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Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Hoff
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Schlösser bauen. Ein großes eigenes Prunkschiff sollte ihn über den Ozean tragen.
    Gloria hatte Mühe, ihm solche Einfälle auszureden. Ihr zuliebe mäßigte er sein Begehren, nur ihr zuliebe konnte er auf etwas verzichten. Sie wußte: sie war sein einziger Halt. Und sie verstand es, sich ihm in eigentümlicher Weise anzupassen. Es schmeichelte ihr immer noch, in seine Liebe eingebettet zu sein, und sie bewunderte die Gewalt seiner Leidenschaft. Allmählich war wirklich ein warmes Freundschaftsverhältnis zwischen ihnen zustandegekommen. Er folgte ihr wie ein Hündchen – während er anderen gegenüber despotisch war. Sie beherrschte ihn ganz und gar, und diese Macht, die sie über ihn ausübte, befriedigte sie.
    Der Gedanke, daß sie vielleicht doch noch eines Tages seine Frau werden könnte, kam ihr nicht mehr so absonderlich vor. Er brauchte sie. Keine andere hätte ihn so zu nehmen gewußt. Der Gedanke, daß sie sich trennen könnten, schien für ihn nicht zu bestehen.
    In Rio sah sie Orville wieder. Sie hatte ihn unter den begeisterten Menschen auf dem Flugplatz entdeckt. Offenbar wollte er von ihr nicht erkannt sein. Aber sie ging gleich auf ihn zu, ganz ohne bewußte Absicht, mehr aus einem inneren Drang heraus. Vielleicht, weil er für sie ein Stück Heimat war. Wer konnte das wissen! Eigentlich hätte sie ihn doch meiden müssen. Hatte er nicht schuftig gehandelt? War er nicht ein durch und durch schlechter, verworfener Mensch?
    Sie wußte, daß er jetzt eine kleine Autofirma besaß.
    Er stammelte. Die Tante – damals – das sei ihm doch gar nicht ernst gewesen ...
    Sie lachte ihn aus. Ihr Lachen klang scharf, streng, spöttisch. »Ich weiß es besser!« sagte sie, »ich habe in deinen Gedanken gelesen.«
    Das war es, was sie ihm hatte sagen müssen. Das war es, weshalb sie ihn ansprach. Jetzt wußte sie es. Er sollte es zu hören bekommen, wie sie über ihn dachte, daß er wirklich durchschaut war, und wie sehr sie ihn verachtete. Plötzlich wandte sie sich brüsk von ihm ab.
    Er hatte sie nun in ihrem Glanze gesehen. Und er – er blieb ein kleiner Fuhrunternehmer, entgleist, aus der Bahn geworfen, ewig mit sich und dem Schicksal grollend.
    Gloria kehrte zu dem hinkenden Mann zurück, mit dem sie die ganze Welt bereist hatte, dem alle zujubelten, – dessen Freundin sie war. Man fuhr zur Verhandlung. Man fuhr ins Hotel. Das Leben ging weiter ...
     
    Milton kehrte enttäuscht nach den Vereinigten Staaten zurück. Er mußte sich abfinden. Gloria liebte ihn nicht. Das wußte er jetzt genau. Aber er wußte noch mehr. Eine Tragödie – so glaubte er – begann sich vorzubereiten. Er hatte Gloria, George und Wilbur belauscht und wußte, daß zwischen diesen drei Menschen Beziehungen spielten, die einer Krise entgegentrieben. George liebte Gloria mit aller Leidenschaft, es würde ihm nicht mehr möglich sein, von ihr loszukommen. Gloria, dieses wohl wissend, fühlte sich dadurch geschmeichelt und hatte Verständnis dafür, spielte sogar bisweilen mit dem Gedanken, sich ihm ganz und gar anzupassen, vielleicht seine Frau zu werden. Aber sofort trat auch Wilbur in ihren Gedankenkreis, brachte die anderen Vorstellungen wieder ins Schwanken und zog sie an.
    Wilbur war unmutig. Er fieberte plötzlich ihrer Rückkehr entgegen, – verspürte einen verbissenen Groll gegen das Schicksal, das ihm Gloria durch seinen Bruder zu nehmen drohte. Er wurde sich klar darüber, daß er sie doch nicht vergessen hatte. In seinem Herzen warb er wieder um sie. Sein Groll gegen das Schicksal übertrug sich auf George, – das bisher klare Verhältnis zwischen den Brüdern wurde dadurch wieder getrübt. George aber lehnte alle Gedanken ab, die sich mit einem möglichen Verlust Glorias beschäftigten. Er glaubte ihrer sicher zu sein. Daß Wilbur sich wieder mit ihr beschäftigte, faßte er als eine lächerliche Anmaßung auf.
    Die Taftsche Erfindung schaffte zwar Klarheit in den Beziehungen zwischen den Menschen. Doch gegen Schicksalsentscheidungen richtete sie nichts aus. Sie verriet Liebe und Haß, Güte und Schlechtigkeit, sie ließ volle Einblicke in das Innenleben der Menschen zu. Doch sie vermochte diesem Innenleben keine Richtung zu weisen – jeder Mensch ging auch weiterhin seinen eigenen Weg. Jeder machte sich das Wissen auf seine Art nutzbar.
    Bei Milton hatte die Erkenntnis zur Einsicht geführt, – bei George jedoch führte sie nur zum Trotz, zur Auflehnung gegen das Schicksal, das er nicht anerkannte. Das aber war

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