Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)
Wochenendhaus begraben. Der Tierarzt hat mich bereits seit Wochen auf Churchills Ende vorbereitet, und wenn der Hund noch leben würde, könnten wir nicht …»
Mein Telefon schrillt, und obwohl ich damit gerechnet habe, zucke ich doch zusammen. Ich atme tief durch, bevor ich mich melde. «Hallo, Katja.»
«Mama, wo bleibt ihr denn? Wir machen uns Sorgen. Ist euch was passiert?», sprudelt sie los.
«Nein, nein, uns geht es gut», beruhige ich sie. «Sogar sehr gut!»
Ein erleichterter Seufzer dringt an mein Ohr. «Aber wo seid ihr?», hebt sie erneut an. «Habt ihr aus einem kleinen Verdauungsspaziergang eine Marathonwanderung gemacht?» Sie lacht fröhlich auf. «Ich will dich ja nicht kontrollieren, aber es geht auf Mitternacht zu, und so langsam müssen die Jungs ins Bett. Deshalb möchten wir bald heimfahren und dich natürlich mitnehmen.»
«Nicht nötig», wehre ich ab. «Wir sind … also wir kommen nicht zurück …»
«Was soll das heißen?», unterbricht sie mich in einem Ton aus Besorgnis und Verärgerung, als wäre ich die Tochter und sie die Mutter.
«Nun ja …», beginne ich, denn die Situation ist nicht einfach zu erklären. Eigentlich ist sie richtig seltsam. Sogar ein klein wenig verrückt, um genau zu sein. Und da hilft kein langes Drumherumgerede. Die knallharte Wahrheit ist wohl das Beste. «Ich sitze mit Friedrich im Zug nach Paris!»
Einen Moment lang höre ich sie nur atmen. Dann schreit sie mich an: «Mama!»
«Es war eine spontane Entscheidung, und wir bleiben über Silvester», informiere ich sie und rede eilig weiter: «Frau Janatscheck hat einen Schlüssel zu meiner Wohnung, sie ist morgen bestimmt zu Hause. Wegen deiner Gans …»
«Die Gans?», wiederholt sie verblüfft.
«Ja, die wollt ihr doch sicher morgen verspeisen, oder?», frage ich heiter. «Ach ja, und es wäre schön, wenn du zwischen den Jahren meine Wohnung etwas aufräumen könntest.»
«Aufräumen?», wiederholt sie erneut.
«Ich möchte bei meiner Rückkehr nicht von einer nadellosen Baumkrücke empfangen werden», verdeutliche ich zur Sicherheit. «Grüß mir die Jungs und Leni. Habt noch schöne Feiertage – und bis zum nächsten Jahr. Servus, meine Große.» Eilig drücke ich die Auflegetaste.
Kaum zwei Minuten später klingelt Friedrichs Handy. Er führt ein ähnliches Telefonat mit seinem Sohn. «Robert war genauso verblüfft wie Katja», erklärt Friedrich nach dem Gespräch. «Aber im Gegensatz zu deiner Tochter hat er sich auch für mich gefreut und uns viel Vergnügen gewünscht. Ich glaube, er ist froh, die Wohnung ein paar Tage für sich zu haben – jetzt, wo Madeleine in der Stadt ist.» Er schmunzelt vor sich hin. «Und wir beide müssen uns keine Gedanken machen, weil wir uns sozusagen bei Nacht und Nebel heimlich davongestohlen haben. Nach den aufreibenden letzten Tagen haben wir eine kleine Belohnung redlich verdient.»
«Ich freue mich sehr auf Paris», erwidere ich. «Aber eine
kleine Belohnung
würde ich die Reise nicht nennen», sage ich, und mit einem Mal fällt mir auf, dass es auch ein ziemliches Risiko ist. Auch wenn ich Friedrich schon ewig kenne, sind wir uns doch ziemlich fremd. Andererseits fühle ich mich so gut wie lange nicht, beinahe unverschämt glücklich.
Friedrich mustert mich fragend. «Du bereust deinen Entschluss hoffentlich nicht?»
«Nein, nein, ich habe nur überlegt … Also ich war … Wie soll ich sagen … Na ja, seit Hermanns Tod mit keinem Mann mehr …»
Friedrich wechselt auf den Platz neben mich und nimmt mich in die Arme. «Wenn es dich beruhigt, ich auch nicht!»
Frau Janatschecks Eierlikör
8 – 10 Eigelb von ganz frischen Bioeiern (je nach Größe)
250 g Puderzucker
Mark einer Vanilleschote
1 Becher süße Sahne
1 Flasche Wodka 0 , 7 l
Eier mit Puderzucker und dem Vanillemark über Wasserdampf zu einer schaumigen Masse aufschlagen. Das geht am besten in einer großen Metallschüssel. Dabei dauernd schlagen, damit die Masse nicht zu Rührei wird. Sie soll aber ca. 50 ° warm werden. Wer kein spezielles Thermometer hat, einfach mit dem kleinen Finger testen, bis es sich heiß anfühlt.
Schüssel vom Dampf nehmen, Sahne einrühren und dabei weiterschlagen.
Den Wodka zum Schluss ebenfalls unter Rühren dazugeben.
Den fertigen Likör in Flaschen abfüllen und kühl lagern. Hält sich mindestens bis Silvester.
Danksagung
Schreiben ist für mich der schönste Job der Welt, wenn auch oft ein sehr einsamer.
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