Hetzjagd auf dem Planet der Affen
1.
Das Dorf der Menschen wurde Trion genannt. Es war ein kleines Dorf, selbst für die Verhältnisse der übrigen menschlichen Siedlungen im Umkreis der inneren Zone, die das Kerngebiet der Affengesellschaft war und wo Menschen nur als Sklaven lebten. Die Bewohner Trions hatten es ein wenig besser als jene; sie besaßen ein gewisses Maß an Freiheit, einen winzigen, halb vergessenen Rest von Stolz und Würde. Doch war dieses Stückchen Freiheit ständig gefährdet, denn es wurde von keinem Gesetz garantiert, und die plötzliche Laune irgendeines Affenführers konnte ihm jederzeit ein Ende machen. Patrouillierende Soldaten der Gorillastreitmacht kamen täglich durch das Dorf und brachten es den in Armut und Mühsal lebenden Bewohnern durch ihre bloße Gegenwart in Erinnerung.
Für die Menschen von Trion war das Leben schwer, aber es war – Leben. Sie hatten vor langer Zeit gelernt, daß Widerstand gegen die an Zahl weit überlegenen Affen nur den Tod bringen konnte. Und wo Widerstand und Rebellion Tod bedeuteten, war ein Leben in relativer Sicherheit und Ruhe nur zu haben, wenn man für die herrschende Schicht arbeitete. Die Menschen verstanden und akzeptierten das. Sie arbeiteten, und die Affen ließen sie leben.
Manchmal konnten die Dorfbewohner beinahe glauben, daß sie glücklich seien.
»Oft denke ich, es wäre besser gewesen, ihr wäret nicht gekommen«, sagte Amy, ein kluges, hübsches Mädchen von vierzehn Jahren. Es wanderte mit einem Mann durch die Felder, einem Fremden, der vor einiger Zeit mit seinen zwei Gefährten, einem anderen Mann und einem Schimpansen, ins Dorf gekommen war. Jetzt näherten sich Amy und ihr Freund, Alan Virdon, dem Dorf, nachdem sie den Vormittag mit der Erforschung des Wald- und Sumpflands jenseits der bestellten Felder verbracht hatten.
Virdon blieb stehen und ließ seinen Blick über die eng zusammengedrängten, strohgedeckten Hütten aus lehmbeworfenem Flechtwerk gehen. Eine Handvoll Dorfbewohner arbeitete stumm in den angrenzenden Feldern. Hinter dem Dorf befand sich ein niedriger, lang hingestreckter Hügel, auf dem eine Wachhütte aus Holz und Stein zu sehen war, wo zwei Gorillasoldaten ihren Dienst versahen. Einer von ihnen kam eben hinter den Hütten am rechten Dorfausgang zum Vorschein, ein Gewehr in den schwieligen schwarzen Händen, und beobachtete Virdon und Amy mißtrauisch.
»Tut mir leid, daß wir gehen müssen, Amy«, sagte Virdon, ohne den Gorilla aus den Augen zu lassen. Der Wachsoldat blickte noch einen Moment zurück, dann wandte er sich mit geringschätzigem Schnaufen ab und setzte seinen Patrouillengang fort. Virdon atmete auf.
»Warum sagtest du mir, wer ihr seid?« fragte Amy. »Warum mir und keinem der anderen?«
Virdon schien aus tiefen Gedanken aufgeschreckt. Ehe er antwortete, blickte er mit einem Ausdruck angestrengter Aufmerksamkeit in Amys junges Gesicht, dann sagte er zögernd: »Ich weiß es nicht genau. Vielleicht liegt es daran, daß du mir gefällst und daß ich dich ansehe und mich erinnere, wie es war, als ich in deinem Alter war. Und ich wollte dir sagen, daß das Leben nicht immer so war.«
Es schmerzte Virdon, diese Worte auszusprechen, mehr als er erwartet hatte. Es brachte eine Flut von Erinnerungen zurück, Gedanken, die Virdon aus seinem Bewußtsein verdrängen mußte, damit sie ihn nicht überwältigten. Bevor er und sein Astronautenkollege Pete Burke durch irgendein unbekanntes Zusammenwirken von Kräften in die Zukunft und diese alptraumhafte verkehrte Welt geschleudert worden waren, hatte er ein hübsches, mit allen Annehmlichkeiten ausgestattetes Heim in Houston, Texas, besessen. Er hatte eine Frau, die er liebte, und er hatte Kinder. Eine Tochter war gerade in Amys Alter – nur waren seine Tochter und seine Frau und alle anderen, die er aus seinem früheren Leben kannte, seit zweitausend Jahren tot.
Ihre Welt war untergegangen. Alles, was sie gekannt hatten, war zerfallen, verweht und verschwunden; irgendwie war die vertraute alte Welt von dieser verrückten Herrschaft seltsam entwickelter, sprechender Affen abgelöst worden. Die unbedeutenden Überreste, Ruinen und Bruchstücke ihrer eigenen, längst versunkenen Zeit, denen Virdon und Pete Burke auf ihren Wanderungen begegneten, konnten ihr Heimweh nur noch verstärken.
»Das Leben war nicht immer so«, sagte Virdon weiter, seinen Gedanken nachhängend.
»Aber wenn ich es nie gewußt hätte«, meinte Amy zögernd, »dann wäre ich ... ich weiß nicht, wie ich
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