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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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welches sie beim Anblick Herrn Arduins empfunden hatte.
    Hinter beiden Männern stand »der Graue« – zwar noch nicht dicht hinter ihnen und seltsam verschwommen, aber Griseldis wusste in ihrem Herzen, dass Papst und Kaiser etwa zur gleichen Zeit sterben würden. Sie schätzte die Zeitspanne, die beiden noch auf Erden bliebe, auf etwa ein Jahrzehnt. Zuerst würde der Todesengel den Nachfolger Petri ins himmlische Paradies führen und bald darauf Herrn Heinrich…
    Tränen schossen in ihre schönen Augen, worauf der römische Edelmann sich zu fragen anschickte, was seiner Tischdame denn auf einmal fehle. Da bemerkte er ihren entrückten Blick und schwieg galant.
    ›Nur zehn erfüllte und glückliche Jahre werden es noch sein, die dem Kaiser bevorstehen‹, dachte sie traurig. Jedoch würde er seinem Nachfolger ein auch im Glauben friedlich geeintes Reich hinterlassen, mit gesicherten Grenzen, zahlreichen Städte-und Bistumsgründungen, lebhaften Märkten, blühendem Handel und Straßen, die von Raubgesindel weitgehend befreit waren. Das Fehdeunwesen war erfolgreich bekämpft und in den Klöstern herrschten Fleiß und Frömmigkeit.
    Was könnte man von einem Herrscher mehr verlangen? Zumal auch der Friede in Italien, zumindest vorerst, gesichert schien.
    Allmählich verflüchtigte sich die Vision der Heilerin. Ein wenig abgespannt strich sie sich über die Stirn und ihre unmittelbare Umgebung schien wieder um sie herum aufzutauchen. Griseldis sah die besorgten Blicke, die auf ihr ruhten.
    »Ich habe wohl ein wenig geträumt«, sagte sie entschuldigend und lächelte ihren Kavalier zur Linken an, woraufhin dieser erleichtert aufatmete. Er war sich eben recht hilflos vorgekommen und war nun sichtlich froh, dass der schönen Dame offenbar nichts fehlte.
    Vater Berchtold hingegen war nicht so leicht zu täuschen. Er hatte gefühlt, dass Griseldis in diesem Moment einen Blick in die Zukunft getan hatte und er ahnte, dass dieser schmerzlich für sie gewesen war. Um sie abzulenken, griff er nach ihrer Hand und meinte: »Wenn es Euch recht ist, liebe Tochter, werden Vater Odo und ich Euch auf eine Kirchenführung mitnehmen. So könnten wir drei die Zeit unseres Aufenthaltes in der Ewigen Stadt noch dazu nützen, die beeindruckenden Gotteshäuser aufzusuchen.«
    »Das ist sehr freundlich von Euch, Pater. Gerne nehme ich das Angebot an: Gleichsam auf den Spuren der Heiligen und der Märtyrer zu wandeln, die in dieser Stadt gelebt und gewirkt haben, erscheint mir äußerst verlockend. Versammelten sie sich doch zu Anfang noch im Verborgenen, in den Katakomben, bis die Kirche das Recht hatte, statt der heidnischen Göttertempel diese wunderbaren Kirchen zu bauen.«
    Der römische Edelmann verzog das Gesicht, als er ihre Worte vernahm. Hatte er doch bereits gewisse eigene Pläne gehegt, die vorsahen, die hübsche Dame an andere Plätze zu führen als ausgerechnet in Kirchen…
     
     

KAPITEL 79
     
    I N JEDEM DER Gotteshäuser, in welches die Patres sie begleiteten, entzündete die Heilerin Kerzen zum Gedächtnis an ihren verstorbenen Ehemann Konrad, ihr zu früh geborenes Kind und zum Gedenken an ihre Eltern Frowein und Dietlinde.
    Am inbrünstigsten aber betete die junge Frau für den Kaiser. Sie war Herrn Heinrich von Herzen dankbar dafür, dass er sie aus dem engen und kleingeistigen Dorf, in dem sie aufgewachsen war, herausgeholt hatte.
    Die Menschen, mit denen sie es seither täglich zu tun gehabt hatte, standen ihr näher als ihr eigener Bruder, der sich feige seinem herrschsüchtigen Weibe unterordnete, oder ihre Schwester, die eine faule und eigensüchtige Person geworden war. Ihr Schwager, der Geistliche Herr Ansgar, war ihr gleichfalls fremd mit seiner kalten Wesensart; am liebsten hätte er die Kinder seines Vorgängers wohl in den Wald geschickt, damit die Wölfe sie fräßen…
    Nein, sie gehörte in die Pfalz des Kaisers und nicht mehr auf einen Bauernhof. Und das verdankte sie allein Herrn Heinrich. Für ihn hatte sie, rückblickend gesehen, gerne die Heimat und ihre Familie verlassen, denn sie war dafür belohnt worden.
    In der Tat waren für Frauen keine Aufstiegschancen vorgesehen. Nur einzelnen Damen aus der Oberschicht war es bisher gelungen, herausragende Stellungen zu erlangen, wie etwa den Gemahlinnen der Ottonen, den Kaiserinnen Adelheid und Theophanu oder ein paar bedeutenden Äbtissinnen.
    Frau Kunigunde hatte zwar eine hohe Machtposition inne, war aber viel zu bescheiden, um sich gegen Heinrich

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