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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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wie diesem.
    Mulai hatte das neugeborene Töchterchen gewaschen, nun legte Mulai es ihr in den Arm. Sie, die alte junge Mutter, drückte es zärtlich an sich, liebkoste es mit den Lippen. Das schmale Köpfchen, die seidigen hellen Haare, die großen, sehr blauen Augen, das Grübchen im Kinn – ihr stockte für einen Augenblick der Atem.
    Als sei Naki ihr zurückgegeben.
    »Kindchen, mein Lieb«, sagte sie leise und küßte die winzige Nasenspitze.
    Zirrkan beugte sich über sie und schloß behutsam seine Hand um das kleine Köpfchen. »Willkommen auf der Welt, kleines Mädchen. Liebe hat dir den Weg bereitet, und Liebe soll deinen Weg begleiten.«
    Sie selbst lächelte ihm zu, lehnte sich an ihn. »Nun dürfen wir doch noch ein Kind gemeinsam großziehen«, sagte sie.
    Er küßte ihre Augenlider. »Wie willst du sie nennen?« »Gilai. Wie meine Mutter.«
    Gilai zeichnete mit der Fußspitze Kreise in den Sand. »Ich muß mit dir reden«, sagte sie schließlich.
    »Ja?«
    Gilai hob einen kleinen Zweig vom Boden auf, setzte mit ihm ihre Zeichnung fort, verwischte alles und zerbrach den Zweig. Und dann stieß sie mit der Heftigkeit hervor, die Worte haben, wenn sie zu lange hin und her bewegt wurden: »Ich kann Klobo nicht heiraten!«
    Das Leben ist ein Kreis, ohne Anfang und Ende. Alles wiederholt sich.
    »Warum sagst du gar nichts?« klagte Gilai.
    Was soll ich sagen, meine Tochter? Soll ich dich an die Geschichte von der heiligen Ordnung der Urfrauen erinnern, wie meine Mutter es tat?
    Aber du kennst nicht den Ort ihres ewigen Bundes, die Heiligen Steine. Für dich ist nur eine Erzählung, was für mich der Mittelpunkt der Welt war.
    Oder soll ich dir vorhalten, daß deine Heirat mit Klobo seit langem zwischen mir und Klobos Mutter vereinbart ist, so wie Ri-Wirrkons Heirat mit Klobos Schwester, damit der Bund der Koa und Dala in der neuen Heimat neu gegründet werde – Hoffnung für die Zukunft? Du weißt es seit Jahren.
    »Warum?« fragte sie nur.
    »Weil ich Schroko liebe!«
    »Wen?«
    »Du kennst ihn nicht, er ist keiner von uns. Er ist von hier. Aus dem alten Dorf jenseits des Flusses. Aber er ist bereit, zu uns zu ziehen, wie es unter den Einheimischen hier üblich ist. Ich weiß schon, eine Menge Leute in unserem Dorf werden sich darüber aufregen, aber du und mein Muga, ihr habt doch auch so gegen unsere Sitten zusammengelebt, und ihr wart glücklich, sag ja, Mutter, bitte sag ja!«
    »Du wirfst weg, wofür Zirrkan gelebt hat und Ritgo gestorben ist – und erwartest auch noch, daß ich ja dazu sage!«
    »O Mutter, mach es mir doch nicht so schwer!«
    »Wer sagt, daß es meine Aufgabe ist, es dir leichtzumachen?«
    Gilai schwieg.
    »Aber du verstehst es doch, nicht wahr?« fragte sie endlich mit kleiner Stimme.
    »Daß ich es verstehe, heißt nicht, daß ich es gutheiße«, erwiderte Haibe.
    Gilai gab einen leisen, klagenden Laut von sich. Sagte nichts mehr.
    Ich bin müde.
    Wird auch das noch von mir verlangt, daß ich der Tochter weh tue, die ich liebe?
    Um der heiligen Ordnung willen.
    Wir selber haben sie gebrochen, Zirrkan und ich. Uns meinten wir erlauben zu können, was uns in unserer Jugend versagt geblieben war: ein Leben als Mann und Frau, Bruder und Schwester in einem. Ein spätes Glück.
    Nun beruft sich Gilai auf uns.
    »Mutter, so sag doch was! Beschimpfe mich, wenn es sein muß, aber schweig nicht länger!«
    »Dich beschimpfen? Warum sollte ich! Du willst nichts anderes, als ich in deinem Alter auch wollte. Und so wie ich in meiner Jugend, so weißt auch du nicht, was du da willst.
    Als ich hier mit Zirrkan in einem Haus lebte, da hatte ich keinen Bruder mehr. Du aber, du hast einen Großen Bruder,
    denn das ist er, Ri-Wirrkon, auch wenn er genaugenommen dein Neffe ist.
    Gilai, eine Frau ohne Großen Bruder, das ist wie ein Körper ohne Glieder, kein Ehemann, kein Geliebter kann dir den Bruder ersetzen! Ich hab' es erlebt, sosehr ich deinen Muga geliebt habe, meine Brüder habe ich immer vermißt, vor allem den einen, den Großen Bruder.
    Und du willst deinen Großen Bruder aufgeben, und Ri-Wirrkon willst du die Familie rauben.
    Oder ist dir nicht klar, daß er nicht mehr dein Großer Bruder sein kann, wenn du mit deinem Mann zusammenlebst, wenn dein Mann es ist, der für euch den Pflug führt und die schwere Arbeit macht, wenn dein Mann nicht nur in der Nacht, sondern auch am Tag in deinem Haus lebt! Daß du Ri-Wirrkon damit heimatlos machst!«
    »Doch, ich – ich habe schon mit ihm darüber

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