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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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hier sehen. Sie würde ihn nicht anrufen. Daß man ihr nichts ansah, hatte Jim gesagt. Sie wagte durch das Halbdunkel einen Blick in den Spiegel und schreckte zurück. Aber wenn sie sich kämmen würde, die Haare zusammenbinden, würde keiner merken, daß ein Büschel fehlte. Sie nahm das feuchte Handtuch und ging ins Wohnzimmer. Da lag Sara, die Jacke im Mund. –Sara, Isabelle flüsterte, kniete vor ihr. Umfing vorsichtig mit den Händen das Gesicht, aus dem sie die Augen leer anblickten. Griff mit der Rechten nach dem Handtuch, wischte über das verkrustete Blut. Stand auf, ging ins Bad, spülte das Handtuch aus, kehrte zurück. Jede Bewegung legte ein kleines Stück Zerstörung frei, die aufgeplatzte Lippe, die blutige Lücke, wo zwei Zähne fehlten, die Nase, die gebrochen war, einen Bluterguß, geschwollen. Vorsichtig hob sie das Kind auf, es fand mühsam auf die Beine, trottete dann hinter ihr ins Bad. Es ließ sich das Gesicht, die Hände mit warmem Wasser waschen, ein weiteres Handtuch, kalt, auf die Schwellung legen. Folgte Isabelle ins Wohnzimmer, zum Fenster, schaute zu, wie Isabelle nach ihrer Handtasche suchte, hinauskletterte. –Polly, sagte Sara. Isabelle nickte, log. –Komm, vielleicht ist sie wieder zu Hause. Sie lief die paar Stufen hinauf, es dämmerte schon. Die Kleider waren nicht mehr da, ein Stück blaugrünen Stoffs guckte aus der Mülltonne heraus, über dem Rest lag eine aufgeplatzte Mülltüte. Sara versuchte auf die Fensterbank zu klettern, rutschte zurück, versuchte es noch einmal, gab auf. Isabelle sah das verschwollene Gesicht, streckte die Hand aus, um ihr zu helfen. Sie mußte sich hineinlehnen, das Kind klammerte sich an ihre Hand, ließ plötzlich los und schaute sie mißtrauisch an. Aber was soll ich tun, dachte Isabelle, Tränen liefen ihr übers Gesicht, sie drehte sich weg. Dann lief sie los.

    Dave klingelte, klingelte noch einmal, reckte sich zum Fenster, klopfte, ging zurück auf die Straße und stellte sich auf die Zehenspitzen. Da war das Sofa, der Tiger darauf. –Sara, rief er, Sara, bist du da? Er starrte die Frau, die mit einer Hand eine viel zu weite Hose festhielt, mißtrauisch an. –Dave, wiederholte sie, du bist Dave, nicht wahr? Er nickte, verstand nur einen Teil dessen, was sie sagte, mit der freien Hand die Straße hinunterzeigend, –sie ist bei Jim, sagte sie, wiederholte noch einmal, bei Jim. Sie zitterte, Dave wußte nicht, ob er etwas tun mußte, aber da wandte sie sich ab, und zögernd fing er an, die Straße hinunterzugehen, zu Jims Wohnung. Er spürte ihren Blick, drehte sich noch einmal um, winkte hilflos, sie schüttelte den Kopf, anscheinend weinte sie, und er rannte los. Niemand öffnete, doch dann sah er das offene Fenster, beugte sich hinunter. –Sara, rief er leise, Sara, bist du hier? Auf dem Sofa bewegte sich etwas, unter einer Decke tauchte ihr Gesicht auf, ein heller Fleck. Er hockte sich auf die Fensterbank, sprang hinein. –Little cat, flüsterte er, was ist passiert?

    Isabelle saß unten, noch immer in Jims Kleidern, es wurde dunkel, sie schaltete das Licht nicht ein. Irgendwann stand sie auf, holte sich aus der Küche ein Glas Wasser, trug es hinunter, vergaß es, bis später ihr Blick auf den runden Arbeitstisch fiel, auf dem das Glas in einem schwachen Lichtstrahl stand, der durch die Blätter der Platane von der Straße ins Zimmer drang, unstetig, da ein leichter Wind die Blätter hin und her bewegte. Es klang, als würde es regnen, aber sie stand nicht auf, um nachzuschauen. Das Telefon klingelte, klingelte, hörte auf, bevor der Anrufbeantworter ansprang. Das Blinken signalisierte fünf Nachrichten. Bei jedem Auto, das vor dem Haus verlangsamte, bei jedem Geräusch, das hereindrang, hob sie den Kopf, aber dann war sie vielleicht eingeschlafen, denn plötzlich waren Stimmen in der Wohnung nebenan, in einem Aufruhr, aus dem sich erst allmählich einzelne Geräusche lösten, etwas, das gegen die Wand stieß, mehrmals hintereinander, eine Männerstimme, von Stille gefolgt, die sie dazu brachte aufzustehen, unmöglich zu sagen, wie lange das andauerte und wer Kräfte zu einem neuen Ansturm sammelte, sie stand auf, trank das Glas Wasser in einem Zug leer, roch den Geruch der Kleider, ihre Hand hielt mechanisch die Hose fest. Wieder klingelte das Telefon, diesmal sprang der Anrufbeantworter an, sie hörte Jakobs Stimme, –ich habe dich den ganzen Tag nicht erreicht, aber obwohl er besorgt klang, war seine Stimme so klar und

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