Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)
hergeholt, dass sie nicht anders konnte, als laut zu lachen.
Er seufzte. „Nein“, sagte er. „Natürlich nicht.“
Wenn der Klatsch sich in Richtung Vertragsbruch bewegte, brauchte sie eine neue Strategie. Aber Serena strich sich einfach die Röcke über ihren Knien glatt. „Wie amüsant“, sagte sie. „Reden Sie doch weiter. Was sonst noch?“
Er schob seine behandschuhten Hände ineinander und schaute nach unten. „Ich habe gehört, Clermont habe Sie vergewaltigt.“ Das letzte Wort klang wie ein dumpfes Grollen.
Serena unterdrückte einen Schauder. Sie zuckte nicht zusammen – noch nicht einmal unter dem Schatten, der dabei über sie hinweg zog. „Glauben Sie das alles?“
„Ich glaube nichts davon, nicht ohne Beweise. Erzählen Sie mir, was wirklich geschehen ist, Miss Barton, vielleicht kann ich Ihnen dann helfen.“
Sie hatte dem Herzog heute Morgen alles erzählt. Er hatte gelacht und ihr gesagt, sie solle gehen und den Mund halten. Es war das zweite Mal, dass er von ihr verlangte, still zu sein. Daher hatte sie versprochen, zurückzukommen – in Schweigen, nichts als anklagendem Schweigen. Wochen über Wochen, in denen sie praktisch auf seiner Türschwelle saß und in denen sich alle wunderten, warum sie das tat. Wenn die Gerüchte zu seiner Ehefrau zu dringen drohten, würde er sich seiner Verantwortung stellen müssen.
Sie betrachtete Mr. Marshall. Trotz all seiner lächelnden Freundlichkeit war er geradeheraus. Er kam gleich zum Kern der Sache und fragte sie offen. An der Art und Weise, wie er sie anschaute, konnte sie erkennen, dass er eine Antwort erwartete.
Auf den zweiten Blick, stellte sie fest, war er doch nicht so gewöhnlich, wie sie anfangs gedacht hatte. Seine Nase war einmal gebrochen gewesen. Sie war gerichtet worden, aber nicht wirklich sorgfältig, sodass in der Mitte ein Höcker geblieben war. Und obwohl er keineswegs fett war, waren seine Schultern doch breiter, als sie es je bei einem Butler gesehen hatte.
„Es tut mir leid, Mr. Marshall“, erwiderte sie. „Aber das werde ich nicht sagen."
„Oh?“ Er wirkte leicht verwirrt. „Sie werden es auch mir nicht verraten?“
„Ich wage es nicht.“ Sie schenkte ihm noch ein Lächeln. „Ich bitte um Verzeihung, wenn ich Ihre Neugier anfache, aber ich werde Ihnen nicht den Gefallen tun können. Guten Tag.“
Er nahm seinen Hut ab und fuhr sich durch sein braunes Haar. „Gibt es irgendeinen Grund für Geheimnistuerei? Ich werde mich mit Ihnen auch mitten in der Nacht treffen, wenn das nötig ist, um die Sache zu einem befriedigenden Ende zu bringen. Ich hatte gehofft, es wäre so leicht.“
Ihr Lächeln gefror. „Nein“, hörte sie sich entschlossen antworten. „Neuerdings treffe ich mich nur am hellen Tag. Ich habe nicht vor, übervorsichtig zu sein, aber wenn ich meine Wäsche in aller Öffentlichkeit wasche, sozusagen, wäre es möglich, dass man mich wegen übler Nachrede anklagt. Daher muss ich auf der Hut sein.“ Das war die richtige Note, um die Gerüchte in Gang zu bringen – anzudeuten, dass sie über die Mittel verfügte, den Namen des Herzogs zu verunglimpfen, ohne dass sie ins Detail gehen musste.
Aber er stellte keine Mutmaßungen an. Er lehnte sich einfach zurück, und die Eisenbank knarzte leise. „Glauben Sie, Clermont würde Sie anklagen, weil Sie mit mir sprechen?“
„Oh, sicherlich nicht Clermont selbst. Aber sein Agent … Wer kann schon wissen, wie weit er gehen würde, um das Geheimnis des Herzogs zu schützen?“
„Sein Agent“, wiederholte Mr. Marshall, legte seinen Hut neben sich auf die Bank. „Sie wollen nicht mit mir reden, weil Sie Angst haben von dem Agenten des Herzogs?“
„Sie haben doch sicherlich von ihm gehört. Man nennt ihn das Ungeheuer von Clermont.“
„Man … was?“ Er lehnte sich vor.
„Das Ungeheuer von Clermont“, wiederholte sie. „Der Herzog greift auf ihn zurück, wenn er Dinge erledigt haben will, Sachen, die ein gewöhnlicher Mann, dem vielleicht sein Gewissen im Weg stünde, nicht tun würde.“
Er starrte sie eine Weile schweigend an. Dann, langsam, ganz langsam, nahm Mr. Marshall seinen Hut, drehte ihn in seinen Händen. „Ah“, sagte er. „ Das Ungeheuer von Clermont. Kennen Sie den Kerl?“
„Oh ja.“
Er machte einen Laut, der höfliche Ungläubigkeit zum Ausdruck brachte.
„Nur aus der Klatschpresse“, erklärte sie. „Ich habe ihn nie persönlich kennengelernt. Aber er hat den übelsten denkbaren Ruf. Er war Boxer, bevor er
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