Die Glücksbäckerei – Das magische Rezeptbuch
Basil und Rose herein.
»Mein Name ist Janice Hammer, genannt
Der Hammer
«, sagte sie. »Ich bin Bürgermeisterin von Humbleton.« Sie lächelte bemüht. Rose dämmerte es, dass Janice Hammer, auch wenn sie sich nicht gerade an Freundlichkeit übertraf, wohl kaum gekommen war, um das Buch zu stehlen.
»Warum ist die Polizei draußen?«, fragte Rose.
»Das sind Autos, die ich nur wie Streifenwagen habe anmalen lassen, damit sie einschüchternd wirken, wenn ich mit ihnen unterwegs bin. Die Männer darin sind meine Kollegen aus dem Stadtrat von Humbleton. Einer ist Florist, einer Rechtsanwalt und der dritte ist Klempner, der immer dann einspringt, wenn er ausnahmsweise mal nicht verstopfte Klos reparieren muss.«
»Ist es nicht gegen das Gesetz, sich als Polizist zu verkleiden?«, fragte Basil frech.
Bürgermeisterin Hammer durchbohrte ihn mit ihrem Blick. »Ich bin gekommen, um eure Eltern um Hilfe gegen die Sommergrippe zu bitten, die in Humbleton grassiert. Eine so schlimme Grippewelle habe ich noch nie erlebt – die reinste Epidemie. Mülltonnen quellen über vor Taschentüchern. Ärzte haben keinen Hustensaft mehr. Der Hals-Nasen-Ohrenarzt ist in Panik nach Florida in sein Ferienhaus abgehauen. Feigling.«
Albert und Polly lachten unsicher.
»Kurz und gut, ich wusste mir nicht zu helfen. Doch dann sind uns die Mandelcroissants von euren Eltern eingefallen – die Leute schwören, dass davon Fieberattacken und Laufnasen einfach verschwinden. Daher bin ich gekommen, um vierzig Dutzend zu bestellen.«
Bürgermeisterin Hammer wandte sich wieder an Albert und Polly. »Ich weiß, das kommt sehr kurzfristig, aber mir bleibt keine andere Wahl.«
Polly rang verzweifelt die Hände. »Wir – wir würden sehr gerne helfen«, stammelte sie, »aber diese Backstube ist nicht darauf ausgerichtet, vierzig Dutzend Croissants zu machen. Wir sind doch nur eine Familienbäckerei.«
»Dann kommen Sie nach Humbleton!«, rief Bürgermeisterin Hammer schnell. »In der Rathausküche kann man für eine ganze Armee kochen und backen. Machen Sie ihre Mandelcroissants dort. Und dann backen Sie noch
Kürbis-Käsekuchen
.«
»Kürbis-Käsekuchen?«
Albert runzelte fragend die Stirn.
Bürgermeisterin Hammer griff in ihre schwarze Ledermappe und zog einen vergilbten Zeitungsausschnitt aus dem
Calamity-Falls-Anzeiger
hervor. Die Schlagzeile lautete:
Zehnjähriger an Schweinegrippe erkrankter Junge isst Kürbis-Käsekuchen aus der Glücksbäckerei in Calamity Falls. Wundersame Heilung.
Albert wischte sich die Hand an der Schürze ab. »Ha! Schön wär’s! Aber die Geschichte war von vorne bis hinten erfunden. Der Junge hatte sich krank gestellt, damit er die Schule schwänzen konnte.«
Roses Eltern gaben – außer gegenüber ihren Kindern – niemals zu, dass bei den Backwaren von den Glycks Magie im Spiel war.
Wenn sich das mit der Zauberei herumspricht,
sagte Polly immer,
dann will jeder etwas haben, und unsere kleine Bäckerei ist nicht mehr unsere kleine Bäckerei. Sie wird zu einer Riesenfabrik. Alles wäre dahin.
Wenn jemand die bisweilen wundersame Wirkung von Plätzchen, Kuchen und Törtchen bemerkte, dann taten Albert und Polly das damit ab, dass es sich eben um die ganz normalen guten Ergebnisse eines sorgfältig ausgeführten perfekten Rezepts handelte.
Rose konnte sich allerdings noch daran erinnern, wie damals jener Käsekuchen gebacken worden war. Sie hatte von der Treppe aus zugesehen und beobachtet, wie ihre Eltern eines Abends nach Ladenschluss die Zutaten aus einigen Einmachgläsern zusammengerührt hatten, wie ein lila Dunst aus der Schüssel aufgestiegen und ihrer Mutter um den Kopf gewallt war, wie der Teig gezischt und geknallt hatte und pinkfarbene und grüne und quietschgelbe Funken hatte stieben lassen.
Was hätte sie nicht alles gegeben, um so backen zu können! Es war eine Arbeit, die einen zu etwas Besonderem machte, auch wenn alles heimlich bleiben musste.
Bürgermeisterin Hammer klopfte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. »Es ist mir einerlei, ob der Käsekuchen wirklich gesund macht oder nicht – die Leute lieben ihn, sie fühlen sich besser, wenn sie ihn gegessen haben, und das ist es, was zählt.«
Polly legte den Schmelz eines Schokoladenküchleins in ihre Stimme. »Tja … wie lange brauchen Sie uns denn wohl?«
»Nicht länger als eine Woche«, sagte die Bürgermeisterin.
Albert schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Bürgermeisterin Hammer. Unsere Bäckerei gibt es seit
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