Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)
gedreht, sodass Hugo einen flüchtigen Blick auf ihr Profil erhaschte – eine Stupsnase und ein wenig Rosa, wo ihre Lippen waren.
„Sehen Sie“, brummte Clermont, „da war diese Gouvernante.“
Hugo verdrehte die Augen. Jedes Geständnis, das so begann, konnte nicht gut ausgehen.
Clermont gestikulierte. „Es ist im Sommer passiert, als ich mich um Geschäfte auf Wolverton Hall kümmern musste.“
Hugo übersetzte das im Geiste: Der Herzog hatte sich mit seinen dämlichen Freunden hemmungslos betrunken, nachdem seine Ehefrau ihre Sachen gepackt hatte und sein Schwiegervater seine einst so großzügig geöffnete Börse zugeschnürt hatte. Aber es war witzlos, von dem Mann Ehrlichkeit zu verlangen. Er würde sie nie bekommen.
„Wie auch immer“, fuhr Clermont fort und deutete auf die Bank draußen, „das da ist sie. Sie wartet. Sie verlangt Entschädigung von mir.“
„Wie bitte?“ Hugo schüttelte verwirrt den Kopf.
Der Herzog schnaubte verärgert. „Muss ich es buchstabieren? Sie will etwas von mir.“
Hatte er den Herzog mit einem Kind verglichen? Eher ein Kleinkind, das traf es besser. Hugo bemühte sich, mit ruhiger Stimme zu sprechen. „Zwischen den Geschäften in Wolverton und einer Gouvernante, die vor Ihrem Stadthaus wartet und Entschädigung verlangt, fehlt eine Reihe von Ereignissen, um eine Verbindung herzustellen. Wofür verlangt sie Entschädigung? Wer hat Sie darauf hingewiesen?“
„Sie hat mich eben gerade erwischt, als ich heimkam von … ist ja auch egal, wo ich war“, berichtete der Herzog. „Sie war auf der Straße, wartete auf die Ankunft der Kutsche.“
„Und, was will sie?“, hakte Hugo nach.
Clermont lachte wenig überzeugend. „Nichts. Wirklich nichts. Ich … äh, in Wolverton Hall habe ich gesehen, wie gut sie mit den kleineren Kindern umgehen konnte. Daher habe ich ihr eine Stelle angeboten, für meinen Sohn hier.“
„Ihr bislang noch ungeborenes Kind.“
„Ja“, murmelte Clermont. „Genau. Und daher hat sie ihre Stelle in Wolverton Hall gekündigt. Und dann konnte ich ihr hier keine Arbeit anbieten, weil die Herzogin ausgezogen war. Und jetzt ist sie auch wütend.“
Die Geschichte klang noch nicht einmal entfernt glaubhaft. Hugo spielte kurz mit dem Gedanken, Seine Gnaden der Lüge zu bezichtigen. Aber das würde nichts nützen; die Erfahrung der letzten Jahre hatte ihn gelehrt, dass wenn der Herzog sich erst einmal eine Geschichte ausgedacht hatte, er verbissen daran festhielt, egal wie viel Löcher man ihm darin aufzeigte.
„Sie sagt, sie werde dort sitzen bleiben, bis sie ihre Entschädigung erhalten habe“, erklärte Clermont. „Und ich glaube, es ist ihr ernst damit. Sie sehen, in welcher Zwickmühle ich mich hier befinde. Wenn alles gut geht, bringe ich die Herzogin in ein paar Wochen zurück. Das hier ist ein teuflisch schlechter Zeitpunkt. Das alte Mädchen wird denken …“
„Dass Sie eine Bedienstete verführt und ruiniert haben?“, fragte Hugo trocken. Das war wenigstens das, worauf er sein Geld setzen würde.
Aber Clermont wurde noch nicht einmal rot. „Richtig“, sagte er. „Man kann klar erkennen, die bloße Vorstellung ist schon absurd. Selbstverständlich habe ich nichts dergleichen getan – das wissen Sie, Marshall. Aber so, wie die Dinge nun einmal liegen, muss sie verschwunden sein, wenn ich zurückkomme.“
„Haben Sie sie gezwungen?“, erkundigte Hugo sich.
Clermont wurde bei der Frage rot. „Himmel, Marshall. Ich bin Herzog. Ich habe es schlicht nicht nötig, Frauen zu irgendetwas zu zwingen.“ Er runzelte die Stirn. „Was kümmert Sie das überhaupt? Man nennt Sie schließlich nicht wegen Ihres Gewissens das Ungeheuer von Clermont.“
Nein, das tat man nicht. Aber Hugo hatte noch eines. Er versuchte nur, sich nicht daran zu erinnern.
Hugo blickte aus dem Fenster. „Leicht genug. Ich lasse sie von den Konstablern wegen Landstreicherei oder Erregung öffentlichen Ärgernisses entfernen.“
„Äh … nein.“ Clermont hüstelte.
„Nein?“
„Ich würde nicht unbedingt sagen, es sei eine gute Idee, sie in einen Gerichtssaal zu bringen. Sie wissen doch, da sind überall diese Zeitungsschreiber, die auf der Suche nach Schlagzeilen sind. Jemand könnte Fragen stellen. Am Ende denkt sie sich noch Sachen aus. Und während ich sicherlich alle Gerichtsuntersuchungen im Keim ersticken kann, was, wenn etwas davon zu Helen dringt? Sie wissen doch, wie empfindlich sie ist, wenn es um andere Frauen geht.“
Nein, von
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