Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin
mächtig würde, falls es ihm gelänge, das Deutsche Reich zu befrieden. Also machten sie gute Miene, während sie hinter dem Rücken des Monarchen alles daransetzten, die Spaltung der Kirche aufrechtzuerhalten, ja, zu vergrößern. Wie wir alle wissen, ist dieser Plan aufgegangen.
Anfang 1552 wurde das Konzil wegen unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten unterbrochen. Kaiser Karl sah sich im gleichen Jahr mit einer Verschwörung einiger Kurfürsten konfrontiert, die sich militärisch mit Frankreich verbanden, und gab schon bald – politisch gescheitert und der ewigen Kriege müde geworden – die Krone ab. Das Konzil setzte seine Beratungen mit zahlreichen Unterbrechungen bis ins Jahr 1563 fort. Am Ende stand eine Reform der Kirche, die den schlimmsten Auswüchsen einen Riegel vorschob und sich selbstbewusst gegen den Protestantismus stemmte, aber die Teilung dadurch zementierte.
Den Sohn des Papstes, Innocento del Monte, hat es wirklich gegeben (offizielle Chroniken bezeichnen ihn als »Neffen«, aber so wurden alle Favoriten der Päpste tituliert). Es ist nicht restlos beweisbar, dass es sich bei Innocento wirklich um den Sohn handelte und nicht um den Geliebten des Papstes, aber diese zweite These erscheint mir weit weniger wahrscheinlich.
Seine Karriere vom Gassenjungen zum Affenwärter und schließlich zum Kardinal – eine typische Renaissance-Karriere im Rom der Päpste – ist keine Erfindung. Überdies gibt es Berichte, wonach Innocento sich mindestens eines Mordes schuldig gemacht habe. Sein weiteres Schicksal blieb mir bei meinen Recherchen verborgen, somit ist sein Tod in dieser Geschichte rein fiktiv.
Ich habe versucht, die Charaktere der historischen Figuren so gewissenhaft wie möglich wiederzugeben. Außer Innocento und dem Fürstbischof Madruzzo gibt es nur noch eine historische Figur, die im Roman zu Wort kommt: Julius III. Dieser Papst gilt sogar in der katholischen Kirche als Enttäuschung, verglichen mit den Hoffnungen, die man bei seinem Amtsantritt in ihn setzte. Er verwandelte sich binnen kurzer Zeit in einen maßlosen Festkönig und trieb eine ungeheure Favoritenwirtschaft, dennoch agierte er als Politiker geschickt – was zu jener Zeit leider skrupellos bedeutete. Eine besonders rege Tätigkeit der römischen Inquisition ist während seiner Zeit als Erzbischof und Papst nicht überliefert, aber es gab zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts in unregelmäßigen Abständen immer wieder »Überfälle« der Inquisition auf italienische Klöster, Dörfer, Städte und Einzelpersonen. Während der spanischen Inquisition ein geradezu bürokratisches System zugrunde lag, das wie ein Uhrwerk funktionierte, war die römische Inquisition von unheimlicher Unbeständigkeit, ja, Launenhaftigkeit. Man wusste nie, woran man mit ihr war, auch unter Julius nicht. Vorfälle wie die im Buch beschriebenen – gemeint sind das Schicksal von Carlottas Tochter sowie die von Luis angeordneten Folterungen in Trient – hätte es durchaus geben können, wenngleich sie von mir erfunden wurden.
Die Konstellation Antonia – Sandro – Carlotta hat mir so gut gefallen, dass ich mehr von ihnen »wissen« möchte, was natürlich bedeutet, dass ich weiter über sie schreiben werde.
Sie, geschätzter Leser, werden also diesen drei Menschen – und einigen anderen – wiederbegegnen, dann in Rom. Der nächste »Glasmalerin«-Roman ist schon im Werden: Die Geliebte des Papstes wird ermordet aufgefunden. Sandro verfolgt eine Spur, die in den Vatikan führt, sowie eine andere in seine Familie. Antonia ermittelt – gegen Sandros Willen – im Milieu der Huren von Rom. Und Carlotta, die Verfolgerin, wird nun ihrerseites vom Papst verfolgt.
Danksagung
Ich danke jenen Autoren, deren Werke mir Anregung und hervorragende Quelle waren:
Lawrence Lee, George Seddon und Francis Stephens (»Die Welt der Glasfenster«), die mich mit ihrem Buch gelehrt haben, die Glaswelten zu lieben. Ferner René Fülöp-Miller (»Macht und Geheimnis der Jesuiten«), Ronnie Pochia Hsia (»Gegenreformation«), Henry Charles Lea (»Geschichte der spanischen Inquisition«), W. G. Soldan/H. Heppe (»Geschichte der Hexenprozesse«), Hermann Schreiber (»Geschichte der Päpste«).
Ich danke allen, die mir beim Entstehen des Romans geholfen haben: vor allem Christian, Michael Paul, Réne Schwarzer, Petra Hermanns, Maria Dürig und Ilse Wagner.
Ohne euch wäre ich aufgeschmissen.
Verlagsgruppe Random House
1. Auflage Originalausgabe
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