Die Günstlinge der Unterwelt - 5
eine Menge erzählen. Das spüre ich in den Knochen.«
Galtero nickte. »Wir sollten uns jetzt besser auf den Weg zum Palast der Konfessoren machen, Lord General.«
Brogan warf sich das Cape über die Schultern. »Wir werden auf dem Weg nach draußen bei Ettore vorbeischauen.«
Ein Feuer war angeheizt worden und brannte brüllend, als die drei den kleinen Raum betraten, um nach Ettore und den beiden zu sehen, die man ihm anvertraut hatte. Ettore war bis zur Hüfte nackt, seine Muskeln waren von einer Schweißschicht bedeckt. Oben auf dem Sims blinkten mehrere Rasiermesser sowie eine Sammlung spitzer Eisendorne. Eisenstäbe lagen fächerförmig ausgebreitet vor der Feuerstelle. Ihr anderes Ende glühte orange in den Flammen.
Die alte Frau kauerte in der gegenüberliegenden Ecke, den Arm schützend um das Mädchen gelegt, das ihr Gesicht in der braunen Decke verbarg.
»Hat sie dir irgendwelche Schwierigkeiten gemacht?« erkundigte sich Brogan.
Ettore ließ sein vertrautes Grinsen aufblitzen. »Mit ihrer arroganten Haltung war es schnell vorbei, als sie dahinterkam, daß wir hier keine Unverschämtheit dulden. So ist es mit den Verderbten. Sie brechen zusammen, sobald man sie mit der Macht des Schöpfers konfrontiert.«
»Wir drei müssen für eine Weile das Haus verlassen. Der Rest des Verbandes wird hier im Palast bleiben, für den Fall, daß du Hilfe brauchst.« Brogan betrachtete die Eisendorne, die im Feuer glühten. »Wenn ich zurückkomme, will ich ihr Geständnis. Das Mädchen ist mir gleich, aber die Alte sollte besser noch leben und erpicht sein, mir alles zu verraten.«
Ettore berührte die Stirn mit den Fingerspitzen und verneigte sich. »Beim Schöpfer, es soll sein, wie Ihr befehlt, Lord General. Sie wird alle Verbrechen gestehen, die sie für den Hüter begangen hat.«
»Gut. Ich habe noch weitere Fragen, und ich will die Antworten darauf.« »Ich werde Euch keine Fragen mehr beantworten«, sagte die alte Frau.
Ettore schürzte verächtlich die Lippen und blickte finster über die Schulter. Die alte Frau verkroch sich noch tiefer in der dunklen Ecke. »Den Schwur wirst du brechen, bevor die Nacht vorüber ist, du alte Hexe. Wenn du siehst, was ich deinem kleinen bösen Mädchen antue, wirst du darum flehen, die Fragen beantworten zu dürfen. Erst darfst du mitansehen, wie sie stirbt, dann kannst du dir überlegen, was dich erwartet, wenn du an der Reihe bist.«
Das Mädchen kreischte und drängte sich näher an die alte Frau heran.
Lunetta starrte die beiden in der Ecke an und kratzte sich bedächtig den Arm. »Wollt Ihr, daß ich bleibe und Ettore zur Hand gehe, Lord General? Ich glaube, das wäre am besten.«
»Nein. Du wirst mich heute abend begleiten.« Er hob den Kopf und sah Galtero an. »Das habt Ihr gut gemacht, mir diese Frau zu bringen.«
Galtero schüttelte den Kopf. »Sie wäre mir niemals aufgefallen, hätte sie nicht versucht, mir Honigkuchen zu verkaufen. Irgend etwas an ihr hat meinen Argwohn erregt.«
Brogan zuckte mit den Achseln. »So ist das mit den Verderbten. Sie werden vom Lebensborn angezogen wie Motten vom Licht. Sie sind übermütig, weil sie an ihren bösen Herrn und Meister glauben.« Er sah noch einmal zu den Frauen hinüber, die sich in die Ecke duckten. »Aber wenn sie der Gerechtigkeit des Lebensborns gegenüberstehen, verlieren sie all ihre Widerborstigkeit. Diese hier wird nur eine kleine Trophäe abgeben, aber dem Schöpfer wird damit gedient sein.«
12. Kapitel
»Hör auf damit«, knurrte Tobias. »Die Leute werden denken, du hast Flöhe.«
Auf einer breiten Straße, zu beiden Seiten gesäumt mit majestätischen Ahornbäumen, deren kahles Astdickicht sich über ihren Köpfen verflocht, stiegen Würdenträger und Amtsinhaber verschiedenster Länder aus prunkvollen Kutschen und schlenderten das letzte Stück hinauf zum Palast der Konfessoren. Wie Uferbänke standen d’Haranische Soldaten am Rand des Stromes der grüppchenweise eintreffenden Gäste.
»Ich kann nichts dagegen tun, Lord General«, beschwerte sich Lunetta, während sie sich kratzte. »Meine Arme jucken, seit wir hier in Aydindril angekommen sind. So habe ich mich noch nie gefühlt.«
Menschen, die sich dem Strom anschlossen, starrten Lunetta ganz offen an. Wegen ihrer zerfetzten Lumpen fiel sie auf wie eine Leprakranke bei einer Krönungszeremonie. Sie schien den Spott in den Blicken nicht zu bemerken, eher hielt sie ihn für Bewunderung. Bei unzähligen Gelegenheiten hatte sie sich
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