Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
ein Geheimnis zu erforschen, das die meisten Menschen und Götter längst vergessen hatten.
Er kaute auf seiner Pfeife herum und hörte eine Weile mit halbem Ohr dem Gespräch zwischen Amanón und Damián zu. Seit sich sein Sohn und sein Enkel wiedergefunden hatten, sprachen sie über nichts anderes als die Etheker, ihr magisches Alphabet, die erste Pforte und die Ehrwürdigen. Grigán verstand nicht viel von dem, was sie da redeten, außer, dass offenbar alle Erben zu Ehrwürdigen geworden waren. Was auch immer das heißen mochte… Er hatte nichts dagegen, solange er sich dafür nicht bewegen musste.
Nach einigen Dezillen beschloss er, die beiden Philosophen sich selbst zu überlassen und zu den anderen zu gehen, die sich um das Lagerfeuer scharten. Die Flammen loderten hoch in den Himmel, und Lorilis und Najel schleppten immer neues Treibholz an, das sie am Strand sammelten. Bald würde hoffentlich ein Schiff das Feuer sehen und sie auflesen. Je nach Größe des Boots würde es vielleicht mehrmals zwischen der Insel und dem Festland hin und her fahren müssen, und die Erben würden sich eine gute Geschichte ausdenken müssen, um zu erklären, wie einundzwanzig Menschen auf eine einsame Insel mitten im Meer geraten waren.
Reyan hatte jedenfalls seinen Spaß an der Sache. Der Herzog erinnerte sie bei jeder Gelegenheit daran, dass ihm die Insel Ji seit über zwanzig Jahren gehörte und dass er deshalb das Recht hätte, Geld für die Übernachtung auf seinem Grund und Boden zu verlangen. Natürlich nahm ihn niemand ernst– oder nur zum Schein, um ihm eine Freude zu machen. Seit drei Tagen saßen sie nun schon auf der Insel fest. Allmählich verblasste das Grauen, und die Erben erholten sich von den schrecklichen Ereignissen, die sie durchlebt hatten. Einige schneller als andere.
Bei diesem Gedanken blickte Grigán zu Souanne hinüber, und sie schenkte ihm ein schwaches Lächeln. Anfangs hatten sie sich große Sorgen um die junge Frau gemacht, genauso wie um den kleinen Guederic. Kaum hatten sie die Höhle verlassen und den Strand erreicht, waren die beiden in einen tiefen Schlaf gefallen. Über zwölf Dekanten lang war es niemandem gelungen, sie zu wecken. Irgendwann fragten sich alle, ob sie je wieder aufwachen würden, aber schließlich hatten sie die Augen aufgeschlagen. Seither verfielen sie von Zeit zu Zeit in eine seltsame Starre. Das liegt daran, dass die Welt wieder ihre natürliche Ordnung annimmt, hatte Damián ihm zu erklären versucht. Die einstigen Kinder des Jal verloren nach und nach alle Erinnerungen an ihr voriges Leben– was in Grigáns Augen das Beste war, was ihnen passieren konnte.
Nun, da seine Pfeife brannte, wanderte Grigáns Blick über die um das Lagerfeuer versammelten Erben. Er selbst war der Älteste von allen, und abgesehen von seinem Sohn und Enkel, die er hinten bei den Felsen zurückgelassen hatte, fehlten noch zwei weitere Erben. Er beschloss, einen kleinen Spaziergang zu machen und ihnen einen Besuch abzustatten.
Weit musste er nicht laufen. Eryne und Guederic saßen am selben Ort wie am Abend zuvor– zwischen großen Felsblöcken, die sie vor dem Wind schützten– und hatten die Füße ins Wasser gehängt. Die künftige Herzogin hielt ihren Adoptivsohn im Arm, als wäre er der kostbarste Schatz der Welt, und der junge Mann schmiegte sich mit der Arglosigkeit eines Kindes an sie. Der Anblick rührte Grigán so sehr, dass er rasch in die Rolle des ruppigen Kriegers schlüpfte.
» Na, ihr zwei!«, rief er forsch. » Euch kriegt man ja gar nicht mehr voneinander los!«
Mutter und Sohn erwiderten sein Lächeln; nur Guederics rote Augen zeugten davon, dass er schon wieder geweint hatte. Doch bald würde sich seine Traurigkeit zusammen mit den letzten Erinnerungen an sein Leben als Dämon verflüchtigen…
» Komm, Junge!«, sagte Grigán und streckte den Arm aus.
Guederic ergriff seine Hand, und gemeinsam erklommen sie einen hohen Felsen, von dem aus sie einen atemberaubenden Blick über das Meer hatten. Sie ließen sich auf einem kleinen Vorsprung nieder, und Grigán legte seinem Enkel einen Arm um die Schultern.
Schweigend saßen sie eine ganze Weile da. Schließlich wies Guederic auf den Horizont, an dem sich immer noch kein Segel abzeichnete. » Glaubst du, dass heute ein Schiff kommt?«
Grigán zog an seiner Pfeife, die wider Erwarten gar nicht so schlecht schmeckte, und antwortete: » Vielleicht… Vielleicht auch nicht… Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Von nun
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