenhellen Himmel. Die Jungfrau mit dem vielfältigen Lächeln würde bald aufgehen.
    Felteraz liegt etwa drei Dwaburs östlich von Sanurkazz, und in Luftlinie betrug die Entfernung zur Inselfestung Zy nur etwa hundertundsechzig Dwaburs. Bei Höchstgeschwindigkeit konnte ich mein Ziel noch vor Tagesanbruch erreichen. Ich blickte auf Mayfwy hinab, die nun nicht mehr weinte.
    »Remberee, Mayfwy.«
    »Remberee, Pur Dray.«
    Ich bewegte die Hebel, und der Voller schoß in den Himmel.
     
    Die nun folgenden Ereignisse zu schildern, bedeutet für mich die Rückkehr in eine Zeit roten Schreckens, in eine Zeit, da die Vernunft von Kregen gewichen zu sein schien, eine Zeit, da selbst mein Verstand zuweilen aussetzte. Meine Erinnerungen sind nur sehr bruchstückhaft und verzerrt.
    Der Voller tat seine Pflicht, so daß ich schließlich den erloschenen Vulkangipfel sichtete, der den Kern der Fest Zy bildet. Unterwegs hatte ich von den Vorräten gegessen und getrunken, die Mayfwy mir hatte mitgeben lassen. Ich starrte begierig nach vorn, während mir der Fahrtwind ins Gesicht schlug, und erblickte den

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