Die Gilde der Diebe
Großzügigkeit seiner Spenden für die Gresham-Siftung übertroffen wurde.«
Er legte eine Pause ein und wartete auf eine Reaktion des Publikums – vielleicht ein anerkennendes Lächeln, ein zustimmendes Nicken oder gar ein spontaner Applaus. Stattdessen schien die Temperatur im Raum um einige Grad zu sinken.
»Nun, in Anbetracht der Tatsache, dass bei dieser Auktion solch eine … illustre Runde zugegen ist, würde ich gerne sicherstellen, dass jeder von Ihnen mit denAbläufen einer solchen Veranstaltung vertraut ist. Sie alle sollten eine Kelle mit einer Nummer erhalten haben.« Obwohl Nigel das allgemeine Schulterzucken und Tasten unter den Stühlen bemerkte, entschied er sich, einfach unbeirrt fortzufahren. »Möchten Sie für einen der Gegenstände bieten, so heben Sie bitte Ihre Kelle. Ich lasse es Sie dann wissen, wenn ich Ihr Gebot zur Kenntnis genommen habe. Seien Sie beruhigt – Sie können nicht aus Versehen ein Gebot abgeben. Allerdings obliegt es allein Ihrer eigenen Verantwortung, falls sich die Wahl des Gegenstandes als für Sie unpassend erweisen sollte!«
Stille.
»Also gut, sollen wir anfangen? Katalognummer 1 …«
Bereits nach kurzer Zeit wurde Nigel klar, dass diese spezielle Auktion kein Spaziergang werden würde. Die angebotenen Gegenstände waren bunt durcheinandergemischt: antike Pistolen, handgeschnitzte Stühle, rostige Daumenschrauben und etliche Bilder, die nur aus schwarz bemalter Leinwand bestanden. Die meisten der Anwesenden schienen sich überhaupt nicht für die eigentliche Versteigerung zu interessieren und zogen es stattdessen vor, Streitereien mit den anderen anzuzetteln. Die Mehrzahl derjenigen, die versuchten mitzubieten, hatten ihre Kellen verloren und bekundeten stattdessen ihr Interesse dadurch, dass sie entweder wild mit den Armen wedelten und lautstark »Meins!« riefen, oder, sehr zu Nigels Leidwesen, ihn mit fauligem Obst bewarfen. Normalerweise hätte dies einen Abbruch der Versteigerung zur Folge gehabt, aber erwar unter keinen Umständen gewillt, sich von diesem Gesindel um seine Provision bringen zu lassen. Stattdessen zog Nigel seine Fliege und sein Jackett aus, krempelte die Ärmel hoch und setzte seine Arbeit fort.
Nachdem er eine Reihe grotesker handgeschnitzter Wasserspeier für fünfundzwanzig Schilling an den alten Mann in der hintersten Reihe verkauft hatte, stellte Nigel verwundert fest, dass sich ein gewisses Hochgefühl in ihm ausbreitete. Hatte schon jemals zuvor jemand versucht, eine Auktion in solch einem Chaos zu leiten? Beschwingt wandte er sich wieder seinem Katalog zu.
»Katalognummer 65. Ein Gemälde von Edwin Furchtlos mit dem Titel Der Schein der Schande . Wie wäre es mit einem Startgebot von zehn Schilling? Sechs Schilling? Es gibt kein Mindestgebot auf dieses Stück, meine Damen und Herren, das bedeutet, dass ich es notfalls für einen Schilling verkaufen kann. Kommen Sie schon, möchte irgendjemand ein Gebot abgeben? Niemand?«
Nigel ließ zwar seinen Blick über die Menge schweifen, konnte aber niemanden entdecken, der beabsichtigte, seine Hand zu heben. Er entfernte das Gemälde und wandte seine Aufmerksamkeit dem nächsten Gegenstand zu: eine schwere geschmiedete Schatulle aus schwarzem Eisen. Er hob sie vorsichtig auf den Tisch neben sich und widmete sich wieder seinem Katalog.
»Nun denn … kommen wir zum letzten Gegenstand des heutigen Abends. Katalognummer 66.«
Schlagartig machte sich eine erwartungsvolle Stille im Raum breit. Fäuste entspannten sich, Raufereien löstensich auf. Alle setzten sich hin und richteten ihre Augen nach vorne. Nigel blickte vom Podium auf. Er lächelte.
»Wie ich sehe, weckt dieser Gegenstand Ihr Interesse. Lassen Sie mich daher vorlesen, was über ihn im Katalog steht:
Der Purpur-Stein ist eines der meistbeachteten Mysterien. Nur wenig kann mit Gewissheit über ihn gesagt werden. Seine Herkunft liegt im Dunkeln, sein Alter konnte nicht festgestellt werden. Er ruht stets eingeschlossen in dieser Schatulle, damit sichergestellt ist, dass nur sein rechtmäßiger Besitzer einen Blick auf ihn werfen kann. Dreißig Jahre lang blieb er vor der Außenwelt verborgen, weshalb einige bereits seine schiere Existenz in Zweifel zogen. Jetzt haben Sie, als Erste Ihrer Generation, die Gelegenheit, ihn zu erwerben.
Der Legende nach wurde der Purpur-Stein mit dem Blut Jack the Rippers getränkt, welches ihm und seinem glücklichen Besitzer große Macht verleiht. Ungeachtet der Tatsache, ob dies der Wahrheit
Weitere Kostenlose Bücher