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Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Hoff
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eine Sehnsucht, wie er sie bisher nicht gekannt. Doch dieses Gefühl störte ihn, und er betäubte sich wieder mit seiner Arbeit.
     
    Als Gloria sich zum erstenmal, wie es ausgemacht war, um acht Uhr abends auf ihre Tante Mary eingestellt hatte, mußte sie eine Überraschung erleben. Die Tante saß, wie aus ihren Gedanken hervorging, beim Kaffeetrinken und sagte eben zu ihrer Pflegerin, daß der Kuchen diesmal gar nicht besonders geraten sei. Gloria wunderte sich zunächst. Die Tante, abends um acht Uhr bei Kaffee und Kuchen? Wahrhaftig – sie hatte an die verschiedene Zeit nicht gedacht. In New York war es ja jetzt erst drei, und wenn sie die Mitteilungen Tante Marys empfangen wollte, mußte sie sich hier nachts um eins an den Empfänger setzen. Das tat sie nun auch.
    Was sie alsdann von ihrer Tante erfuhr, war nichts Besonderes. ›Ich kann deine Reise hier durch das Radio und vor allem auch durch die Zeitungen genau verfolgen. Manchmal, finde ich, wird man recht indiskret‹, meinte die Tante, ›aber es soll ja bald ein Gesetz geben, das einen solchen Unfug verbietet.‹ Dies allerdings war für Gloria neu. Wirklich – es wäre begrüßenswert!
    ›... vergiß nicht, liebes Kind, dich auch einmal mit Orville zu beschäftigen. Ich bin gespannt, was du erfahren wirst.‹
    Gloria stellte sich anschließend gleich auf den Vetter ein. Auch sie war gespannt, was sie vernehmen werde.
    »... drei Cherry Cobler? Sofort, Señor! – Hallo, Don Alfonso! Sie haben Ihre Tasche vergessen! ... Eigentlich hätte ich ihn nicht darauf aufmerksam machen sollen. Die Tasche wäre liegengeblieben, – vielleicht ist Geld darin. Ich hätte sie an mich genommen – danke sehr, danke sehr, besten Dank – Donnerwetter ja, hundert Cruzeiros für die kleine Aufmerksamkeit! Dann ist doch sicher was Wichtiges dringewesen! – Ja doch, Señor, hier sind die drei Cherry Cobler schon. Eisgekühlt. Trinken Sie nicht zu hastig, Sie sind erhitzt. – Eine ›Blume von Rio?‹ Sofort, mein Herr! – Verdammt auch, wie mixt man die Blume noch? Etwas Zitrone. Richtig. Zucker. Ei, Kognak und Pfefferminz. Nichts vergessen? – Der Kerl sieht wie ein Verbrecher aus. Und solch ein Gesindel muß ich jetzt hier in der Bar bedienen! Wenn man diese Halunken nur noch mehr übers Ohr hauen könnte! – Was habe ich eigentlich gestern verdient? Richtig: vierhundertzwanzig Cruzeiros. Das geht ja. Einmal werde ich doch die Summe zusammenhaben, um mir den Wagen kaufen zu können. Dann mache ich mit Pedro zusammen das Fuhrgeschäft auf. Ich will und muß wieder selbständig werden. – New York! Ja – da war es doch schöner. Und diese blödsinnige Hitze hier in Rio! – Tante Mary! Ob sie noch lebt? – Hier, bitte, die Blume, mein Herr. Eisgekühlt. Danke sehr! – Was? Nur ein Cruzeiro Trinkgeld? Schofler Geselle! – Ach ja, Tante Mary! Und Gloria! Hätte ich doch damals nur nicht –! – Vielleicht hätte ich auch ohne mein Zutun bald erben können. Bei ihrem Herzleiden! Lange macht die gewiß nicht mehr mit. – Und Gloria ist jetzt in Spanien, wie die Zeitungen melden. Mit diesem George Taft zusammen. – Wenn die verfluchte Erfindung nicht wäre, dann wäre das damals nicht gleich ans Licht gekommen. Wer hätte so etwas auch ahnen können! Der Teufel soll die Erfindung holen! – Ob Gloria diesen George liebt? Sonst wäre sie doch wohl nicht mit ihm gefahren. Na – meinen Segen hat sie. Wäre das damals nicht passiert, dann wäre sie vielleicht heute schon meine Frau. Oder wir wären auch schon wieder geschieden, wer weiß! – Zwei Kognaks? Jawohl. Sofort. Bitte schön!«
    Gloria hatte genug gehört. Also Barmixer war er geworden, in Rio. Dem Wesen nach mochte er sich wohl kaum verändert haben, der edle Vetter. Gloria schüttelte sich. Sie durfte sich glücklich preisen, daß sie mit Orville nichts mehr zu schaffen hatte.
    Wen sollte sie noch belauschen? Jetzt stand ihr ja alles frei. Richtig: Milton! Es wird bestimmt interessant sein, in seine Gedankenwelt Einblick zu nehmen.
    ›... haben Sie Spielzeug für einen Knaben von sechs, sieben Jahren?‹ ... ›Gewiß, Sir. Sehen Sie diesen Kreisel, er macht Musik. Zwei Akkorde, abwechselnd – ich setze ihn in Bewegung, – horchen Sie!‹ ... ›Schön, sehr schön. Kostenpunkt?‹ ... ›Drei Shilling, Sir, wenn ich bitten darf ...‹ – ›Gut. Noch etwas, diesmal für ein Mädel, neun Jahre alt ...‹
    Gloria horchte verwundert. Für wen kaufte er Kinderspielzeug? Und Shilling? Shilling? Was

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