Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
ihnen folgen, musste nun seine eigenen Argumente vorbringen, bevor es zu spät war.
Rani biss die Zähne zusammen und trat vor, an den Rand von Hals Blickfeld.
»Bei Nome«, schwor Hal beim Gott der Kinder und sagte: »Ihr hättet zu mir kommen können, Mareka!«
»Und was hättet Ihr dann getan? Hättet Ihr Eure Hochzeit abgesagt? Hättet Ihr Prinzessin Berylina entsagt?«
»Ich hätte alle meine Möglichkeiten erwogen! Ich hätte Recht und Unrecht abgewogen.«
»Und Ihr hättet jeden Mann an König Teheboths Hof in Frage gestellt, um herauszufinden, ob jemand anderes der Vater sein könnte. Aber Ihr kennt die Wahrheit bereits. Ihr wisst, dass ich vor Euch keinen Mann kannte.«
Rani beobachtete, wie Hal zornig etwas erwiderte, und sie spürte, wie sie errötete. Sie umklammerte den Stoff ihres karmesinroten Gewandes und nahm die Spinnenseide mit fest geballten Fäusten auf. Das Gefühl des Stoffes erinnerte sie an die Wahrheit, daran, wie sich so viele Dinge geändert hatten.
Sie blickte einen kurzen Moment zu Tovin Gaukler. Er beobachtete sie. Er stand inmitten des Chaos, ein ruhiges Lächeln auf den Lippen, als wenn er – selbst auf diese Entfernung – wüsste, was sie dachte. Er kannte ihre guten Gedanken und ihre schlechten, und dennoch stand er dort und wartete darauf, dass sie zurückkam. Und doch, was wusste sie wirklich von ihm? Wie konnte sie seine Absichten ermessen? Er hatte ihr nichts Böses angetan, noch nicht. Eher im Gegenteil… Sie errötete und reckte das Kinn, nickte einmal. Tröstliche Wärme durchströmte ihre Glieder, als Tovin die Geste erwiderte.
Dann räusperte Rani sich und trat zwischen Hal und Mareka. »Sire«, sagte sie.
»Nicht jetzt, Rani.«
»Doch, jetzt, Mylord. Ihr müsst mit Teheboth gehen. Ihr müsst die Wahrheit über das herausfinden, was in Berylinas Zelt geschehen ist. Lasst ihn die Geschichte nicht so erzählen, wie er sie für richtig hält.«
Hal wollte sie anfauchen, aber Rani sah, wie er die Worte hinunterschluckte. Er schloss die Augen, atmete tief ein und hielt den Atem mehrere Herzschläge lang an. Während er wieder ausatmete, lang und gemächlich, straffte er die Schultern. Sein karmesinroter Umhang fing den Glanz des Sonnenlichts ein und ließ seine blassen Wangen aufleuchten. »Ja, Rani. Ranita.« Aber dann sah er erneut Mareka an. »Wir werden dieses Gespräch beenden, Mylady.«
Der Spinnengildelehrling machte einen Hofknicks, wobei ihr einziges Zugeständnis an ihre Schwangerschaft eine über den Bauch gewölbte Hand war. »Natürlich, Euer Majestät.«
Hal wirkte, als wollte er noch mehr sagen, als hätte er etwas Bitteres verschluckt, was er ausspeien wollte. Stattdessen suchte er Puladarati in der Menge. »Mylord!«
»Euer Majestät.« Puladaratis ernste und höfliche Antwort erfolgte sofort.
»Bleibt hier beim Gold. Wir müssen sicherstellen, dass die Aufregung nicht zu… Fehlern beim Abzählen solcher Geschenke führt.«
»Ja, Sire.« Puladarati wandte sich an vier seiner Ratskollegen und bedeutete ihnen, sich an die Ecken des Karrens zu stellen. »Geht nur, Euer Majestät. Wir werden über das Feld wachen.«
Hal schritt mit aller Entschlossenheit eines Generals inmitten einer Schlacht hinter Teheboth her. Rani warf einen Blick zu ihren Gefährten und folgte dann ihrem König. Ihre Freunde waren dicht hinter ihr.
Sie mussten sich ihren Weg in den Pavillon der Prinzessin erkämpfen, sich mit Ellenbogenkraft durch die unruhige Menge drängen. Teheboth ragte über dem ältesten von Berylinas Kindermädchen auf und stellte der Frau in gereiztem Tonfall Fragen. Sie kniete auf dem Boden des Pavillons und sah benommen zu ihm hoch. Sie warf den Kopf zurück, als hörte sie ein Klingen in den Ohren, und sie blinzelte bei jedem ihrer wenigen Worte. Teheboth trat noch einen Schritt näher. »Sprecht, Frau! Ich kann kein Wort von dem hören, was Ihr sagt!«
»Es… es tut mir leid, Euer Majestät.« Die Worte des Kindermädchens klangen schleppend. »Ich kann nicht richtig denken, mein Kopf fühlt sich an, als schwebe er.«
»Ich werde Euch gleich schweben lassen!«, grollte der liantinische König und griff nach dem Schwertheft an seiner Taille. Eine Bewegung ging durch die Menge, ein geflüsterter Ausruf, und Hal sprang vorwärts.
»Halt, Mylord! Lasst mich mit dieser guten Frau sprechen.«
Teheboth wollte Hal zunächst eindeutig ignorieren, aber dann murmelte er einen Fluch und trat zurück. »Tut Euer Bestes, wenn Ihr etwas Sinnvolles aus
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