Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
Vom Netzwerk:
gab vor, eine gewöhnliche Frau an einem gewöhnlichen Zufluchtsort im Wald zu sein. Aber sie war noch mehr. Sie besaß in der äußeren Welt, in der Welt der Menschen, Macht. Sie kommandierte ihre Gefolgsleute herum, als wäre sie es gewohnt, dass die Menschen ihren Bedürfnissen nachkamen.
    Wenn Kella wollte, könnte sie diesen klagenden Ausdruck aus dem Gesicht des Mädchens wischen, und dazu brauchte sie nicht die Magie der Schwestern. Kella könnte einfach den Reiter erwähnen, der vor zwei Wochen durch den Wald gekommen war. Sie könnte sagen, dass für eine Frau mittlerer Größe, eine dunkle Frau mit einem nördlichen Akzent, eine fremde Frau mit einem Wickelkind, Geld geboten wurde.
    Aber der Vertrag verpflichtete Kella zum Schweigen. Sie hatte dem Reiter gegenüber geschwiegen, dem verkrüppelten Mann gegenüber, der aussah, als sollte er eher bequem in einer Sänfte ruhen als sich an die Mähne seines Schlachtrosses zu klammern. Sie hatte den auf seinem Gesicht eingegrabenen Schmerz gesehen, hatte seinen Zorn und seine Verletztheit tief unter der Narbe auf seinem Wangenknochen gesehen. Sie hatte die Geister gesehen, die er hinter sich gelassen hatte. Er war von seinem Leben als Soldat ausgeschlossen, so sicher, wie Kella eine geborene Kräuterhexe war.
    Dieser Mann würde zurückkommen, wenn er Jalina nicht fand. Er würde zurückkommen, und er würde für Kellas Hilfe mehr bieten. Bis dahin wäre Jalina vielleicht weitergezogen. Der Vertrag wäre vielleicht hinfällig. Kein Grund für Kella, die ersten grünen Frühlingsschösslinge zu sammeln. Es wäre besser zu warten, bis die Pflanze zu ihrer Sommergröße herangewachsen war. Es wäre besser zu warten, bis sie einen gesunden Profit für ihre Information, für ihr Wissen einhandeln könnte. Das war immerhin die Art der Kräuterhexe, Wissen einzuhandeln. Das war die Art der Schwestern.
    »Fast fertig«, sagte sie zu Jalina. »Wartet ab und seht. Ihr gebt Eurem Sohn diesen Trank, und er wird so stark wie eine Eiche werden. Er wird alle Macht des Mondes in seinen Adern haben. Ihr habt den Mond gesehen, meine Liebe. Ihr habt gesehen, dass er stark genug ist, am Himmel zu bleiben, selbst wenn die Sonne ihn zu verdrängen versucht.«
    Jalina nickte ungeduldig, verlagerte ihr schlafendes Kind im Arm und schnalzte mit der Zunge, während sie über eine Schulter sah. Sie hatte es eilig, wie ein Frühjahrskrokus, der unter einer Schneewehe hervorschoss. Nun, Krokusse erfroren manchmal. Krokusse verloren ihre Kraft.
    Das Kind öffnete den Mund und jammerte protestierend. Es war klein, dieses Baby. Kella hatte ihm auf die Welt geholfen, hatte in ihrer eigenen Hütte dabei geholfen. Dennoch hatte es all ihr Kräuterwissen erfordert, Mutter und Sohn am Leben zu erhalten. Zwischen den Wehen hatte Kella Jalina nach ihren anderen Kindern gefragt, hatte gefragt, wie viele die schmale Frau geboren hatte. Jalina hatte den Kiefer zusammengepresst, als verkrampfe sich ihr Körper bei einer weiteren Wehe. Sie hatte darauf beharrt, keine anderen Kinder zu haben.
    Kella hatte die Wahrheit jedoch nur allzu bald erfahren. Sie hatte von den verlorenen Babys erfahren, die im Zwielicht umherwanderten. In den Himmlischen Gefilden, hatte Jalina gesagt. Selbst jetzt zürnte die Kräuterhexe noch. Jene Himmlischen Gefilde waren gut für Menschen in den Städten, gut für die Adligen und die Händler, die Soldaten und die Gildeleute, die sich die Zeit nehmen konnten, zu ihren Tausend Göttern zu beten.
    Die wahre Macht der Welt lebte jedoch in den Wäldern. Lebte in Kräutern und Bäumen, in geheimen Strömen. Die Schwestern fanden die wahre Macht, fanden sie und ernteten sie.
    Verlorene Kinder würden versuchen, ein lebendes Geschwisterkind daran zu hindern, in die Welt einzutreten. Kella hatte es Jalina schließlich begreiflich machen können. Sie hatte es erreicht, dass die Frau ihre verlorenen Babys anerkannte – zuerst einen Sohn, dann eine Tochter, dann Zwillingsjungen. Kella hatte ein Grasbaby für jedes von ihnen geflochten, Figuren, die die vier verlorenen Körper repräsentierten. Sie hatte Wasser über die verknoteten Gestalten gesprenkelt, Wasser, das vom Tau am ersten Frühlingstag gesammelt wurde. Sie hatte eine Handvoll Erde auf die Grasbabys geworfen, Lehm vom Ufer des Stromes, der die größte Eiche im Wald nährte.
    Kella hatte die geheimen Worte gesprochen, die Mutterworte, die Worte, welche die Schwestern sie gelehrt hatten, als sie jung und frisch und neu in ihrem

Weitere Kostenlose Bücher