Die Günstlinge der Unterwelt - 5
Palasteingang in die Höhe. Das Heer der Soldaten zu beiden Seiten schleuste sie durch weiße, mit Schnitzereien verzierte, weit offenstehende Türen hinein in eine prachtvolle Eingangshalle, die durch Fenster aus blaßblauem Glas erhellt wurde. Diese waren zwischen polierten, weißen Marmorsäulen, die goldene Kapitelle krönten, eingelassen. Tobias Brogan hatte das Gefühl, in den Bauch des Bösen hineingesogen zu werden. Die anderen Gäste, hätte auch nur ein einziger von ihnen genug Verstand besessen, wären angesichts dieses Monuments der Gottlosigkeit erschaudert, und nicht wegen der toten Tierkadaver.
Nach einem langen Marsch durch elegante Korridore und Gemächer mit genügend Granit und Marmor, um daraus einen Berg zu errichten, kamen sie endlich durch eine hohe Mahagonitür und betraten einen riesigen Saal, über dem sich eine gewaltige Kuppel wölbte. Reiche Fresken von Männern und Frauen zierten die Decke.
Runde Fenster rings um den unteren Kuppelrand gewährten dem nachlassenden Licht Eintritt und gaben den Blick frei auf die Wolken, die sich am dämmernden Himmel zusammenbrauten. Die Sessel hinter dem prächtigen, mit Schnitzereien verzierten Tisch oben auf dem Podium, auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes, waren leer.
Hinter mit Bögen überwölbten Durchbrüchen rings um den Saal führten Treppen hinauf zu den mit Säulengängen versehenen Balkonen, die von geschwungenen, polierten Mahagonigeländern eingefaßt wurden. Auf den Balkonen drängten sich ebenfalls Menschen – keine feingekleideten Edelleute wie im Saal selbst, bemerkte er, sondern gewöhnliches, arbeitendes Volk. Den anderen Gästen fiel dies ebenfalls auf, und sie warfen mißbilligende Blicke nach oben auf das Gesindel, das im Schatten hinter dem Geländer stand. Die Menschen dort oben hielten ein wenig Abstand zum Geländer, so als suchten sie die Anonymität der Dunkelheit, damit keiner von ihnen erkannt und zur Rechenschaft gezogen werden konnte, weil er es gewagt hatte, bei einem so großen festlichen Anlaß anwesend zu sein. Üblicherweise wurde ein großer Mann erst der Obrigkeit vorgestellt, bevor er sich dem gewöhnlichen Volk präsentierte.
Die Gäste unten ignorierten das Publikum auf den Balkonen und verteilten sich auf dem gemusterten Marmorboden. Dabei hielten sie Abstand zu den beiden Männern des Lebensborns und versuchten, es wie einen Zufall und nicht wie Absicht aussehen zu lassen, wenn sie ihnen aus dem Wege gingen. Erwartungsvoll blickten sie sich nach ihrem Gastgeber um, während sie tuschelnd die Köpfe zusammensteckten. Fast schienen sie in ihren eleganten Kleidern ein Teil der reichen Schnitzereien und Dekoration zu sein. Niemand ließ sich anmerken, daß ihm die Pracht des Palastes der Konfessoren gewaltigen Respekt einflößte. Tobias vermutete, daß die meisten häufige Besucher waren. Er war zwar nie zuvor in Aydindril gewesen, aber er wußte, wann er Speichellecker vor sich hatte. In der Umgebung seines Königs hatte es genug davon gegeben.
Lunetta blieb dicht an seiner Seite, die eindrucksvolle Architektur ringsum interessierte sie nur wenig. Von den Menschen, die sie anstarrten, nahm sie keinerlei Notiz, obwohl es inzwischen weniger geworden waren – die meisten waren jetzt eher an sich selbst und an der Aussicht, endlich Lord Rahl kennenzulernen, interessiert, als an dieser seltsamen Frau, die zwischen zwei Männern des Lebensborns in scharlachroten Capes stand. Galtero ließ den Blick im Raum schweifen, wobei er den Prunk übersah, und taxierte statt dessen ohne Unterlaß Menschen, Soldaten und Ausgänge. Die Schwerter, die er und Tobias trugen, dienten nicht der Zierde.
Bei aller Verachtung konnte Tobias nicht umhin, den Ort, an dem er stand, zu bewundern. Dies war der Ort, von dem aus die Mutter Konfessor und die Zauberer ihren Einfluß über die Midlands ausgeübt hatten. Dies war der Ort, an dem der Rat, über Jahrtausende hinweg, das Symbol der Einheit dargestellt und die Magie bewahrt und geschützt hatte. Von hier aus hatte der Hüter die Fäden gezogen.
Diese Einheit war jetzt zerschlagen. Die Magie hatte ihre Macht über die Menschen, ihre schützende Funktion, verloren. Das Zeitalter der Magie war vorbei. Die Midlands waren am Ende. Schon bald würde der Palast voller scharlachroter Capes sein, und auf dem Podium würden dann die Männer des Lebensborns sitzen. Tobias lächelte – die Geschehnisse bewegten sich unaufhaltsam auf ihr unausweichliches Ende zu.
Ein Mann und eine
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