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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sehen – und außerdem, das Püppchen verbrennen? Nein, es bleibt ja noch etwas.
    Ludwig Ladowsky schob die rechte Hand in die Tasche, die noch immer blutverklebte rechte Hand. Er holte es heraus, hielt es in der Hand, sah es an – und lächelte, es war beinahe das alte Lächeln, entspannt, fast verklärt: Das Kreuz ist ja auch so hübsch, zwar nur aus Plastik, aber viel hübscher als das Holzkreuz vom letztenmal. Der Heiland darauf hat ein bißchen Blut auf den silbernen Leib abbekommen, so was ist gefährlich! Abreiben … Er nahm sein Taschentuch, wickelte es um die Finger und rieb das Kreuz am Matratzenbezug sauber, faßte es erneut an und legte es dem toten Püppchen zwischen die Brüste.
    Endlich – getan!
    Er ging.
    Auf der kleinen Lichtung vor dem verfallenen Wildfutterschuppen am Wald wartete der Fiesta. Die Lichtstrahlen der untergehenden Sonne lagen darauf; es sah so schön, so friedlich aus, und der Fiesta wirkte richtig elegant – wie auf einem Werbefoto.
    Was er jetzt brauchte, war Wasser, viel, viel Wasser.
    Aber das gab's, ja, gleich dort hinter dem Hügel am Bach …
    * * *
    »Fahr bis Moscia«, hatte Richard Saynfeldt gesagt. »Immer am See lang. Vor Moscia gibt's ein kleines Seerestaurant. Dort kriegst du die Regatta prima mit.«
    Isabella hatte genickt. Sie hatte auch den Feldstecher entgegengenommen, den er ihr reichte, damit sie ja seine verdammte Regatta in allen aufregenden Einzelheiten beobachten konnte; sie setzte jenes Lächeln auf, das der Krieger erwartet, der in die Schlacht zieht, dann hatte sie Richard Saynfeldt, dem Champion, und seinen guten Kumpels vom Segelclub Ronco noch einmal zugewinkt, während die Krieger ihre Segel setzten. Wie auf ein Stichwort hin war Wind aufgekommen: Nordwind, vom Gotthard her über die Magadino-Ebene wehend füllte er die Segel, drängte das Rudel der Schiffe hinaus auf den Lago, hinüber zum Startplatz, in der Mitte die ›Nixe 3‹, grüner Rumpf, grüner Spinnaker und Richards Stolz, wie auch nicht, ein Boot vom Feinsten, in Dänemark gebaut, doch im Grunde nichts als eine Badewanne aus Leichtmetall mit einem spitzigen Silberstahlstachel von Mast.
    Isabella nahm nur einmal das Fernglas an die Augen.
    Sie fand weder grünen Rumpf noch grünes Segel, also ging sie auf die Piazza zurück, setzte sich auf die Terrasse des ›Helvetia‹ und bestellte sich beim Kellner einen Cappuccino.
    Ihr Blick fiel auf den freien Stuhl an ihrer Seite.
    Eine Zeitung lag darauf. Jemand hatte sie liegen lassen, die Seiten umgeschlagen, der Text war deutsch. Isabella nahm sie hoch: Die Frankfurter Rundschau.
    Es war die erste Zeitung, die Isabella in der Hand hielt, seit sie mit Richard vor drei Tagen in Ascona angekommen war. Die alte Jugendstilvilla, die sie oben am Monte bewohnten, gehörte Richards Onkel, dem pensionierten Bundesrichter Professor Dr. Hans Saynfeldt. Doch der Professor fuhr seit Jahren nicht mehr in den Tessin, so daß die Familie sie nach Belieben benutzen konnte. Sie verfügte weder über einen Fernseher noch über Radio, auch das Telefon war abgeschaltet. Richard fand das einfach ideal: »Keiner will was von dir. Von keinem brauchst du was zu wissen. Hier lebst du wie in einer Oase oder auf einer Südseeinsel.«
    Außerdem hatte er ja sein Handy.
    Als sie mit einem Seufzer ihren Cappuccino austrank, fiel ihr Blick erneut auf die Zeitung. Die Seite vier war aufgeschlagen, und die Aufmachermeldung trug so alarmierend schwarze Balken, daß sie ihr förmlich entgegensprangen:
    DER KREUZ-MÖRDER MELDET SICH ZURÜCK. – NEUE FURCHTBARE UNTAT DES TRIEBTÄTERS AN EINER SECHZEHNJÄHRIGEN.
    In der Textmitte waren zwei Fotos abgedruckt. Das eine zeigte ein junges Mädchen, das andere einen jungen Mann, den ein Kriminalbeamter am Arm hielt.
    Isabella starrte die beiden Fotos an und spürte jäh den bitteren Geschmack der Erinnerung: Der Kreuz-Mörder? Sie kannte dieses Gesicht …
    * * *
    »Trümmerbrüche über die gesamte Schädeldecke mit tiefgehenden Cortex-Verletzungen als Folge. Auf der linken Schädelseite Knochenrisse und Ausschieferungen bis zum Jochbein. Angesichts der massiven Zerstörung des Gehirngewebes entfällt die Notwendigkeit einer differenzierten Darstellung. Der Tod muß sofort eingetreten sein …
    Die übrigen Verletzungen, Gewebe- und Organschädigungen sind im vorangehenden Zeitraum erfolgt. Im wesentlichen handelt es sich – eine Einzeldarstellung wird anschließend gegeben – um folgende Schädigungen: ein großes Hämatom an

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