Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
besitzergreifend der Gaukler neben Rani stand, und sein Herzschlag beschleunigte sich. Er zwang sich zu sagen: »Glasmaler, sprecht Ihr für sie? Sagt Ihr, dass sie zur Gesellin geeignet ist?«
»Sie sagt die Wahrheit, Euer Majestät.« Tovins honigsüßer Tonfall schwebte über die Versammlung hinweg und erreichte mühelos die Hochzeitsgäste, die am hinteren Rand der Menge standen. Aber es schien selbst angesichts dieses Stimmvolumens, angesichts dieser Kraft nicht, als hätte der Gaukler die Stimme erhoben. »Sie hat die Pflichten einer Gesellin erfüllt. Die Gerechtigkeit erfordert es, dass sie in diesen Rang erhoben werde.«
»Also gut.« Hal zwang sich, Ranis Blick zu begegnen, die Aufregung dort schimmern zu sehen. »Ranita Glasmalerin, ich empfehle dich deiner Gilde, und ich heiße dich als Gesellin willkommen. Möge deine Gilde in Morenia lange gedeihen.«
»Ich danke Euch, Sire.« Sie lächelte strahlend, während sie einen tiefen Hofknicks machte. Diese Mal half Tovin ihr hoch. Der Gaukler geleitete sie zu den Reihen der morenianischen Adligen zurück.
Hal zwang sich, den Blick von Tovins beschützender Hand auf Ranis Arm zu lösen, von dem ruhigen Blick, den die beiden teilten. Stattdessen wandte er sich Teheboth zu, dem ungeduldigen Seufzen des liantinischen Königs. Teheboth blickte finster über das Feld, als wollte er Berylinas Zelt mit der Macht seines Blickes in Brand setzen. Shalindor war nirgendwo zu sehen.
Noch während Hal sich fragte, welchen Kurs er verfolgen sollte, wandte er sich wieder um und fand eine weitere Hochzeitsgratulantin vor. Mareka Octolaris kniete vor ihm. »Mylady«, sagte er und streckte eine Hand aus, um ihr aufzuhelfen.
»Euer Majestät«, erwiderte sie. Er betrachtete sie genauer. Mareka hatte seine Souveränität noch nie zuvor anerkannt. Sie sah, dass er den Unterschied bemerkt hatte, und lächelte. »Ich möchte Euch ein Geschenk überreichen, Euer Majestät.«
»Ja?« Er verschwendete keine Zeit mit Titeln, mit Höflichkeit. Wie sollte er die Frau schließlich nennen? Sie war ein in Ungnade gefallener Lehrling, eine Ausgestoßene ihrer Gilde.
»Ich schenke Euch Spinnen, Euer Majestät. Dreiundzwanzig brütende Weibchen. Ihre Jungen werden innerhalb einer Woche schlüpfen, und ich schenke Euch auch alle Jungspinnen.«
Ein Tosen durchlief die Hochzeitsgäste – die meisten von ihnen kannten die Geschichte von Marekas Verbannung aus ihrer Gilde nicht. Die Liantiner, die Ranis Schenkung verblüfft hatte, riefen laut aus, und Hal konnte die Herzschläge zählen, bis die Menschen die Puzzleteile zusammenfügten. Riberrybäume. Octolaris.
Die Spinnengilde war gebrochen. Das Seidenmonopol war so gut wie zerstört. Nun machte Farsobalintis Orden der Octolaris Sinn. Die Liantiner unterhielten sich untereinander, und die Morenianer stellten laut Fragen, suchten verzweifelt Informationen über die Geschenke und deren Bedeutung.
Hal wartete, bis der Aufruhr erstarb, und sagte dann zu Mareka: »Ich danke Euch. Euer Geschenk ist sehr großzügig. Es wird in Morenia generationenlang darüber gesprochen werden. Und nun frage ich Euch, welche Wohltat Ihr im Austausch für Euer Geschenk erbittet.«
Die Menge drängte vorwärts, bestrebt, Marekas Antwort zu hören. Die Frau, welche die Macht der Spinnengilde gebrochen hatte, könnte alles auf der Welt fordern. Sie könnte eine Riesensumme fordern und auch erhalten.
Mareka löste die Finger und legte sie über ihren Bauch. Sie atmete tief ein, als schöpfe sie aus der glänzenden Spinnenseide unter ihren Fingern Kraft. Dann hob sie den Blick und sah Hal direkt an. »Eure Hand zur Ehe, Sire. Ich bitte darum, dass Ihr die Mutter Eures Kindes erhebt und sie neben Euch auf den Thron setzt. Heiratet mich, Euer Majestät, und macht das Kind, das ich trage – Euer Kind – zu Eurem Erben.«
Hals zorniger Aufschrei wurde von Teheboths erstickt. Der Heilige Vater stieß wütend eine Frage aus, und sogar die Priesterin der Gehörnten Hirschkuh trat auf dem Podest vor. Die Menge drängte noch näher heran, und diejenigen, die der Plattform am nächsten waren, wiederholten Marekas Worte für diejenigen, die weiter entfernt standen.
Mareka sah ihn unerschütterlich an und hielt ihre Finger schützend gespreizt.
Ein Mal, wollte er ausrufen. Ein verfluchtes Mal!
Aber er wusste, dass Mareka keine Närrin war. Er wusste, dass sie ihren Anspruch nicht stellen würde, wenn sie kein Kind trüge. Sie würde sich jeder Prüfung unterziehen,
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