Die Heilerin des Kaisers
spät zu kommen und die Gesellschaft aufzuhalten, wäre grob unhöflich gewesen.
»Liebster, bitte, zerstöre nicht meine kunstvolle Frisur. Meine Magd Gerlinde hat sich so viel Mühe damit gegeben«, bat sie den temperamentvollen Mann.
»Wohlan, Geliebte«, sagte der schwer verliebte Graf und seufzte. »Lass uns nun zu den anderen gehen, damit alle dich bewundern können.«
Für den Grafen Lanzheim würde in der Tat ein Traum in Erfüllung gehen, wenn er die schöne, in der Liebe nicht unerfahrene und zugleich kluge Frau mit Herzensbildung sein Eigen nennen dürfte. Niemandem fiel auf, dass die Heilerin fast fünf Jahre mehr zählte als der Edelmann. Griseldis schien zu jenen gesegneten Frauen zu gehören, denen das Alter nichts ausmachte.
Seine erste Gemahlin war Rüdiger von seinem Vater aufgezwungen worden. Im günstigsten Falle hatte man Frau Ehrentrudis als unscheinbar bezeichnen können; weniger Wohlgesinnte hatten sie gar als abgrundtief hässlich empfunden. Dazu war sie streitsüchtig, hochmütig, nachtragend und ausgesprochen dumm gewesen und, was das Schlimmste war, sie hatte sich niedriger Gestellten gegenüber grausam verhalten.
»Kein Wunder, Graf, dass Ihr Frau Griseldis von Tannhofen als Engel auf Erden empfindet«, hatte Vater Berchtold grinsend gesagt, als der Lanzheimer ihm von den Vorzügen der Heilerin regelrecht vorgeschwärmt hatte. Der alte Mönch hatte die Gräfin Ehrentrudis samt ihren Lastern noch kennengelernt…
Als das Königspaar in Rom eintraf, strahlte die Sonne bei winterlichen Temperaturen.
Griseldis war aufgefallen, dass in allen Städten, die Heinrich auf seinem Weg in die Ewige Stadt aufgesucht hatte, er stets freundlich, ja manchmal sogar mit Begeisterung aufgenommen worden war. Und ebenso wie die Patres Berchtold und Odo fragte sie sich, ob etwa wieder ein heimtückischer Aufstand wie damals in Pavia drohte…
Als der glanzvolle Zug aus weltlichen und geistlichen Edelleuten in Rom eintraf, wurden Heinrich und seine Gemahlin von den Abgesandten des römischen Senats sehr feierlich empfangen – obwohl gewiss nicht alle über die Ankunft der Deutschen erfreut waren.
»Nach dreizehn langen Jahren bin ich wieder in Rom, dieser ehrwürdigen Stadt, die einst der gefeierte Mittelpunkt des Erdkreises gewesen ist.«
Ein wenig gerührt war Herr Heinrich doch über die wohlwollende Aufnahme in der immer noch imposanten Stadt, die auf Schritt und Tritt Zeugnisse der glanzvollen Antike offenbarte.
Papst Benedikt VIII. überreichte dem König als wertvolles Willkommensgeschenk eine Weltkugel aus purem Gold, verziert mit kostbaren Edelsteinen und oben mit einem goldenen Kreuz versehen. Alle in Heinrichs Umgebung waren entzückt ob der großzügigen Gabe und auch der Herrscher war beeindruckt von dem Geschenk. Er bedankte sich mit bewegten Worten.
Gleichwohl hatte er den feinen Symbolgehalt verstanden und er dankte dem Heiligen Vater für die Botschaft, die dahinterstand: Er möge seine Herrschaft ganz in christlichem Sinne führen.
»Dazu bin ich auch willens und bereit«, sagte Heinrich zur Königin und zu seinem Kanzler, »aber ich will mich keinesfalls in meinen Spielräumen einengen lassen – auch nicht durch den Glauben oder die Kirche. Ich allein entscheide, wie ich meine Herrschergewalt auszuüben habe; und wenn es die politische Lage erfordert, notfalls auch mit der Hilfe von Ungetauften.
Ich werde die sinnreiche Gabe des Heiligen Vaters an das Kloster Cluny schicken. Dort ist man wirklich nur dem Kreuze CHRISTI verpflichtet und muss nicht, wie ich, auch weltlichem Kalkül Rechnung tragen.«
»Damit habt Ihr dem Papst auf feine Art und Weise ebenfalls eine Lehre erteilt, Heinrich: Ein weltlicher Herrscher könne sich nicht von weltlichen Rücksichten in seiner Politik freihalten«, erkannte daraufhin seine Mitregentin scharfsinnig.
»Es ist schön, eine kluge Frau zu haben«, freute sich der König und betrachtete bewundernd seine in feine, blaue Seide gewandete Gemahlin. Rank und schlank und aufrecht war die Königin; mit stolz, aber nicht hochmütig erhobenem Haupt, das umflossen war von ihrem herrlichen Blondhaar, glänzend wie reifer Weizen in der südlichen Sonne.
Ihre Lieblingsdienerin drückte ihr eben den goldenen, mit Perlen und Edelsteinen verzierten Stirnreif ins üppige Haar und eine zweite Kammerfrau legte ihr den einer Herrscherin gebührenden Hermelinmantel um die Schultern. Trotz des sonnigen Wintertages war es klirrend kalt an diesem Morgen,
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