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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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glücklich, daß sie auf den Apparat zuging, –mit Bentham, sagte er, wir waren eigentlich nur spazieren und treffen Schreiber erst morgen, sie lauschte zur Wand hin, und Jakob zögerte, –es tut mir leid, ich hätte dich fragen sollen, ob du mitkommen willst, ein Pochen an der Wand lenkte sie ab, wie ein Klopfzeichen, –sei nicht böse, sagte Jakob, sie nickte mechanisch mit dem Kopf, ging auf die Wand zu und preßte ihr Ohr dagegen, hielt den Atem an. –Morgen oder übermorgen, sagte Jakobs Stimme, bevor die Verbindung abbrach und ein erneuter Schlag gegen die Wand, wie von einer Faust, sie zusammenzucken ließ. Die Hose rutschte über ihre Hüften, sie schluchzte, verfing sich mit dem Fuß in einem der Hosenbeine, stolperte, aber da war sie beim Telefon, wählte die drei Ziffern, die vorsorglich auf dem schwarzen Plastikgehäuse des Geräts klebten, umklammerte den Hörer, wiederholte die Adresse zweimal, bevor sie in die Frage nach ihrem Namen hinein auflegte und wieder den schweißigen Geruch des T-Shirts roch.
    Das Polizeiauto war, langsam von oben die Straße herunterkommend, vorbeigefahren, auf Höhe der Kirche etwa mußte es gewendet haben, das Blaulicht kreiste einige Male durchs Zimmer, bevor es verlosch und die Türen zuschlugen, fast übertönt von dem Zornesbrüllen, das jäh abbrach. Sie hockte sich unter das Fenster, an die kalte Heizung gepreßt, stand erst wieder auf, als ein zweites Blaulicht näher kam, durchs Zimmer kreiste wie ein Suchscheinwerfer, und dann sah sie, wie ein Sanitäter Sara behutsam zum Krankenwagen trug, ein zweiter hinter ihm, der den Kopf schüttelte und etwas sagte, der erste, das Kind in den Armen, ging zum Beifahrersitz, nahm eine Decke entgegen, wickelte Sara behutsam in die Decke, setzte sie in den Wagen. Dann wurde der Motor angelassen, und als er verklang, hörte Isabelle die Frauenstimme, schluchzend, erstickt, anscheinend stand sie in der Haustür, eine Männerstimme forderte sie ungeduldig auf, sich ins Auto zu setzen, Isabelle hockte sich wieder hin, hörte kurze Zeit später vier Autotüren zuschlagen, und als sie wieder aufstand, hinausschaute, war die Straße leer.

39
    Jakob sah noch, wie Bentham auf die Eingangstür zuging, von Maude und Alistair begrüßt wurde, Alistair blickte kurz auf, winkte ihm zu, dann setzte sich das Taxi in Bewegung, bog links ab und fädelte sich in den Verkehr auf der Great Portland Road ein, um gleich darauf am Regent’s Park entlang Richtung Norden zu fahren. Es ist aber nichts passiert, dachte Jakob, Alistair sagt, daß sie nur einen Schock hat. –Schicken Sie Alistair, wenn Sie Ihre Frau nicht erreichen! hatte Bentham schließlich ungeduldig verlangt. –Sie müssen doch wissen, ob etwas passiert ist, und dann hatte Alistair sie zu Hause angetroffen, –aber sie wollte mich nicht reinlassen, du solltest sofort kommen, sie mußte die Polizei rufen, weil die Nachbarn sich geprügelt haben. Jakob hatte nicht verstanden, was geschehen war, das Mädchen, hatte er gedacht, es ist bestimmt das Mädchen, und Bentham hatte darauf bestanden, daß sie noch am Nachmittag zurückflogen.
    Das Taxi erreichte die Kentish Town Road, bog langsam in die Lady Margaret Road ein, im Morgenlicht traten die viktorianischen Fassaden so plastisch hervor, daß es Jakob vorkam, als sähe er sie zum ersten Mal, die Straße lag friedlich da, Fenster leuchteten in der Sonne, das Laub der Platanen zeigte die ersten Anzeichen des Herbstes, es war September. Ein Mann mit einem Karren versperrte die Straße, hielt das Taxi auf, er bimmelte mit einer Glocke, stand vor der Kirche mitten auf der Fahrbahn, rief dem Pfarrer etwas zu, unablässig die Glocke schwingend, der Pfarrer gestikulierte heftig. Jakob hielt die Blumen, die er auf dem Flughafen für Isabelle gekauft hatte, vorsichtig von sich weg, damit kein Wasser auf seine Hosen tropfte. Isabelle stand in der Tür, als er ausstieg und zahlte, er warf einen Blick auf das Nachbarhaus, in das Fenster, hinter dem über der Lehne des Sofas die Decke mit dem Tiger ausgebreitet war, aber die Katze, die sonst dort gelegen hatte, fehlte, und Jakob fragte sich, wo sie jetzt war. Dann winkte Isabelle schüchtern, sie ließ die Tür los und lief auf ihn zu. Aber was ist passiert? fragte sich Jakob, warum trägt sie diese Kleider? Sie roch nach Schweiß, er mußte sich überwinden, sie zu umarmen. Sie schmiegte sich nicht an ihn, ihre Augen waren geschlossen, er betrachtete einen Moment ihr Gesicht, es zog ihm das Herz

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