Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)
ist Rosmarin«, sagte sie. »Rosmarin Glyck.«
Neben ihr ballte Tymo heimlich die Faust.
»Jawolll!«,
zischte er.
»Hör zu,
Rosmarin Glyck.
« Lily spuckte den Namen so verächtlich aus, als sei er ein anderer Begriff für eine Hautkrankheit. »Nur weil du jung bist, heißt das nicht, dass ich dich nachsichtig behandeln werde. Das weißt du doch, nicht?«
»Jep«, sagte Rose trotzig. Und dann machte sie einen Knicks vor ihrer Tante Lily, die das Gleichgewicht nur bewahrte, indem sie sich an die Arbeitsfläche lehnte.
Ich kann nicht glauben, was ich da gerade gemacht habe, dachte Rose.
Am Ende der Show, während die Leute sich Richtung Ausgang drängelten, zog der bärtige Mann mit den Kopfhörern Rose und Tymo aus der Warteschlange. »Lily möchte sie beide sehen«, sagte er. »Das ist unglaublich! Sonst lässt sie nie jemanden vor! – Ich heiße übrigens Bruno«, fuhr er fort und führte Rose und Tymo durch einen hinteren Gang des Studios. »Auch wenn sich Lily meinen Namen nicht merken kann. Sie nennt mich Bill. Aber hey, na und? Schließlich handelt es sich doch um Lily! Sie könnte mich Armleuchter nennen, und mir wär’s egal.«
Rose runzelte die Stirn. Wie es schien, hatte Rose jedermann im Lande um ihren eleganten kleinen Finger gewickelt.
Am Ende des Ganges war eine blau lackierte Eisentür mit einem Stern, in dem
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stand. Bruno klopfte leise an. »Ich habe das kleine Mädchen und den alten Mann hier, Lily!«
»Oh, danke, Bill!«, rief sie. »Schick sie herein!«
Bruno riss die Tür auf, und Rose und Tymo betraten einen Raum, der nur als Palast beschrieben werden konnte. In der Mitte stand ein sprudelnder Springbrunnen aus Stein, umringt von kunstvollen gusseisernen Bänken. Ein üppiger Orchideenvorhang hing von der Decke, und fließende Bahnen blauer Seide verhüllten die Wände.
Und da, in einer Hängematte, die sanft hin- und herschaukelte, saß Lily. Sie trug einen edlen weißen Bademantel, als sei sie gerade aus der Dusche getreten; ihr perfekt frisiertes schwarzes Haar war jedoch trocken. Selbst in einem Bademantel hätte sie einer Oscarverleihung beiwohnen können.
»Setz dich an den Brunnen, Rosmarin. Du auch, Thymian.«
Rose nahm mit ihrem Bruder auf einer der gusseisernen Bänke Platz und sah an dem riesigen Brunnen hinauf. Erst jetzt erkannte sie, dass es sich um eine fünf Meter hohe Marmorskulptur von Lily handelte, die mit einem Löffel in einer überfließenden Brunnenschale rührte. Ihr langer Hals war elegant geneigt.
»Wie nett, euch beide wiederzusehen! Wie gefällt euch meine bescheidene Garderobe?« Lily schälte sich aus der Hängematte und kam näher.
»Ich muss schon sagen, sie ist echt cool,
Tia
Lily«, sagte Tymo und sah sich um.
Die Starbäckerin hockte sich auf den Brunnenrand und schlug die gebräunten seidigen Beine übereinander. »Dann lasst uns gleich mal zum Geschäftlichen kommen. Euer kleiner Auftritt heute war waghalsig, um es milde auszudrücken. Was genau führt ihr im Schilde?«
Rose richtete sich auf und räusperte sich. »Die Meisterschaft
Gala des Gâteaux Grands
zu verlieren würde dich ruinieren. Ich dagegen, ich muss mir keine Sorgen um meinen Ruf machen. Ich bin erst
zwölf
. Daher schlagen wir dir einen Handel vor. Ich verliere die Meisterschaft absichtlich, wenn du uns dafür unser Backbuch zurückgibst und den Verkauf von
Lilys Geheimsubstanz
einstellst.«
Lily spielte die Überraschte. »Richtig, das Backbuch! Ihr wollt das
Backbuch
zurück. Natürlich. Das habe ich ja gar nicht mehr auf dem Schirm gehabt.«
»Du hast doch jetzt deine TV -Show,
Tia
Lily«, sagte Tymo. »Wozu brauchst du noch das Backbuch? Unsere Stadt steckt tief in Nöten!«
Lily zupfte eine kleine Fluse von ihrem weißen Bademantel und schnipste sie in den Brunnen. »Da habt ihr es. Das ist genau das Problem mit der Familie Glyck. Keiner von euch besitzt einen Funken Ehrgeiz. Euch liegt eure pusemuckelige Stadt mehr am Herzen als der Erfolg. Ihr meint, nur weil ich die Gastgeberin der quotenstärksten Fernsehsendung aller Zeiten bin und eine fünf Meter hohe Skulptur von mir in meiner Zauberwald-Garderobe habe, hätte ich
genug
. Man hat niemals genug!«
Lily stand auf und schlenderte auf den hellerleuchteten Schminkspiegel an ihrem Garderobentisch zu. »Ich könnte
richtig
mächtig werden. Ich könnte das Land regieren! Aber das kann ich nicht ohne das Backbuch. Oder ohne
Lilys Geheimsubstanz
.«
Es juckte Tymo unter seinem Bart, und er riss ihn mit
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