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Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Titel: Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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undamenhafte Weise. Ihr Lachen war der Grund für ihre Qualen vor all den Jahren gewesen. Und wenn Elaine jetzt lachte, ohne etwas zurückzuhalten, sandte sie ihnen eine Botschaft.
    Ihr könnt mich nicht brechen. Ihr könnt mir nicht wehtun. Ihr könnt mich noch nicht einmal dazu bringen, dass ich euch zur Kenntnis nehme.
    „Ja“, sagte Lady Cosgrove nach einer bezeichnenden Pause, „Ich kann sehen, dass Sie eine echte Expertin sind.“
    „Allerdings.“ Elaine lächelte strahlend. „Ich habe erst letzte Woche einen Vortrag von einem Naturwissenschaftler besucht, der den ganzen weiten Weg bis in die Große Karoo gereist ist.“
    „Die Große Karoo?“, fragte Lady Cosgrove. „Wo … ach, egal. Die Tiere dort müssen allerdings anders sein. Schnauben sie? Oder quietschen sie?“
    Elaine winkte ab. „Es ist eine Wüste. Es gibt nur wenige Tiere, die dort ihren Lebensraum haben.“
    Dennoch hatte sie fasziniert die Abbildungen riesiger flugunfähiger Vögel betrachtet. Der Forscher hatte gesagt, dass diese Wesen den Kopf in den Sand steckten, wenn Gefahr drohte. Offenbar glaubten sie, wenn sie nichts sahen, konnten auch sie nicht gesehen werden.
    Sie hatte nicht begriffen, warum jemand die neunmonatige Reise nach Afrika angetreten hatte, um Exemplare einer Art zu finden, die sich vor der Wahrheit versteckte. Nein, so ein weiter Weg war überflüssig. Man musste sich lediglich in den nächsten Ballsaal begeben.
    Sie war nun schon so lange Zielscheibe des Spotts, dass ihr Leugnen zur zweiten Natur geworden war. Es war ihr egal, was die Leute sagten; wenn man so tat, als hörte man es nicht, dann konnte es einem auch nicht peinlich sein. Sie durfte sich keine Reaktion anmerken lassen, durfte keine Scham besitzen. Wenn man nicht zur Kenntnis nahm, was sie zu einem sagten, musste man auch keine Tränen vergießen. Daher hatte sie den Kopf in den Sand gesteckt und alles von sich verborgen, bis nur noch eine hellhaarige Marionette übrig war. Marionetten hatten keine Gefühle und spürten nichts, noch nicht einmal, wenn sie ihrem schlimmsten Peiniger gegenüber standen.
    Sie lächelte, dieses Mal für beide: Lady Cosgrove und ihre gehässigen Sticheleien und Lord Westfeld, der keine Miene verzogen hatte, noch nicht einmal die Andeutung eines Lächelns gezeigt hatte, seit er hier stand.
    „Nein“, erwiderte Elaine fröhlich, „auf dem afrikanischen Kontinent gibt es nichts, das auch nur im Entferntesten als fremd bezeichnet werden könnte.“
    Westfeld beobachtete sie eindringlich. Dieser geistesabwesende Ausdruck auf seinem Gesicht war stets Vorbote einer besonders grausamen Bemerkung gewesen.
    Neben ihr klopfte ihre Mutter mit den behandschuhten Fingern auf ihre Röcke. „Lady Cosgrove, Lord Westfeld – danke für Ihre Aufmerksamkeit. Es ist lange her, seit wir einander gesehen haben.“ Ihre Mutter machte eine Pause, und Elaine konnte praktisch sehen, wie sie Luft holte und ihr Bestes gab, eine höfliche Konversation zu führen. „Die Sterne. Heute Nacht werden sie besonders hell scheinen. Wissen Sie, dass fast Neumond ist?“
    „Allerdings“, antwortete Lady Cosgrove mit seidenweicher Stimme. „Erzählen Sie uns mehr vom Mond, Lady Stockhurst. Sie sind darin sehr bewandert.“
    Ein Muskel zuckte in Westfelds Wange. „Nein“, sagte er. Er wirkte selbst überrascht, dass er etwas gesagt hatte. „Nein, ich bin nicht hergekommen, um … Lady Elaine, ich bin hergekommen, um Sie um einen Tanz zu bitten.“ Er streckte seine Hand aus, aber er griff nicht nach ihr, bot sie ihr nur an. Unpassenderweise fiel ihr auf, dass seine Handschuhe aus hellbraunem Ziegenleder waren – keine modische Farbe.
    Wie seltsam. Westfeld hatte sich immer modebewusst gekleidet.
    Trotz dieses kleinen Stilbruches hätte sie ihn fast als gut aussehend bezeichnet, wenn sie nicht berücksichtigte, wer er war. Seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, waren seine Gesichtszüge härter geworden, kantiger. Sie konnte sich beinahe einreden, er sei ein anderer Mensch.
    Aber trotz der langen Zeitspanne hatte sie nicht vergessen, was als Nächstes kommen würde. Es war eine Version des Spielchens „Lass uns nett zu Elaine sein“, und sie hatten es auch früher mit ihr getrieben. Lass uns Elaine zu unserer exklusiven Gesellschaft einladen. Lass uns Elaine zum Tanz auffordern. Lass uns Elaine glauben machen, dass wir vergessen haben, gemein zu ihr zu sein.
    Der nächste Schritt war immer: Jetzt, nachdem wir sie dazu verleitet haben, sich

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